Freud's 70. Todestag

"Eros & Thanatos": Über Liebe und Triebe

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Werke von Klimt, Giordano, Rubens sind zu sehen

Am 23. September jährt sich der Todestag von Sigmund Freud zum 70. Mal. Ein Anlass, zu dem sich das Wiener Freud Museum eines der schwierigsten Themenkomplexe der späten Jahre des großen Denkers annimmt: Die Triebtheorie über das Zusammenspiel von Lebens-und Todestrieb, "Eros und Thanatos" wie die Ausstellung heißt. Gemeinsam mit dem Liechtenstein Museum und dem Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste wird sie so erläutert und bebildert, wie Freud es selbst getan hat: Durch die Mythenwelt der Antike. In Freuds Räumen und in der Bibliothek des Liechtenstein-Palais tummeln sich ab morgen, Donnerstag, bis zum 13. Oktober Narziss und Adonis, Judith und Lucretia, Venus und Mars.

"Mächtig und gewaltig und aktuell"
"Die Triebtheorie war schon zu Lebzeiten sehr umstritten", so Kuratorin und Psychoanalytikerin Jeanne Wolff Bernstein. "Dennoch ist sie heute auch im klinischen Alltag eine wichtige Komponente, etwa in der Suchttherapie." Neben der individuellen Ebene zeige die Theorie heute aber auch auf kollektiver und gesellschaftlicher Ebene, wie "mächtig und gewaltig und aktuell" sie ist, betonte auch die Direktorin des Freud Museums, Inge Scholz-Strasser.
Leben und Tod in allen Facetten
Krieg und Inzest, Selbstmord und Rausch - oder hier: Der Raub der Sabinerinnen und Lots Töchter, Lucretia und das Bacchanal. Die Antiken-Rezeption der Spätrenaissance, eines Lucas van Leyden, Bartholomäus Spranger oder Hendrick Goltzius, hat das oft katastrophal endende Ungleichgewicht von Liebe und Gewalt, von Bindung und Isolation, von Leben und Tod, in viele hochsymbolische Geschichten gepackt.
Klimt und Schiele
Wandtexte erklären die Theorie der Triebkräfte im Freud Museum anhand der Stichwörter Sexualität, Begierde und Zerstörung, Eigenliebe und Gewalt. Neben den mythologischen Figuren finden sich auch Zeitgenossen Freuds, wenn sie sich auch nie begegnet sind: Gustav Klimt und Egon Schieles Darstellungen von kindlicher und jugendlicher Sexualität, von Frauen, deren quälende, empfindliche, unausgelebte Körperlichkeit hinter subtiler Erotik versteckt werden muss, "erzählen die Geschichten, die Freud hier in seiner Ordination zu hören bekommen hat", so Scholz-Strasser. In seinem Wartezimmer platzierte Freud selbst Kupferstiche mit Antiken-Bildern - nahtlos fügt sich der original eingerichtete Raum nun in diese Ausstellung.
"Zusammenarbeit statt der üblichen Wiener Selbstzerstörung"
"Zwei Museen mit großer internationaler Strahlkraft" und enger Nachbarschaft haben sich mit Freud und Liechtenstein Museum gefunden, "Zusammenarbeit statt der üblichen Wiener Selbstzerstörung", so das Motto von Liechtenstein-Direktor Johann Kräftner in Freud'scher Diktion. Und so hat man das Sinnbild der Selbstzerstörung auch gleich ans Freud Museum geliehen: Die "Lucretia" des Francesco del Cairo steht für die völlige, fatale Hingabe an den Thanatos. Nachdem sie sich selbst der Vergewaltigung durch Sextus Tarquinius geopfert hat, ist ein ehrbares Ende für sie nur durch den Selbstmord möglich.

"Eros & Thanatos" von 11. Juni bis 13. Oktober, Sigmund Freud Museum täglich von 9 bis 17 Uhr, Liechtenstein Museum Freitag bis Dienstag 10 bis 17 Uhr, Sonderpreis für Besuch in beiden Häusern: 9 Euro. www.freud-museum.at; www.liechtensteinmuseum.at

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Tiziano Vecellio: "David und Goliath"

Andrea Mategna: "Bacchanal mit trunkenem Silen"

Gustav Klimt: "Studie zur Judith (Stehende Frau mit erhobenem linken Bein)"

Francesco del Cairo (1607–1665): "Lucretia, ca. 1635–40"

Luca Giordano: "Die büssende Magdalena"

Bonaventura Genelli: "Eros entwaffnet den Kriegsgott, 1859–1862"

Peter Paul Rubens (1577–1640): "Allegorie auf den Krieg, ca. 1628"

Cristofano Allori (1577–1621): "Judith mit dem Haupt des Holofernes, 1613"