Das Burgtheater-Ehrenmitglied erlag zu Mittag einem Herz-Kreislaufversagen. Der Ehemann der ÖVP-Politikerin Ursula Stenzel wurde 77 Jahre alt.
Der Wiener Kammerschauspieler Heinrich Schweiger ist Dienstag zu Mittag 77-jährig nach einem Herz-Kreislaufversagen infolge einer schweren Gehirnblutung in einem Salzburger Krankenhaus gestorben. Das Burgtheater-Ehrenmitglied gehörte seit 1949 (mit Unterbrechungen) dem Haus am Ring an und spielte dort die großen klassischen Rollen der Weltliteratur, etwa in Schillers "Don Carlos", Shakespeares "Othello" und "Richard III.", aber auch den Mackie Messer in der "Dreigroschenoper". Eine seiner letzten Rollen war der Tiefenbach im "Wallenstein".
Das Begräbnis soll voraussichtlich Mitte August stattfinden. Seit 1983 war Schweiger in dritter Ehe mit der Wiener City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel verheiratet.
Bewegtes Leben
Schweiger wurde am 23. Juli 1931 in Wien geboren
und studierte dort am Max-Reinhardt-Seminar. 1948 war er am Theater in der
Josefstadt engagiert, im Jahr darauf, als 18-Jähriger, bereits als Eleve am
Wiener Burgtheater. In Shaws "Candida" spielte er an der Seite von
Paula Wessely, in "Don Carlos" war er Partner von Werner Krauß. Ab
1956 folgten Verträge am Bayerischen Staatsschauspiel München und am
Düsseldorfer Schauspielhaus. Ab 1961 gehörte Schweiger - mit
Unterbrechungen, u.a. 1989 bis 1992 wegen einer Herzkrankheit - wieder zum
Burg-Ensemble.
Klassische Rollen der Weltliteratur
Dort spielte der
Kammerschauspieler die großen klassischen Rollen der Weltliteratur -
gefeiert wurde er etwa als Shakespeares "Othello" (Regie: Fritz
Kortner) und "Richard III." (Regie: Leopold Lindtberg) -, spielte
Büchners Danton und den Dorfrichter Adam in Kleists "Der
zerbrochne Krug", brillierte aber auch in Stücken von Raimund, Nestroy
und Schnitzler, als Brechts Mackie Messer in der "Dreigroschenoper"
oder als Hassenreuter in Hauptmanns "Die Ratten". In seinen
Soloprogrammen befasste er sich u.a. mit der "Dämonie der Gemütlichkeit"
und bot einen "Streifzug durch die österreichische Seele".
Führte auch Regie
Schweiger, der das Theater einmal als "schönste
Zuflucht und große Leidenschaft" bezeichnet hat, gastierte in den
60er Jahren auch an der Freien Volksbühne Berlin (unter Erwin Piscator), am
Theater am Kurfürstendamm Berlin (1965, unter Leonard Steckel) und am Thalia
Theater Hamburg (1972/73 unter Boy Gobert). Als Teufel und Mammon gehörte er
zwölf Jahre lang zum Ensemble des Salzburger Festspiel-"Jedermann".
Er führte auch mehrmals Regie, so 1979/80 bei Nestroys "Mädl aus
der Vorstadt" (Akademietheater) und bei den Perchtoldsdorfer
Sommerspielen.
Facettenreicher Künstler
Im Fernsehen trat Schweiger u.a.
in "Tatort"-Folgen, in den Serien "Ringstraßenpalais"
(1981) und "Kommissar Rex" sowie im "Seniorenclub" auf.
Zu seinen Kinoerfolgen zählen u.a. die Hauptrolle in "Franz
Schubert - ein unvollendetes Leben" (1957) und Franz Antels Filmreihe "Der
Bockerer" (1981, 1996, 2000, 2003). Mit dem Fotoband "Bilder eines
Schauspielers" machte sich der Hobbyfotograf auch als Theaterchronist
einen Namen.
Kainz-Medaille
Ausgezeichnet wurde Schweiger, der am Irrsee eine
zweite Heimat gefunden hatte, unter anderem mit der Kainz-Medaille (1969),
mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse
(1986), mit dem Goldenen Ehrenzeichen des Landes Salzburg für Verdienste um
die Salzburger Festspiele (1987), mit der Goldenen Ehrenmedaille der Stadt
Wien (1987), mit dem Berufstitel Professor (2003) und der Nestroy-Medaille
(2008).
Fuhrmann: "Große persönliche Betroffenheit"
Mit
"großer persönlicher Betroffenheit" reagierte ÖVP-Kultursprecherin Silvia
Fuhrmann laut einer Aussendung auf das Ableben des Kammerschauspielers und
"großen Menschendarstellers" Heinrich Schweiger. Schweiger, der 77-jährig in
Salzburg gestorben ist, sei ein begnadeter Schauspieler und
unverwechselbarer Darsteller großer Charaktere gewesen. "Vom einfachen Mann
bis zum Grandseigneur, vom Leutseligen bis zum Polterer - er hat allen Leben
eingehaucht, Stimme gegeben, Profil verliehen. Mit der ihm eigenen Note und
mit unmittelbarer Präsenz."
Mailath-Pokorny: "Vielschichtiger Charakterdarsteller"
Der
Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) würdigte Schweiger laut
einer Aussendung als "vielschichtigen Charakterdarsteller, der die großen
Rollen der Weltliteratur beherrschte und gleichzeitig in der Wiener
Kaffeehausliteratur zu Hause war". Der "populäre Burgschauspieler hatte die
Gabe, sowohl auf der Bühne als auch im Fernsehen ein breites Publikum zu
fesseln."