Nur wer fällt, lernt fliegen

Anna Gavalda liefert Herzschmerz total

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Neuer Roman der Bestsellerautorin ist nicht frei von Kitsch.

Romane wie "Zusammen ist man weniger allein" (ab 24. November in einer Auflage von 100.000 Stück das diesjährige Wiener Gratisbuch) und "Alles Glück kommt nie" machten die französische Autorin Anna Gavalda bekannt. Auch in ihrem neuen Werk "Nur wer fällt, lernt fliegen" widmet sich die 43-Jährige schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen - schießt dabei allerdings übers Ziel hinaus.

Wer es nicht weiter irritierend findet, seine Lebensgeschichte einem Stern zu erzählen, könnte Anna Gavaldas neusten Roman mögen. Wer von Geschichten nach dem Muster "Vom Tellerwäscher zum Millionär" nicht genug kriegen, auch. Denn wenn dem jüngsten Werk der französischen Bestsellerautorin eines nicht fehlt, dann ganz sicher das: Kitsch. In ihren bisherigen Romanen porträtierte Gavalda bereits unterschiedlichste Menschen und ihre schwierigen, emotionalen Verbindungen - immer mit einer Mischung aus Leichtigkeit und Melancholie. Dieser Linie bleibt sie auch in "Nur wer fällt, lernt fliegen" treu.

Ungleiche Freundschaft
Darin erzählt sie die Geschichte einer ungleichen Freundschaft: Nämlich die von Billie, die in einer Wohnwagensiedlung und mit jeder Menge Schlägen aufgewachsen ist, und dem schwulen Franck, der sich lange nicht gegen seinen übermächtigen Vater und schon gar nicht gegen seine Mitschüler behaupten konnte.

Ihre Kindheit ist allerdings längst vorbei: Schauplatz des Buches ist eine Art Felsspalte, in die die beiden beim Wandern gefallen sind. Während Billie ihren Freund ohnmächtig in ihren Armen wähnt, erzählt sie ihre gemeinsame Geschichte einem Stern am Himmel. Und der bekommt jede Menge zu hören.

Im Schnelldurchlauf geht das ungefähr so: Billies Mutter hat sie und das schäbige Zuhause in einer Wohnwagensiedlung verlassen, als die noch ein kleines Mädchen war. Was dann folgt, ist eine böse Stiefmutter, die zuviel trinkt und schlägt. Eigentlich unnötig zu sagen, dass Billie irgendwann mit Männern schläft, die ihr nicht gut tun und kurzzeitig ebenfalls dem Alkohol zu verfallen droht. Einziger Halt: Ihre zarte Freundschaft zu dem schwulen Franck, dem sie durch ein Theaterstück in der Schulzeit näher gekommen ist.

Inzwischen haben die beiden all das aber hinter sich gelassen und leben in Paris, wo sie letztlich doch noch reich und glücklich geworden sind.

Klischees
Dass die Autorin die Herkunft ihrer Protagonistin mit Sätzen wie "Scheiße, jetzt flenne ich schon wieder" oder "Und dein Anblick ist mir scheißegal, du kackblöder Stern" andeutet, macht die konstruiert wirkende Geschichte allerdings nicht glaubwürdiger. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Billie selbst regelmäßig einräumt, dass ihre Lebensgeschichte wie ein schlechtes Klischee klingt - wäre da nicht die missliche Lage, gerade in einer Felsspalte zu stecken.

Doch Anna Gavalda wäre nicht Anna Gavalda, würde sie nicht auch dafür eine Lösung erdenken. So viel sei verraten: Wem es bisher noch nicht kitschig genug war, sollte bis zum Ende lesen.

Gavalda: "Nur wer fällt, lernt fliegen", Übersetzt von Ina Kronenberger, Hanser, 192 Seiten, 19,50 Euro

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