Opern-Hochgenuss

"Jonny spielt auf" in Salzburg

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Ernst Krenek im Landestheater in inspirierter Regie von Andreas Gergen.

 Anders als Richard Strauss oder auch Alban Berg hat Ernst Krenek (1900-1991) den Braten früh gerochen. Bereits 1927 hat der Wiener "Exilkomponist" mit "Jonny spielt auf" ein Bühnenwerk geschrieben, das den rasant wachsenden Einfluss der amerikanischen Kultur zum Thema hat. Die Oper von Ernst Krenek wurde am 7. Dezember im Salzburger Landestheater nach 45 Jahren erstmals wieder aufgeführt.

Oper zwischen den Stühlen  
"Jonny", ein musikalisch-vitales Schlitzohr afrikanischer Abstammung, stiftet Verwirrung, trickst und stiehlt. Zum Tanz spielt er eigentlich nicht auf, aber er setzt Geschichten in Gang, denen der blassblütig-selbstmitleidige Komponist alter europäischer Schule nicht mehr gewachsen ist. Krenek hat keine Jazzoper geschrieben - zu sehr war er selbst in der Musik des alten Kontinents verwurzelt. Aber in "Jonny spielt auf" vermischte er die von der Zwölfton-Musik geprägten, sperrig-abstrakten Gesangslinien mit luftigen, tänzerisch-jazzigen Rhythmen und sogar einer kinderliedartigen Hymne. So entstand Oper zwischen den Stühlen. Aber mit jener "seriösen Leichtigkeit", die der bleiernen Endzeitstimmung vieler Opern dieser Zeit den wohltuenden "Blick nach vorne" entgegensetzt.

Altmodisch und pfiffig zugleich 

Kreneks Plot ist altmodisch und pfiffig zugleich. Neben "Jonny" und dem "Komponisten" tummeln sich ein eitler Geiger, eine lebensfrohe aber untreue Sängerin, ein Manager, ein Hoteldirektor und ein sympathisch-einfältiges Zimmermädchen durch eine passagenweise skurrile Handlung, die durch einen Ring und eine Geige zusammengeklebt ist. Das Salzburger Regieteam rund um Andreas Gergen, Bühnenbildner Court Watson und Kostümbildnerin Regina Schill haben ihren Fantasien gefrönt und Lebensfreude ins Spiel gebracht, ohne über die Maßen auf die Tube zu drücken. Im Bühnen-Hintergrund hat die Regie das Orchester vor einer riesigen Jazzspelunken-Plakatwand mit Zitaten zu Lasterhaftigkeit und Zeitgeist platziert. Im Vordergrund - nahe am Publikum - die eigentliche Spielbühne. Nicht jedes der Bilder von Gergens Team überzeugt auf Anhieb. Manches, etwa der merkwürdige Bilderrahmen, erschließt sich nicht. Aber das Aufeinandertreffen von Art Deco, 20er-Jahre-Alltag und Jazz-Glamour erzeugt ein Design, in dem sich die Gespaltenheit dieser Oper sinnvoll und deutlich widerspiegelt. Insgesamt ist diese Inszenierung risikofreudig und inspiriert, manchmal witzig (Autofahrt), manchmal dramatisch-schwer (Gletscher-Szene) und - besonders im zweiten Teil - tempo- und farbenreich.

Musikalische Umsetzung beeindruckte  
Bemerkenswert am neuen Salzburger "Jonny" ist auch die musikalische Umsetzung. Das Mozarteumorchester unter der Leitung von Adrian Kelly spielte stilsicher und ambitioniert, die Partitur wurde von den Musikern hörbar ernst genommen. Auch die Hauptrollen waren mit durchwegs guten Sängern besetzt, so lieferte etwa Franz Supper, langjähriges Ensemblemitglied des Theaters, eine bemerkenswert starke Leistung. Supper bewältigte die enorm anspruchsvolle Partie des "Komponisten" nicht immer mühelos, aber sauber, kraftvoll und mit intensivem, leidenschaftlichem Ausdruck. Der "Neger Jonny" wurde leichtfüßig und klanglich tadellos von Nathan De'Shon Myers verkörpert, und die Sängerin "Anita" fand in Christiane Boesiger eine schauspielerisch gediegene und technisch versierte Sängerin, der nur wenige Spitzentöne etwas schrill gerieten. Simon Schnorr als Geiger "Daniello", Laura Nicorescu als "Yvonne" sowie Alexey Birkus und Dietmar Kerschbaum komplettierten ein Ensemble, das ein Landestheater erst einmal haben muss.

Info
"Jonny spielt auf", Oper in zwei Teilen von Ernst Krenek. Neuproduktion am Salzburger Landestheater. Inszenierung: Andreas Gergen, Bühne: Court Watson, Kostüme: Regina Schill. Es musizierten das Salzburger Mozarteumorchester und der Chor und der Extrachor des Salzburger Landestheaters unter der Leitung von Adrian Kelly. Die Solisten: Franz Supper als Komponist, Christiane Boesiger als Anita, Simon Schnorr als Geiger Daniello, Laura Nicorescu als Stubenmädchen Yvonne, Alexey Birkus als Manager, Dietmar Kerschbaum als Hoteldirektor sowie Viorel Baciu, Philipp Schausberger, Rudolf Pscheidl, Roland Faust als Bahnangestellter beziehungsweise Polizisten. Außerdem auf der Bühne: Vier Solisten aus dem Ballettensemble von Peter Breuer. www.salzburger-landestheater.at



 

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