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Fußball-"Mutterland" im CL-Semifinale nur Zuseher

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Das Viertelfinale der europäischen Champions League ist geschlagen. Erstmals seit 2003 hat kein Verein aus dem Mutterland des Fußballs den Einzug unter die letzten Vier geschafft. Titelverteidiger Manchester United scheiterte in Old Trafford nach 3:0-Führung und trotz des 3:2 an der Auswärtstorregel (4:4) am FC Bayern München, der Ende April in der Vorschlussrunde auf Olympique Lyon trifft.

Der Semifinal-Neuling, der von 2004 bis 2006 jeweils im Viertel- und von 2007 bis 2009 immer im Achtelfinale gestanden war und das Heimspiel 3:1 gewonnen hatte, entschied das französischen Duell mit Meister Girondins für sich. Das 0:1 in Bordeaux brachte OL nicht mehr vom Aufstieg ab. Im zweiten Semifinale treffen Inter Mailand und Titelverteidiger FC Barcelona, die sich schon am Dienstag qualifizierten, aufeinander.

Hatte am Dienstag die ganze Fußball-Welt über den Viererpack Lionel Messis gegen Arsenal (4:1) gestaunt, so schaute 24 Stunden später zumindest das deutsche Lager zu Arjen Robben auf, dessen "Traumtor" zum 2:3 die erste Niederlage der Bayern im "Theatre of Dreams" wie einen Erfolg empfinden ließ. "Das ist eine Niederlage, die wir unter diesem Aspekt gerne akzeptierten", freute sich nicht nur Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge diebisch.

"Bis heute ist es eine Super-Saison, aber wir haben eigentlich noch gar nichts. Wir müssen weitergehen", betonte Robben, der auf dem nächtlichen Bankett im Hotel von seinen Mitstreitern nicht nur gefeiert wurde. "Das war ein sehr schönes Tor, aber wenn er noch mal schießt, finden wir den Ball nicht mehr", meinte etwa Kapitän Mark van Bommel , während Abwehrchef Daniel van Buyten ernster sagte: "Ecke, Tor - das trainieren wir oft im Training."

Beim Stand von 0:3 nach 41 Minuten hätte niemand mehr auch nur einen Cent auf die Deutschen, die zum 13. Mal in der Vorschlussrunde stehen, gesetzt. Auch "Kaiser" Franz Beckenbauer nicht. "Aber die Mannschaft hat das toll gedreht. Es war eine der schönsten Niederlagen der Bayern-Geschichte,", meinte der Ehrenpräsident nach dem Happy End, das Ivica Olic mit dem 1:3 noch vor der Pause eingeleitet und Rooben mit seinem fantastischen Volleyschuss aus 16 m finalisiert hatte.

Dem Tor des schon im Achtelfinale in Florenz zum 2:3-Endstand erfolgreichen Niederländers ins linke unter Eck war ein Corner des Franzosen Franck Ribery vorausgegangen. Die zwei Protagonisten wussten nach einem kurzen Augenkontakt genau, was zu tun war. Der Franzose erhielt auf der Feier an seinem 27. Geburtstag von Präsident Uli Hoeneß nicht nur eine Torte, sondern von Rummenigge auch einen Kugelschreiber. "Mit dem erwarten wir natürlich, dass er damit irgendwann seinen neuen Vertrag unterschreibt", sagte der Vorstandschef.

Zurück zum Spiel. Es war nicht nur das Glück, der ihnen oft nachgesagte Dusel der Bayern. Nein, es waren auch die unbändige Moral, die immense Leidenschaft, die beispielhaften Tugenden wie Kampf, Wille, der Glaube an sich selbst, der stete Blick nach vorne. Die Chancen auf das Finale stünden nicht so schlecht, glaubt Verteidiger Philipp Lahm, der diese mit 50:50 bezifferte. "Man trifft auf einen Gegner auf Augenhöhe", meinte der Teamspieler.

ManUnited-Coach Alex Ferguson echauffierte sich nach dem Schlusspfiff darüber, dass Ribery nach Raffaels Foul heftig eine gelbe Karte gefordert hatte. "Alle bestürmten den Referee, das ist typisch deutsch. Wir kennen das ja. Der Ausschluss war zweifellos der Knackpunkt, denn bis dahin waren wir fantastisch, exzellent. Mit elf Mann hätten wir niemals verloren", wetterte der Schotte, der mit seiner Truppe zufrieden war, sie sei nur "sehr, sehr unglücklich" gewesen.

Vor dem Treffer Robbens musste dann auch Ferguson seinen Hut ziehen: "Das war ein gewaltiger Schuss von ihm." Sein Kollege auf der Gegenseite sprach von einem "unglaublichen Treffer", verstand aber die Kritik Fergusons nicht. "Hinterher kann man leicht sagen, dass man komplett nicht verloren hätte. Wir werden es niemals wissen", konterte Louis van Gaal, der zu bedenken gab, dass es nicht immer leicht sei gegen zehn Mann. "Wir spielten ja auch gegen ein starkes Team." Die erste Hälfte wäre von Bayern nicht gut, dafür die zweite umso besser gewesen.

Jubel, Trubel Heiterkeit brach auch in Lyon und rund um Olympique aus, nachdem der frühere Meister in Bordeaux als erster Vertreter der Grande Nation seit AS Monaco (2004 im Finale 0:3 gegen FC Porto) das Semifinale erreicht hatte. "Das ist sehr wichtig für den Verein und für die Spieler", freute sich OL-Trainer Claude Puel, der ankündigte, für die Bayern bereit zu sein. "Es wird aber sehr schwer werden". Girondins-Feldherr Laurent Blanc: "Europacup-Erfahrung spielte heute Abend eine große Rolle, die kann man sich nicht im Supermarkt kaufen. Lyon hatte sie, wir nicht."

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