Kritik

Double für Salome

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"Salome" läßt sich doubeln: Deborah Voigt mit Stuntwoman in der Staatsoper.

Musik ist sein Leben. Der Finne Leif Segerstam (64) hat schon mehr als 200 (!) Symphonien komponiert, und als Dirigent liebt er in der Staatsoper den philharmonischen Sound. Wenn der korpulente Herr mit wallendem Bart und Haupthaar mit beredtem Taktschlag das Orchester im Wohlklang fluten lässt, kann der Zuhörer die "Salome" des Richard Strauss in aller Breite genießen. Die Sänger oben auf der Bühne haben freilich mit Segerstams üppigem Forte ihre Not.

Am besten kam der Haudebutant damit zurecht. Gerhard A. Siegel (45) singt weltweit das schwere Fach und auch Charakterrollen. Diesmal den Herodes mit differenziertem Ausdruck, kräftigem Tenor und präziser Artikulation. An dieser mangelte es den meisten seiner Partner; die Sänger aller Nebenrollen brauchen dringend einen Sprachcoach. Auch Morten Frank Larsen, dessen Jochanaan nur mit dem Posaunenton seiner Baritonhöhe imponiert, aber als Figur ohne Kontur bleibt.

Deborah Voigt wagt sich an die Salome, singt mit einiger Anstrengung, spielt heroinenhaft und ist keinen Moment glaubwürdig. Zuletzt steht sie an der Rampe und betrachtet den Kopf des Jochanaan, der ihr zu Füßen in einer Silberschüssel liegt, so mißvergnügt, als sei ihr der weihnachtliche Turkey mißlungen. Bloß 12 Minuten ihrer Rolle ähneln intensivem Begehren: Im sehr sinnlich choreographierten Schleiertanz läßt sich die Voigt von Anna Besenyi doubeln. Doch die Balletteuse kann die Salome leider nicht singen.

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