Biografie

Apple-Insider: "Mein Freund Steve Jobs"

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Autor Walter Isaacson enthüllt Jobs’ Leben im großen ÖSTERREICH-Gespräch.

Im Sommer 2004 erhielt Walter Isaacson (59), Ex-Time-Reporter, Autor und Leiter des Aspen Institute, einen Anruf: Es war Steve Jobs, er wollte sich gerne persönlich unterhalten. Bei einem langen Spaziergang bat das Apple-Genie, Isaacson, seine Bio zu verfassen. Der lachte: „Vielleicht in ein paar Jahrzehnten, wenn du dich zur Ruhe setzt.“ Was er nicht wusste: Tage später ließ sich Jobs einen Tumor entfernen, der Beginn seines Krebskampfes, den er am 5. Oktober verlor.

Während Jobs’ letzten beiden Lebensjahren wurden die beiden Freunde: Bei über 40 Gesprächen erzählte er über seine Selbstfindung mit LSD und Guru-Treffen in Indien, als er mit Hippie-Kumpel Steve Wozniak in der Elterngarage den Apple 1 zusammenlötete. Jobs öffnete sich über Verfehlungen, Hoffnungen, Apple auf permanenten Erfolgskurs getrimmt zu haben. Er rechnete knallhart mit Gegnern ab, von Microsofts Bill Gates bis zu den Google-Chefs. Der Autor wurde fast Teil der Familie, plauderte mit Frau Laurene, den Kids Reed, Erin, Eve und Lisa.

Steve Jobs' privates Foto-Album

Der Apple-Gründer liebte schnelle Autos und Motorräder.

Mit Laurene Powell bei einem romantischen Dinner in Italien.

Hochzeit mit Gattin Laurene (mit Tochter Lisa).

Mit Lisa und der jüngeren Tochter vor dem Kanal von Korinth.

Mit Lisa und der jüngeren Tochter vor dem Kanal von Korinth.

Sohn Reed (20) studiert wegen Jobs’ Leiden Onkologie.

Jobs lässt Tochter Eve nahe seinem Haus über einem Teich baumeln.

„Wichtigstes Buch“
Isaacson lieferte mit der Bio das Vermächtnis des wichtigsten Tech-Innovators aller Zeiten. Er enthüllt erstmals das Leben der scheuen Legende. „Das wichtigste Buch, das ich jemals schrieb“, sagt er. Und ein Megaseller: In den USA wird trotz Startauflage von 1,2 Millionen schon nachgedruckt, in China waren 250.000 Stück in wenigen Tagen verkauft. Auflage für den deutschsprachigen Markt: 250.000 Stück.

Neben den großen US-Medien wie CBS, CNN oder NBC gab Isaacson ÖSTERREICH ein langes Interview. Die Trauer um seinen Freund klang durch, als er sein letztes Treffen beschrieb. Jobs lag auf der Couch, krümmte sich vor Schmerzen: „Es war herzzerreißend – doch er glaubte bis zuletzt an ein Wunder.“
 

"Er glaubte bis zuletzt an ein Wunder"

ÖSTERREICH: Wie war Steve Jobs wirklich als Mensch: Nett? Arrogant?
Walter Isaacson: Intensiv! Er konnte charmant wie ekelhaft sein, aber immer leidenschaftlich. Die meisten Interviews passierten während langer Spaziergänge. Das liebte Jobs: Er redete wie aufgezogen, gestikulierte mit den Armen. Sympathisch eigentlich.

ÖSTERREICH: Wie sah sein ­Zuhause aus?
Isaacson: Es ist ein ganz normales Haus wie jedes in der Nachbarschaft, ein schönes, in den Dreißigern errichtetes Gebäude, nichts Pompöses jedoch. Jobs lebte in keinem Hightech-House, normaler Flatpanel-TV, iPads und iPhones, wie in vielen Familien. Es gab kaum Sicherheitsvorkehrungen: Man konnte in den Garten gehen, die Türe zur Küche war nicht einmal verschlossen. Dort hielt er sich oft mit seiner Familie auf. Er war ein guter Ehemann und Vater, auch wenn er wegen all der harten Arbeit oft wenig Zeit hatte. Doch er zog großartige Kinder auf, die ihn liebten.

ÖSTERREICH: Hatte er ein Lieblings-Gadget?
Isaacson: Am meisten hantierte er mit seinem iPhone. Am iPad hörte er seine Lieblingsmusik, die Beatles, Bob Dylan, aber auch Bach, Yo-Yo Ma. Er hatte eine große Leidenschaft für Musik. Und Jobs war sehr emotional. Er weinte, wenn er etwas Schönes sah, wenn er über seine Frau sprach, kullerten ihm Tränen über die Wangen.

ÖSTERREICH: Warum dachte er schon vor seinem Krebs, dass er jung sterben werde?
Isaacson: Er studierte die Lehre des Buddhismus, dass unser Leben eine Reise ist, die nicht ewig dauert. Er glaubte, dass wir alle Teil des langen Stromes der Geschichte sind, doch nur für eine kurze Zeit auf diesem Planeten. Er war auch deshalb getrieben, wollte so viel wie möglich erreichen, hinterlassen für künftige Generationen. Er nannte den Gedanken, dass wir nicht ewig leben, gar „befreiend“.

ÖSTERREICH: Er verweigerte neun Monate lang die Ope­ration seines Krebstumors, trank lieber Fruchtsäfte …
Isaacson: Hier kollidierten zwei seiner Denkweisen tragisch: die rebellische, die Suche nach alternativer Heilung mit dem Glauben an die Wissenschaft, die Medizin. Er vergeudete Zeit. Er bereute es später bitter. Als er operiert wurde, hatte sich der Krebs schon ausgebreitet. Doch dann wurde sein beispielloser Krebskampf Teil seiner Hinterlassenschaft: Er ließ seine DNA entschlüsseln, wollte mit maßgeschneiderten Behandlungen und für die Medizin pionierhaften Techniken stets der Metastasenbildung voraus sein. Und er lebte länger, als jemals denkbar schien. Das wird oft vergessen. Und seine Initiative für innovative Medizin und die Expertise der weltbesten Koryphäen könnte die Krebsforschung vorangebracht haben. Auch wenn ihn selbst der Krebs letztlich besiegte. Selbst Wochen vor seinem Tod war er noch hoffnungsvoll: Er dachte, dass ihn im letzten Moment noch ein neues Medikament, eine experimentelle Methode retten könnte. Er hoffte auf ein neues „Lilienblatt“, wie er es nannte, auf das er sich retten konnte. Als ich ihn zum letzten Mal sah, war er dünn, sehr schwach, doch sein Verstand weiter scharf, sein Optimismus ungebrochen.

ÖSTERREICH: Äußerte er jemals die Sorge, dass Apple ohne ihn abstürzen könnte?
Isaacson: Er sah Apple selbst als größte Schöpfung seiner Karriere, einer Firma, die Bestand haben wird, die in ihrem genetischen Code die Kombination von Kunst und Technologie implementiert hat. Er war hart als Boss, doch dadurch zog er ein Team an „A-Players“, wie er sie nannte, heran. Tim Cook ist ein toller Firmenführer, Jony Ive ein kreatives Genie. Doch bei seiner Abschiedsrede machte er sich doch auch Sorgen: Er nannte den Abstieg von Hewlett Packard, der einst „großartigen Firma“, wie er sagte, auch als Warnsignal für Apple. Erfolg ist nicht für ewig garantiert! Doch Jobs hoffte, dass er seine Erfolgs-DNA derart gut implementierte, dass Apple HPs Schicksal erspart bleibe. Die Hits der letzten Jahre zeigen, dass hier eine einzigartige Symbiose geschaffen wurde zwischen den Visionen kreativer Menschen gepaart mit der Fähigkeit, sie in einzigartigen Produkte umzusetzen.

ÖSTERREICH: Er warnte Obama, dass der nur eine Amtszeit schaffen würde …
Isaacson: Er mochte Obama, doch mahnte ein, aggressiver beim Umkrempeln des Landes zu sein. Er wollte, dass Obama Erfolg hat. Er bot sogar an, für ihn politische Werbungen zu kreieren.

ÖSTERREICH: Jobs traf seinen biologischen Vater Abdulfattah Jandali mehrmals in dessen Restaurant, ohne zu wissen, wer er war. Als er seine Identität herausfand und sich über ihn schlaumachte, wollte er ihn nicht mehr treffen. Warum?
Isaacson: Jobs hasste, dass er seine Schwester Mona und seine Mutter verlassen hatte. Jemand, der so etwas tut, habe seinen Respekt nicht verdient, urteilte er. Selbst am Ende seines Lebens weigerte er sich. Ich fragte ihn mehrmals danach. Die Antwort war immer gleich: „Es gibt für mich keinen Grund, ihn zu treffen …“

ÖSTERREICH: Jobs war ein Rebell als Kind und Teenager, nannte LSD einmal die wichtigste Erfahrung seines Lebens. Wie sehr prägte ihn seine Jugend?
Isaacson: Am wichtigsten scheint die Bindung zu seinem Adoptivvater, Paul Jobs, einem Mechaniker, der aus ihm auch einen guten Handwerker machte. Der lehrte ihn, dass auch unsichtbare Teile das beste Design und die höchste Qualität aufweisen sollten. Seine Reise in den indischen „Ashram“ prägte ebenso: Das hätte ihm zur „Intuition“ verholfen. Und das LSD bot einzigartige Einblicke bei der Suche nach Schönheit. Doch einfach war der junge Jobs nicht: Als er bei Atari arbeitete, beschwerten sich Kollegen über seinen üblen Körpergeruch. Er behauptete, wegen seiner veganen Diät keine Gerüche zu verbreiten und daher nicht duschen zu müssen. Sie ließen ihn nur mehr in der Nacht arbeiten.

ÖSTERREICH: Trotz seiner Suche nach der inneren Ruhe durch den Zen-Buddhimus: Warum war er so aufbrausend, so gemein?
Isaacson: Er glaubte, nur mit Härte Star-Players für sein Team erschaffen zu können. Er konnte Mittelmaß nicht ausstehen, er war ein Perfektionist. Er gab zu: „Es gibt sanftere Methoden, doch so bin ich nicht gestrickt, ich will das beste Team.“ Apples Erfolg bedurfte eines getriebenen Perfektionisten wie Jobs. Auch wenn er oft ein schrecklicher Manager war, ständig alles auf den Kopf stellte. Deshalb flog er in den Achtzigern aus seiner eigenen Firma.

ÖSTERREICH: Kümmerte er sich um Expertenmeinungen?
Isaacson: Einmal erlebte ich ihn frustriert: Er hatte gerade das iPad vorgestellt und die Reaktionen waren gemischt. Er stand mit seiner Familie um den Küchentisch, schien genervt, dass viele seine Vision des iPad nicht kapierten. Natürlich lachte er zuletzt: Nach dem Verkaufsstart überschlugen sich alle mit Lob.

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