Er war 89

Schauspieler Otto Tausig gestorben

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Tausig wurde 2009 mit dem Nestroy-Preis für sein Lebenswerk geehrt.

Er war ein großer Künstler mit großem Herz. Wie wenige andere Bühnenkünstler vereinte Otto Tausig Schauspielkunst und politisches Engagement, gelebte Leidenschaft im Theater wie in der realen Welt. Sein Lebenswerk, für das der Wiener 2009 mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnet wurde, umfasst nicht nur einige der wichtigsten Kapitel österreichische Theatergeschichte, sondern auch ein bewundernswertes Engagement für Entwicklungshilfe. Heute, Montag, ist Otto Tausig im Alter von 89 Jahren in einem Wiener Krankenhaus gestorben.

"Kasperl, Kummerl, Jud" nannte Otto Tausig ein Theaterprogramm, mit dem er auf seine Karriere zurückblickte, und diesen Titel gab er auch seiner in Buchform erschienenen Lebensgeschichte. Tausig wurde am 13. Februar 1922 in Wien geboren. 1939 wurde er mit einem Kindertransport nach England gebracht. Dort schlug er sich als Land-und Fabriksarbeiter durch und verbrachte 20 Monate in einem Internierungslager, wo aus dem wohl behüteten Bürgerkind ein Marxist wurde. Seine Eltern bekamen durch Zufall zwei Schiffspassagen nach Shanghai. Nach dem Krieg studierte Tausig am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Sein Debüt gab er am Neuen Theater in der Scala in Wien, wo er auch als Regisseur und Chefdramaturg bis 1956 tätig war.

Nach der Schließung der prononciert linken "Scala" ging er mit vielen Kollegen ans Deutsche Theater in Ost-Berlin. Es folgten Engagements in Zürich, Wien, Berlin (Volksbühne), Köln, Hamburg, Frankfurt und München. Von 1970 bis 1983 war er als Schauspieler und Regisseur Ensemblemitglied des Burgtheaters, danach war er wieder freiberuflich tätig. Neben seiner eigentlichen "Spezialität", den Nestroy-Rollen, schuf sich Tausig im Laufe seiner Karriere ein schier unüberschaubares Repertoire, in dem neben allen Facetten des Komödiantischen auch das Tragische nicht fehlte. Seinen offiziellen Bühnenabschied gab er 1999 im Volkstheater als Schnoferl in Nestroys "Das Mädl aus der Vorstadt".

Seit den 60er Jahren arbeitete Tausig auch als Lehrer sowie als Regisseur und Schauspieler für Film und Fernsehen. So spielte er unter anderem in der "Alpensaga" (1977), in Jan Schüttes "Auf Wiedersehen, Amerika" (1994), in Peter Wecks Neuverfilmung des "Hofrat Geiger" (1996), in "Epsteins Nacht" von Urs Egger, der Verfilmung von Robert Schindels Roman "Gebürtig" und in "Jedermanns Fest" von Fritz Lehner. Zuletzt hatte er bei der Verfilmung des Udo Jürgens-Romans "Der Mann mit dem Fagott" mitgewirkt.

1989 spielte Tausig im französischen Film "Nocturne indien" mit, der in Bombay gedreht wurde. Damals erlebte Tausig zum ersten Mal die Dritte Welt und ihre Armut. Seit dieser Erfahrung flossen sämtliche Gagen Tausigs dem Entwicklungshilfeklub zu, mit denen vor allem ausgebeutete und verschleppte Kinder unterstützt werden. Außerdem finanzierte Tausig die Renovierungsarbeiten eines Flüchtlingshauses im niederösterreichischen Hirtenberg, wo man jugendliche Flüchtlinge betreut.

Mit der Entwicklungshilfe gab Tausig seinem Leben eine neue Richtung. "Ich glaube nicht, dass ich die Welt zu meinen Lebzeiten noch wesentlich verändern kann", hat er einmal gesagt. "Ich kann aber das Leben von ein paar Menschen besser gestalten." Auch seine Dankesrede beim Nestroy-Preis hatte er für einen Spendenaufruf verwendet und war sofort danach selbst mit dem Spendenkorb sammeln gegangen.

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