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Deutschen fehlte gegen Argentinien der Mut

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Die ersten Tests vieler WM-Teilnehmer auf dem Weg nach Südafrika sind absolviert. Auch wenn die Probegalopps nicht für alle positiv verliefen und nicht immer aussagekräftig sind, so gab es am Mittwoch doch einige bemerkenswerte Resultate. Titelverteidiger Italien musste sich auf neutralem Boden in Monaco gegen Kamerun mit einem 0:0 begnügen.

Der WM-Zweite Frankreich hatte in Paris gegen Europameister und WM-Favorit Spanien keine Chance (0:2) und Vize-Europameister Deutschland musste sich in München Argentinien 0:1 geschlagen geben.

Nach dem von Taktik geprägten Duell des dreifachen mit dem zweifachen Weltmeister in der Allianz-Arena musste DFB-Teamchef Joachim Löw "die eine oder andere Baustelle" in seinen Reihen zugeben. Es habe der Mut gefehlt, aus der Kompaktheit mehr nach vorne zu machen, meinte der 50-Jährige. "Wir haben es nicht geschafft, Druck aufzubauen, die Argentinier zu Fehlern zu zwingen, in der Offensive klare Akzente zu setzen", sagte der frühere Austria- und Wacker-Trainer nach der ersten Niederlage nach mehr als einem Jahr.

Sein Kollege Diego Armando Maradona strahlte hingegen übers ganze Gesicht. "Auch wenn es der argentinischen Presse nicht passt, wir werden eine gute WM spielen. Das ist die Mannschaft, die nach 24 Jahren wieder den Titel holen kann. Ganz Argentinien hat auf dieses Spiel geschaut und gesehen, wir leben", erklärte der starke, kleine Mann der "Albiceleste". Seine Schützlinge würden sich noch weiter verbessern, das könne in Südafrika Früchte tragen.

Der zuletzt immer wieder hart kritisierte Ex-Star sprach von einem Spiel, das für ihn "den Charakter eines WM-Viertelfinales" hatte. Seine Auswahl agierte taktisch clever, setzte offensiv ein paar Glanzpunkte, machte jedoch defensiv einen anfälligen Eindruck. Dass Bayerns Innenverteidiger Martin Demichelis nach einem Zusammenstoß mit Michael Ballack Brüche des Jochbeins, des Oberkiefers und des Augenhöhlenbodens erlitt und operiert werden muss, dürfte Maradona in nächster Zeit noch mehr Abwehrsorgen bereiten.

Die "Furia" feierte unterdessen Fiesta: Mit einer Gala, dem ersten Sieg in Frankreich seit 42 Jahren, erhob Spanien neuerlich und eindrucksvoll den Anspruch auf den ersten WM-Titel. Auf der iberischen Halbinsel wird schon jetzt vom Coup geträumt. Die Zeitung "El Pais" stellt fest: "Kein Team spielt derzeit zauberhafter". Die "Helden" selbst blieben jedoch auf dem Boden. "Das war ein schöner Sieg, aber ich habe auch Fehler gesehen", meinte Vicente del Bosque fast emotionslos, und Tohüter Iker Casillas fügte hinzu: "Wir spielen zur Zeit toll, müssen aber bescheiden bleiben".

In Frankreich ist hingegen Tristesse angesagt. "Das ist beunruhigend. Was nun?" fragte das Fachmagazin "France Football", und "Le Parisien" klagte: "Kein Spiel, keine Ideen, keine Disziplin. Frankreich hat wieder einmal enttäuscht." Star Thierry Henry fasste sein Erstaunen in Worte und sagte: "Die Spanier haben uns gar nicht an den Ball kommen lassen, das ist schon hart. Sie spielen Fußball von einem anderen Planeten." Während die Medien den "Notstand" ausgerufen haben, blieb Teamchef Raymond Domenech gelassen: "Ich mache mir keine Sorgen, wir haben noch Zeit bis zur WM."

Noch nicht in WM-Form befinden sich auch die Italiener, die gegen Kamerun ein 3-4-3-System probten und aufgrund von verletzungsbedingten Ausfällen mehrere Debütanten aufboten. Marcello Lippi gab im Sturm Borriello, Pazzini und Quagliarella eine Chance und ließ in der Verteidigung Bucci und Cossu debütieren. Unter dem Strich kam ein typisch italienisches Resultat zustande.

Zu einem Favoritensieg kamen u.a. die Niederlande, die in Amsterdam die USA knapp 2:1 bezwangen, und England mit dem 3:1 (0:1) in London. Die Oranjes ließen jeglichen Spielwitz vermissen. "In der Schlussphase war unsere Auswahl nah an einem bedenklichen Niveau", schrieb die Sportzeitung "Voetbal International". Auf der Insel prophezeite die "Sun" dem Weltmeister von 1966 einen noch "sehr langen Weg", wenn man wirklich den Titel holen wolle.

Die "Söhne Albions" haben nicht nur Selbstvertrauen getankt, sondern nach Meinung von Teamchef Fabio Capello gegen Afrika-Meister Ägypten in der ersten Hälfte auch gelernt. "Der Gegner war sehr stark, speziell in der ersten Hälfte, nach der Pause ist er aber müde geworden. Der nordafrikanische Stil ist anders als jener der zentral- und südafrikanischen Teams. Ich erwarte unseren Gruppen-Gegner Algerien genau so wie Ägypten - mit hohem Tempo und guter Technik", erklärte der Azzurro.

Zehn WM-Starter haben am Mittwoch kein Tor erzielt. Es waren dies neben Deutschland, Italien, Frankreich und Kamerun auch noch Honduras (0:2 gegen Österreichs EM-Quali-Gegner Türkei), die Slowakei (0:1 daheim gegen Norwegen), die Elfenbeinküste (0:2 in London gegen Südkorea), Griechenland (0:2 daheim gegen Senegal), Algerien (0:3 daheim gegen Serbien) und Neuseeland (0:2 in Pasadena/USA gegen Mexiko).

Einen Rückschlag gab es im Lager von Österreichs EM-2008-Co-Veranstalter Schweiz. "Klatsche für die Nati", wählte der Schweizer "Blick" als Schlagzeile nach dem 1:3 gegen Uruguay in St. Gallen. "Heute haben wir gesehen, wie stark unsere WM-Gruppen-Gegner Honduras und Chile sein werden", meinte Ottmar Hitzfeld, ohne den dritten Gegner, Spanien, in den Mund zu nehmen.

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