Anti-Piraterie-Abkommen

Widerstand gegen ACTA steigt auch bei uns

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Immer mehr heimische Poilitiker zweifeln an der Sinnhaftigkeit.

Der Widerstand gegen das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA nimmt zu. Nachdem Polen, Tschechien und Lettland die Ratifizierung des Abkommens ausgesetzt haben, wackelt es nun auch in Deutschland und Slowenien. Außenminister Michael Spindelegger versprach vor dem Hintergrund der Bedenken in mehreren Ländern eine genaue Prüfung des Abkommens durch die Bundesregierung. Die FPÖ stimmte indes in den Chor der Kritiker des ACTA-Abkommens ein.

Spindelegger erklärte, dass die gegen ACTA in anderen Ländern vorgebrachten Bedenken "geprüft werden müssen". "Wir werden uns das Abkommen in der Bundesregierung noch genau ansehen", so Spindelegger vor Journalisten im Außenministerium in Wien. Zuständig für das internationale Abkommen seien das Justiz- sowie das Wirtschaftsministerium. "Wir haben verfolgt, was sich in den anderen Ländern getan hat," so Spindelegger. Die Bedenken anderer Länder sowie jene der Betroffenen müssten bei der Entscheidung der Bundesregierung "mitbedacht werden", erklärte er.

Koalitionsstreit in Deutschland
In Deutschland entbrannte wegen des Abkommens bereits ein Koalitionsstreit. FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger setzte die Unterzeichnung durch Deutschland aus und brachte eine Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ins Spiel. Ministeriumssprecher Anders Mertzlufft wies darauf hin, dass dies eine Verzögerung von ein bis zwei Jahren nach sich zöge. Der große Regierungspartner Union reagierte verschnupft. Unions-Vizefraktionschef Günter Krings warf der Ministerin einen Alleingang vor. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, ACTA sei "notwendig und richtig" im Kampf gegen Produkt- und Markenfälschungen. Wenn jetzt neue Fragen aufgetaucht seien, sei die Regierung offen, diese klären zu lassen.

Widerstand in Slowenien
In Slowenien ging die zweitgrößte Regierungspartei DLV (Bürgerliste Gregor Virant) auf Distanz zu ACTA. Ohne vertiefte öffentliche Diskussion über ACTA und seine Auswirkungen werde man das Abkommen nicht ratifizieren, teilte die liberale Partei laut Medienberichten vom Montag mit. Die Hackergruppe "Anonymous" hatte zuvor ihren Druck auf die slowenischen Behörden verstärkt und mehrere Internetseiten, darunter jene der Demokratischen Partei (SDS) von Premier Janez Jansa, lahmgelegt. Ebenfalls angriffen wurde die Homepage des Konsumentenverbandes ZPS, des rechtsgerichteten Magazins "Reporter" sowie der Autorenvereinigung SAZAS.

Lage in Österreich
In Österreich stehen mittlerweile vier der fünf Parlamentsparteien dem Abkommen kritisch gegenüber. FPÖ-Europaabgeordneter Andreas Mölzer kritisierte ACTA am Montag in einer Aussendung als "Rückschritt in den Vormärz". Der vorliegende Entwurf bedeute "weniger einen verbesserten Schutz des Urheberrechts, sondern vielmehr eine Kontrolle und Überwachung der Internetnutzer", so Mölzer. "Hier wird deutlich über das Ziel hinaus geschossen. Auch wenn der Schutz geistigen Eigentums ein berechtigtes Anliegen ist, dürfen keine Orwellschen Zustände geschaffen werden." Zuvor hatten sich bereits Grüne, BZÖ, SPÖ-Europaabgeordnete sowie der fraktionslose EU-Mandatar Martin Ehrenhauser kritisch zu ACTA geäußert.

Kritik aus Brüssel
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bezeichnete ACTA am Sonntagabend in einem ARD-Interview als "nicht gut". "Das notwendige Verhältnis von beidem - Schutz des Urheberrechts einerseits, individuelle Grundrechte der Nutzer andererseits - ist in diesem Abkommen nur sehr unzureichend verankert", sagte er. Der deutsche Sozialdemokrat kündigte an, dass die Beratungen über ACTA im Europaparlament am 27. Februar beginnen werden. Scheitert das Vertragswerk in der EU-Volksvertretung, ist es Makulatur.

Das von USA, EU und Japan federführend ausgehandelte Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen soll den Schutz geistigen Eigentums verbessern, Kritiker befürchten jedoch Internet-Zensur. Damit das Abkommen für die EU in Kraft tritt, müssen es alle 27 Mitgliedstaaten sowie das Europaparlament ratifizieren. In Österreich und anderen europäischen Ländern gab es am Wochenende Demonstrationen gegen ACTA. Schon früher hatte es in anderen Ländern Anti-ACTA-Hackerattacken gegeben. Polen, Tschechien und Lettland haben den parlamentarischen Ratifizierungsprozess des Abkommens mittlerweile gestoppt.

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