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Franzose will Nordpol mit Ballon überqueren

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Im Geiste Jules Vernes plant der französische Abenteurer Jean-Louise Etienne im April eine ausgefallene Expedition. Der 63-Jährige will den Nordpol mit einem Helium-Ballon überqueren - ein heikles Unterfangen, das bisher noch niemandem gelungen ist. Beim Steuern ist man den Launen des Windes erbarmungslos ausgesetzt, bis zu minus 30 Grad stellen für Mensch und Technik eine Herausforderung dar.

Gesponsert wird das 1,2 Millionen Euro teure Projekt von der Generali-Versicherung, als Projekt-Pate tritt Fußballstar Zinedine Zidane in Erscheinung. "Dass ich mich gedanklich bereits völlig in meinem Projekt befinde, ist für mich die beste Vorbereitung", erklärte der 63-Jährige im Chamonix-Tal in Frankreich bei der Präsentation seines ehrgeizigen Vorhabens. Auf einer 3.500 Kilometer langen Route von Spitzbergen in Norwegen bis zur Alaska-Küste will Etienne den Pol überqueren und dabei einzigartige Messungen über den Kohlendioxid-Gehalt in der Luft durchführen.

"Das Packeis ist der beste Messindikator dafür, dass die Menschheit die Klimaerwärmung bekämpfen muss", betonte der Forscher, der mit der Expedition auf globale Umweltveränderungen aufmerksam machen möchte. Auf seiner 15- bis 20-tägigen Reise sammelt er Daten über feinstoffliche Bestandteile in der Luft und die Veränderung der Magnetfelder an den Polen. Im Körper toter Eisbären seien Pestizide aus der Luft vorhanden, deren Herkunft müsse abgeklärt und gleichzeitig die Schutzbedürftigkeit der nördlichen Arktis hervorgehoben werden, mahnte Etienne. Anders als im Süden sei eine kommerzielle Nutzung dort nicht verboten und bisher unausgebeutete Erdöl- und Erdgasressourcen würden die Anrainerstaaten locken.

Ein mit Technik-gespickter Helium-Ballon soll dem 63-Jährigen helfen, seine Ziele zu verwirklichen: Minisonden senden mehrmals pro Stunde Daten an Forschungszentren. Alle 15 Minuten übermittelt der Franzose die aktuelle Höhe, Fahrtrichtung und Geschwindigkeit an seinen Routenplaner, der rund um die Uhr Änderungen der Route berechnet. Das Zusteuern auf ein Ziel ist nur durch das gezielte Aufsuchen bestimmter Windschichten möglich, die den Ballon nach links oder rechts verfrachten. Seinem Kurs kann sich Etienne nur im Zickzack-Muster annähern.

An ausgiebigen Schlaf ist für den Piloten dabei nicht zu denken: "Ich muss den ganzen Tag navigieren." Ein Nickerchen ist nur bei stabiler Fluglage möglich. Pro sechs Stunden will Etienne zwei Stunden dösen und den Autopiloten einschalten. Um sich die karge Freizeit zu vertreiben, nimmt der 63-Jährige einen Gedichtband und 200 Lieblingssongs - unter anderem Hits von den Dire Straits und Eric Clapton - mit auf die Reise.

Seine Bewegung in der Gondel muss der Franzose für ein halbes Monat auf kaum mehr als einen Quadratmeter einschränken. Stehen kann er lediglich in der Mitte des Korbes, als Liege- und Sitzfläche steht nur eine kleine Bank zur Verfügung. Ein Kübel mit Plastiksack ist das Klo. Warme Kleidung benötigt der Abenteurer nur beim Öffnen der durch eine Glaskuppel verschlossenen Kabine, in der eine Gasheizung für plus 15 Grad sorgt.

Am 26. März will Etienne nach Spitzbergen aufbrechen und dort ab Anfang April auf einen idealen Abflugtag mit möglichst wenig Wind warten. Böen bei Start und Landung sind mit einem Helium-Ballon nicht ungefährlich. Wie man diesen fliegt, hat sich der Franzose eigens für die Expedition in den vergangenen eineinhalb Jahren angeeignet. Für Notfälle befindet sich an Bord Equipment vom Fallschirm über ein Rettungsboot bis hin zu künstlichem Sauerstoff.

Jean-Louis Etienne hat sich 1986 durch eine Expedition zum Nordpol weltweit einen Namen gemacht: Als erster Mensch erreichte er das arktische Ziel im Alleingang. Innerhalb von 63 Tagen schaffte er es mit einem Schlitten bis zum Pol. Seither engagiert sich der Franzose immer wieder für Umweltziele.

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