"Englischer Patient"

Oscarpreisträger Anthony Minghella tot

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Mit dem Wüstenepos "Der englische Patient"zum Erfolg: Vom "unglaublich guten Autor" zum "exzellenten Regisseur" (Von Annette Reuther, dpa) =

London (dpa) - Das Wüstenepos um Liebe, Tod und Leidenschaft katapultierte Anthony Minghella mit einem Schlag in die vorderste Reihe der Regiestars: Mit dem Filmdrama "Der englische Patient" bekam der Brite 1997 den Oscar als bester Regisseur. Anschließend landete er mit Filmen wie "Der talentierte Mr. Ripley" und "Unterwegs nach Cold Mountain" weitere Kinohits mit Starbesetzung. Der Drehbuchautor und Regisseur starb überraschend im Alter von nur 54 Jahren, teilte seine Agentin am Dienstag mit.

Minghellas frühe Jahre deuteten noch nicht auf die große Karriere in Hollywood hin: Seine Eltern waren italienische Auswanderer, die auf der Insel Isle of Wight vor der Südküste Englands ein Eiscafe betrieben. Bevor Minghella die Liebe zur Leinwand entdeckte, arbeitete er als Literaturdozent an der Universität von Hull. Später machte er sich als Theater- und Hörspielautor in England einen Namen. Sein Filmdebüt legte er 1991 mit "Wie verrückt und aus tiefstem Herzen" ab.

Doch den großen Namen brachte ihm erst die Oscar-Flut für den "Englischen Patienten" mit Joseph Fiennes und Juliette Binoche in den Hauptrollen ein. Neun Mal wurde das Drama mit der begehrten Statue ausgezeichnet. In Großbritannien lobte man, dass Minghella dem britischen Film auch in den USA zu Ruhm verholfen hatte. "Er war eine sehr wichtige Gestalt für die Filmgemeinschaft. Nicht nur, weil er ein unglaublich guter Autor war, sondern weil er den Übertritt zum exzellenten Regisseur geschafft hat", würdigte ihn der britische Filmproduzent David Terence Puttnam.

Minghellas Romanverfilmung "Der talentierte Mr. Ripley" (1999) mit Matt Damon, Gwyneth Paltrow und Jude Law wurde zwar fünf Mal für einen Oscar nominiert, ging aber leer aus. Auch für "Cold Mountain" (2003) erfüllten sich die Oscarhoffnungen trotz sieben Nominierungen nur für Renee Zellweger als beste Nebendarstellerin. "Er machte wunderschöne Filme, er wird damit ein riesiges Erbe hinterlassen", sagte BBC-Produzent Alan Yentob. Trotz seiner Erfolge soll charakteristisch für Minghella gewesen sein, dass er sich seine Filme nie selbst auf der Leinwand anschaute, weil es ihm zu peinlich war.

Auch als Opernregisseur machte Minghella von sich Reden. Puccinis "Madame Butterfly" inszenierte er sowohl an der English National Opera in London als auch an der Metropolitan Opera in New York. Als Schauspieler trat er unter anderem in dem Filmdrama "Abbitte" auf.

Für Überraschung, aber auch negative Kommentare sorgte Minghella 2005 mit einem Wahlspot vor den Parlamentswahlen in Großbritannien: In dem Spot "Tony and Gordon - The Movie" zeigte er die beiden Kontrahenten der Labour-Partei Tony Blair und Gordon Brown in trauter Zweisamkeit. Blair sagte am Dienstag: "Anthony Minghella war ein wundervoller Mensch, kreativ und brillant, aber dennoch bescheiden und zurückhaltend." Er habe ihn als einen "Künstler von höchstem Format" bewundert.

Auch wenn die Todesursache noch unklar war: Fest stand, dass Minghella viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde. Als Produzent sollte er an dem Film "Der Vorleser" mitwirken. Zuletzt war er auch an einem Projekt beteiligt, das deutsche Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" in englischer Sprache zu verfilmen.

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