Auszeichnung

Büchner-Preis geht an Reinhard Jirgl

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Mit 40.000 Euro dotiert - Nach zwei österreichischen Preisträgern in den Vorjahren.

Der 57-jährige Berliner Schriftsteller Reinhard Jirgl bekommt den Georg-Büchner-Preis. Das teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Freitag, 9.7. in Darmstadt mit. Der mit 40.000 Euro dotierte Preis gilt als wichtigste literarische Auszeichnung im deutschsprachigen Raum. Jirgl habe in "einem Romanwerk von epischer Fülle und sinnlicher Anschaulichkeit ein eindringliches, oft verstörend suggestives Panorama der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert entfaltet", heißt es in der Begründung. Der Preis, der in den Vorjahren an die Österreicher Walter Kappacher (2009) und Josef Winkler (2008) ging, wird am 23. Oktober in Darmstadt verliehen.

Begründung
"Mit großer erzählerischer Sensibilität und Leidenschaft geschützt durch den Firnis eines avantgardistischen Schreibgestus" erzähle der 1953 in Ost-Berlin geborene Jirgl von den Aufbrüchen und Katastrophen, den Kriegen und Vertreibungen, den Zeiten der Teilung und der schwierigen Vereinigung. Dabei lasse er die historischen Umbrüche aus unterschiedlichsten Perspektiven alltäglichen Erlebens gegenwärtig werden und mache - so zuletzt in den großen Romanen "Die Unvollendeten" (2003) und "Die Stille" (2009) - die Stimmen der Vergessenen und Verschütteten wieder hörbar.

Über Umwege zur Schriftstellerei
Jirgl wuchs bei den Großeltern in der Altmark im heutigen Sachsen-Anhalt auf. Schriftsteller wurde er erst über Umwege, nachdem er zunächst eine Lehre als Elektromechaniker gemacht und dann Elektronik an der Berliner Humboldt-Universität studiert hatte. Von 1975 an schrieb Jirgl, der zunächst als Ingenieur arbeitete, kontinuierlich und brachte es in der DDR auf sechs unveröffentlichte Bücher, darunter das Manuskript "Mutter Vater Roman". Dieses war vom Aufbau-Verlag wegen "nichtmarxistischer Geschichtsauffassung" abgelehnt worden. Seinen Unterhalt verdiente er sich zwischen 1978 und 1996 als Beleuchtungs- und Servicetechniker an der Berliner Volksbühne, ehe er sich als freier Schriftsteller niederließ. In der unmittelbaren Nachwende-Zeit 1990 konnte sein erstes Buch "Mutter Vater Roman" in einem von Gerhard Wolf edierten Literaturprogramm beim Aufbau-Verlag erscheinen. Der Durchbruch gelang Jirgl 1993, als er für sein Manuskript des Romans "Abschied von den Feinden" den Alfred-Döblin-Preis erhielt und Autor des Carl Hanser Verlags wurde. Seither erscheinen seine Bücher in diesem Verlag.

Verleihung
Der Georg-Büchner-Preis wird auf der Herbsttagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung übergeben. Namensgeber des Preises ist der Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb. Zu den früheren Preisträgern gehören Erich Kästner, Friedrich Dürrenmatt, Heinrich Böll, Günter Grass und Elfriede Jelinek.

Georg-Büchner-Preisträger seit 1997
Den Georg-Büchner-Preis haben in den vergangenen Jahren mit Walter Kappacher, Josef Winkler, Friederike Mayröcker, Elfriede Jelinek und H.C. Artmann auch fünf Autorinnen und Autoren aus Österreich erhalten. In Folge ein Überblick über die Preisträger seit 1997:

2010 Reinhard Jirgl
2009 Walter Kappacher
2008 Josef Winkler
2007 Martin Mosebach
2006 Oskar Pastior
2005 Brigitte Kronauer
2004 Wilhelm Genazino
2003 Alexander Kluge
2002 Wolfgang Hilbig
2001 Friederike Mayröcker
2000 Volker Braun
1999 Arnold Stadler
1998 Elfriede Jelinek
1997 H.C. Artmann

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