Mehr Transparenz bei All-in-Verträgen

Mehr Transparenz bei All-in-Verträgen

„All-in ist vielleicht im Urlaub gut, nicht aber in der Arbeitswelt: All-in-Verträge, die als Pauschalabgeltung ursprünglich für Führungskräfte konzipiert waren, breiten sich immer stärker aus. Gegen den Grundgedanken eines All-in-Vertrags haben wir überhaupt nichts: Führungskräfte bekommen ein Gehalt, das ihrer Verantwortung entspricht. Mittlerweile ist aber bereits jeder fünfte Arbeitsvertrag ein All-in-Vertrag, wie auch die Statistik Austria bestätigt. All-in-Verträge werden dazu missbraucht, Beschäftigte mit einem Betrag zu bezahlen, der auch Überstunden und andere Mehrleistungen abdeckt. Für die Betroffenen ist das in den meisten Fällen kein gutes Geschäft, es herrscht außerdem weitverbreitet der Irrglaube, dass ein All-In-Vertrag einen Kollektivvertrag außer Kraft setzt“, erklärte Wolfgang Katzian, Vorsitzender der GPA-djp (Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier) bei einer Pressekonferenz Anfang Februar. Zwar sei eine mit Jahresbeginn in Kraft getretene Gesetzesänderung, wonach bei neuen All-in-Verträgen der Betrag des Grundgehalts ausgewiesen sein muss, was über die Normalarbeitszeit hinausgehende Pauschalabgeltungen für alle anderen Mehrleistungen sichtbar mache, ein Erfolg im Kampf der GPA-djp für mehr Transparenz. „Wir haben zusätzlich einen All-in-Rechner entwickelt“, so Katzian weiter. Mit Hilfe einiger weniger anonymer Angaben können unter www.allinrechner.at das Grundgehalt und somit ein allfälliger Gehaltsverlust ermittelt werden. Der Rechner bietet einen ersten groben Überblick, bei Unklarheiten können der Betriebsrat und die GPA-djp helfen.

Der All-in-Vertrag setze weder den Kollektivvertrag noch das Arbeitszeitgesetz außer Kraft, er entbinde Arbeitgeber beispielsweise nicht davon, Arbeitszeiten aufzuzeichnen, ergänzte Andrea Komar, Leiterin der GPA-djp-Rechtsabteilung. „Beschäftigte haben  jetzt beim Abschluss eines All-In-Vertrags das Recht auf die betragsmäßige Angabe ihres Grundgehalts. Geschieht das nicht, steht ihnen kraft Gesetzes das Grundgehalt inklusive der branchen- und ortsüblichen Überzahlung zu. Mit der Gesetzesänderung drohen den Arbeitgebern bei Verstößen auch saftige Strafen nach dem Lohn- und Sozialdumpinggesetz.“

Es sei ein großer Irrtum, zu glauben, dass mit einem All-in-Vertrag keine Ansprüche auf weitere Entgeltleistungen bestünden, so Komar, die darauf verwies, dass eine jährliche Überprüfung dahingehend erfolgen sollte, ob der All-in-Bezug alle erbrachten Arbeitsleistungen abdeckt. Ergebe diese Prüfung eine Entgeltdifferenz zu Lasten der ArbeitnehmerInnen, seien diese gesondert zu bezahlen.

Den Handlungsbedarf bestätigte auch Günther Gallistl, Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrats bei DPx Fine Chemicals Austria. Im Unternehmen versuchten die Arbeitgeber seit dem Jahr 2011, die Gehälter von rund 250 Beschäftigten auf All-in-Verträge umzustellen. „Dafür wurde auch eine Betriebsvereinbarung gekündigt, der Hintergrund liegt auf der Hand: die Betroffenen waren zu teuer, wir sollten aus dem Mitbestimmungsprozess gedrängt werden“, erzählt Gallistl, dass die Betroffenen in mehreren Betriebsversammlungen über Nachteile aufgeklärt wurden, die All-In-Verträge bringen können. Schließlich bot das Unternehmen eine einmalige Umstiegsprämie von 20.000 Euro, trotzdem wechselten nur wenige Kollegen, so Gallistl: „Wenn ein Spitzentechniker rund 5000 Euro verdient, dann ist er auch in der Lage, auszurechnen, dass er nach nicht einmal zwei Jahren mit All-in schlecht aussteigt.“ Bei einem Gehalt von 4000 Euro und einer Überzahlung von 1000 Euro betrage der Überstundensatz rund 50 Euro. Leiste man 20 Überstunden monatlich, sei die Prämie eben nach 20 Monaten weg.

Die Gesetzesänderung sei ein wichtiger Etappenschritt, jetzt gehe es darum, mit dem All-In-Rechner mehr Bewusstsein zu schaffen, formulierte Katzian abschließend weitere Forderungen der GPA-djp: All-In-Verträge sollen auf echte Führungskräfte beschränkt und nur bei deutlicher Überzahlung über das Grundgehalt abgeschlossen werden. „In diesem Sinne haben wir außerdem vor, bei Kollektivvertragsverhandlungen Musterverträge für All-In-Verträge durchzusetzen. Von der Statistik Austria wünschen wir uns eine Sonderauswertung für All-in-Verträge zum Jahresende, um evaluieren zu können, wie sich die Gesetzesänderung auswirkt. Der Entgrenzung von Arbeitszeiten entgegenzuwirken, das bleibt auf unserer Agenda ganz oben – der Kampf gegen die Ausbreitung von All-in-Verträgen ist ein wesentlicher Mosaikstein.“

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