Interview

So sollen die Sozialversicherungen reformiert werden

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Alexander Biach über Reformpläne und Luxuspensionen.

Alexander Biach, neuer Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, will die komplexe Struktur der Sozialversicherungen in Österreich effizienter machen. Wie das gehen soll, erläutert er im Interview.

"Gleiche Leistung für gleiches Geld"

ÖSTERREICH: Mehr Effizienz und eine grundlegende Reform für die Sozialversicherungen ist seit Jahren eine zentrale Forderung. Welche Schritte setzen Sie jetzt?   
Alexander Biach: Das Wichtigste ist, Ungerechtigkeiten im System zu beseitigen. Aus Ergebnissen einer Befragung und vielen persönlichen Gesprächen weiß ich, dass die je nach Wohnort unterschiedlichen Leistungen der Krankenkassen die Menschen ärgern. Es ist nicht verständlich, warum man in NÖ 3.320 Euro Zuschuss für einen Rollstuhl bekommt, in Wien aber nur 498 Euro. Das werden wir ändern. Für 11 von 23 Leistungs-Bereichen haben wir den Beschluss, dass ab 1. Oktober in allen Krankenkassen gelten soll: gleiche Leistung für gleiches Geld. Die weiteren Bereiche werden folgen.   

21 Versicherungsträger im kleinen Österreich

ÖSTERREICH: Das erhöht auch die Effizienz?
Biach: Ja, je mehr Leistungen wir harmonisieren, desto mehr Prozesse können in der IT einheitlich abgewickelt werden. Schon vor 10 Jahren wurden Teile der EDV-Services in den Sozialversicherungen zusammengelegt – das hat bisher rund 70 Mio. Euro eingespart.  
ÖSTERREICH: Das kleine Österreich hat 21 Versicherungsträger, u.a. einen eigenen in jedem Bundesland. Diskutiert wird, das auf fünf hinunter zu fusionieren...
Biach: Bevor wir die Struktur neu aufstellen, müssen wir die Aufgaben bündeln – was ein Einsparungspotenzial in dreistelliger Millionenhöhe birgt. Danach ist das vorstellbar. Es bringt ja nichts, wenn alle ins gleiche Haus ziehen, aber trotzdem jeder weiterarbeitet wie bisher. Und es geht mir auch um eine Harmonisierung der Beiträge, oberste Priorität hat, dass wir die Mehrfach-Versicherung weg bekommen. Nach all dem kann man die Fusion angehen – ob auf fünf Einheiten oder mehr.    

"Kann Luxus-Pensionen nicht ändern, aber sie ärgern mich"

ÖSTERREICH: Kritik gibt es an Luxus-Pensionen für frühere SV-Bedienstete...
Biach: Es gibt diese hohen Pensionen aus Altverträgen. Ich kann das nicht ändern, aber es ärgert mich. Ich will, dass das künftig transparenter dargestellt wird, nicht einfach als Teil unserer Personalkosten. Das ist unfair gegenüber unseren aktuellen Mitarbeitern.   
ÖSTERREICH: Ihre Vorgängerin Ulrike Rabmer-Koller hat das Handtuch geworfen – wegen zu großer Blockaden gegen nötige Reformen. Sind Sie optimistischer?
biach: Ich bin guter Dinge. Immerhin habe ich in kurzer Zeit die Leistungsharmonisierung für 11 Bereiche auf den Weg gebracht.

Interview: Angela Sellner

Zeckenimpfung bis Rollstuhl und Krankengeld

Wo krasse Unterschiede jetzt beseitigt werden sollen: Zu den Bereichen, in denen die Leistungen der Krankenversicherungen vereinheitlicht werden, zählt etwa der Zuschuss zur Zeckenimpfung. Beispiel: Bisher gab‘s in Wien 2 Euro, in der Steiermark 3,70 Euro; künftig sind es überall 4 Euro. Für Bauern (weil viel draußen) bleiben höhere Zuschüsse. Gleiche Zuschüsse kommen auch für Rollstühle. Selbstbehalte etwa bei Transportkosten und Blutzuckermessgeräten werden ebenso harmonisiert wie Familienzuschläge beim Krankengeld.

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