Wasser für die Elefanten

„Natürlich war auch Glück dabei!“

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Christoph Waltz über seine Hollywood-Karriere und seinen neuen Film.

Die US-Presse schwelgt über Christoph Waltz. „Nach Inglourious Basterds sprachen wir von einer großen Darbietung – jetzt sprechen wir von einem großen Schauspieler“, schreibt der San Francisco Chronicle. Anlass: Der neue Waltz-Film Wasser für die Elefanten, der am 29.4. in Österreich anläuft. Waltz spielt einen Zirkusdirektor, der es nicht verwindet, dass sich seine Frau (Reese Witherspoon) in einen jungen Mann (Twilight-Star Robert Pattinson ) verliebt. Im ÖSTERREICH-Interview spricht Waltz über Wien und Hollywood, über Kunst und Karriere.

ÖSTERREICH: Als Zirkusdirektor sahen wir Sie noch nie. Ist Zirkus Magie?
Christoph Waltz
: Absolut! Ich wollte zwar nie mit einem Zirkus durchbrennen, aber der Zirkus hat mich immer fasziniert. Das war eine schwebende Welt, und wir draußen mussten auf dem Boden bleiben. Am meisten fasziniert haben mich stets die Jongleure.

ÖSTERREICH: Gibt‘s Parallelen zwischen der Zirkuswelt und der Schauspielerei?
Waltz
: Überhaupt nicht. Ein Artist oder ein Dompteur, der nicht total präzise arbeitet, ist Matsch. Als Schauspieler findet man immer einen Ausweg.

ÖSTERREICH: Was hat sich für Sie in den letzten zwei Jahren, seit dem Welterfolg von „Inglourious Basterds“, verändert?
Waltz
: Ich habe hier in Europa immer viel gehackelt, aber vieles blieb mir verschlossen. Nicht, weil man mich schlecht fand – die Gegebenheiten waren halt anders. Seit Basterds eröffnen sich neue Möglichkeiten für mich. Da war sicher auch viel Glück dabei. Denn es ist ein Irrtum zu glauben, dass sich Karrieren planen lassen. Die Dinge sie entstehen spontan.

ÖSTERREICH: Seit einigen Monaten sind Sie österreichischer Staatsbürger. Was bedeutet das für sie?
Waltz
: Nun, ich komme aus Wien, ich bin dort geboren, aufgewachsen und habe dort mit meinem Beruf begonnen. Ich bin in Wien sozialisiert worden – ich habe meine Mentalität dort verpasst bekommen. Jetzt habe ich mir, mit fast 55 Jahren, halt auch meinen Pass abgeholt.

ÖSTERREICH: Mussten Sie Ihren deutschen Pass dafür abgeben?
Waltz
: Nein. Ich habe jetzt beide Staatsbürgerschaften.

ÖSTERREICH: Also können sich auch die Deutschen mit Ihnen schmücken.
Waltz
: Ach, wie viel soll ich denn noch erklären, dass ich aus Österreich bin? Ich bin in Wien im 19. Gemeindebezirk geboren und aufgewachsen. Wenn Sie wollen, sage ich Ihnen die Straßenbahnstationen auf von Grinzing bis Stadlau.

ÖSTERREICH: Wo wohnen Sie derzeit?
Waltz
: Ich wohne gar nicht – ich halte mich auf. Die letzten zwei Jahre hauptsächlich in Los Angeles. Zu Hause bin ich in Wien, und in Berlin habe ich eine Wohnung.

ÖSTERREICH: In welcher dieser Städte befindet sich Ihr Oscar?
Waltz
: Der ist in Los Angeles. Ich habe ihn weggeschlossen in einem Schrank, den ich nur selten öffne.

ÖSTERREICH: Das klingt ja fast, als hätte der Oscar eine magische böse Wirkung.
Waltz
: Überhaupt nicht. Aber ich muss den Oscar nicht immer sehen.

ÖSTERREICH: Was ist, in Sachen Film, der Unterschied zwischen Deutschland und Österreich?
Waltz
: Aus Österreich kommen bessere Filme. Obwohl man hier in keiner Weise die Mittel zur Verfügung hat, kommt man zu außergewöhnlichen Ergebnissen, während man in Deutschland vieles gern vergeigt.

ÖSTERREICH: Ist es eine Herausforderung, die nur bedingt sympathischen Figuren zu spielen, in denen man Sie häufig sieht?
Waltz
: Ob eine Figur sympathisch oder unsympathisch wirkt, ist ein Gefühl der Zuschauer. Innerhalb einer dramatischen Situation sind Konflikte nötig, sonst tritt man auf der Stelle. Nehmen wir Rotkäppchen: Die Story wird erst interessant, wenn der Wolf auftaucht. Der bringt das Gleichgewicht durcheinander. Dabei ist er sehr höflich und zuvorkommend.

ÖSTERREICH: In „Wasser für die Elefanten“ spielen Sie mit Robert Pattinson, dem größten Teenager-Idol der Gegenwart. Hatten Sie Befürchtungen, was sich für ein Rummel rund um ihn abspielen könnte?
Waltz
: Einmal konnten wir nicht zur Arbeit in Tennessee, weil dort 500 Fans – 98 Prozent davon weiblich – standen. Aber sonst haben die Fans nur in den seltensten Fällen gestört.  Sie haben ja am Set nichts zu suchen, sie haben dort keinen Zugang. Bisweilen kamen aber Paparazzi durch den Orangenhain geschlichen, oder die ganz Cleveren kamen mit dem Hubschrauber und haben von oben gefilmt.

ÖSTERREICH: Beneiden oder bedauern Sie Robert Pattinson in solchen Situationen?
Waltz
: Weder noch. Beneiden überhaupt nicht – bedauern manchmal schon. Weil der arme Mensch sich wirklich nirgendwo hin bewegen kann.

ÖSTERREICH: Können Sie ganz privat durch die Straßen streifen oder sind auch hinter Ihnen gelegentlich die Paparazzi hinterher?
Waltz
: In Los Angeles sind die Paparazzi ein ganzer Berufsstand, und man denen hat man zu tun. Man hat keine Handhabe gegen sie. In Europa kann man es sagen, wenn man nicht fotografiert werden will, und dann passiert das auch nicht. Das finde ich ganz gut. In den USA gibt es überhaupt keine Handhabe dagegen. Wenn man auf der Straße geht, kann man fotografiert werden, und das Foto kann veröffentlicht werden.

ÖSTERREICH:  Hätten Sie nicht wieder einmal Lust, einen positiven Helden oder einen Liebhaber zu spielen?
Waltz
: Ach, die Liebhaber werden meistens mit jungen Darstellern besetzt, man spricht ja vom Fach des jugendlichen Liebhabers. Warum ist das so? Weil man als Zuschauer dem Liebhaber eine lange, rosige Zukunft wünscht. Man will keinen, von dem man vielleicht sagt, na fein, jetzt hat er vielleicht noch ein paar gute Jahre. Das würde das Vergnügen am Happy End ein bisschen behindern. Manchmal schlägt das Pendel auch zum Gegenteil aus, und das wird dann eine Liebesgeschichte im Altenheim). Doch es gibt natürlich ältere Darsteller, die Liebhaber spielen. Auch wenn das - etwa bei Clint Eastwood -  immer etwas Melancholisches hat.

ÖSTERREICH: Hat Sie der Erfolg verändert?
Waltz
: Ein bisschen. Ich habe jetzt weniger Skrupel, meine Meinung offen zu vertreten. Vorher tat ich das auch schon, aber da dachte ich, das könnte unter Umständen schaden. Jetzt stört mich das nicht mehr so sehr.

Wasser für die Elefanten
Von Francis Lawrence. Mit Christoph Waltz, Robert Pattinson, Reese Witherspoon. Jetzt in Österreichs Kinos. 

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Wasser für die Elefanten. Die dritte US-Produktion mit Christoph Waltz läuft jetzt in Österreich. Das Dreiecks-Drama, in dem Reese Witherspoon zwischen Waltz und Tom Pattinson steht, fasziniert mit großem Kino im klassischen Hollywood-Stil.

Die drei Musketiere. Großteils in Bayern gedreht, kommt der Action-Kostümfilm im Herbst ins Kino. Waltz spielt den Kardinal Richelieu.

Der Gott des Gemetzels. Roman Polanski verfilmte Yasmina Rezas Bühnenhit mit Waltz, Kate Winslet, Jodie Foster und John C. Reilly. Noch kein Termin.

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