Premiere

"Pension F." als Spiegel der Gesellschaft

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Das Stück "Pension F." hatte am 23.2. Premiere. Von BBC bis Al-Jazeera waren zahlreiche Medien vertreten.

Viel Lärm um wichtiges Thema
Wer sich von der Premiere des Stückes "Pension F. " ein skandalöses Schauspiel über die Familie Fritzl erwartet hat, lag falsch. Regisseur Hubsi Kramar betonte bereits im Vorfeld mehrmals, dass seine "Pension F." nichts für Voyeure sei und keinesfalls die Amstettener Fritzls zum Thema habe. Das bestätigte sich am Premierenabend mehrmals; Kramar betonte zum Schluss, dass es ihm nur um die "Opfer von Gewalt ginge und den (medialen, bzw. gesellschaftlichen) Umgang mit ihnen."
Das Kleingedruckte lesen
Was die Spekulationen angeht, war besser bedient, wer sich den Untertitel genauer ansah, der war nämlich Programm: "Die ultimative Mediensatire": ist das, was Kramar und sein Ensemble auf die Bühne brachten. Der Zuseher wird konfrontiert mit Liedern wie zu Anfang "Schlüsselloch" und dem grellen "Geiler Geiler", bei dem alle Akteure auf der Bühne, im Rampenlicht, tanzen.
Figuren
Von stereotypischen Kärntnern, zu einem Wetterfrosch bis hin zum rot-weiß-rot gewandeten "Help-Man" ist bei "Pension F." vom Rolleninventar her alles zu finden. Natürlich auch Opfer. Doch die werden nicht undifferenziert als solche gezeigt, der Blick des Zusehers soll erkennen, dass unsere Gesellschaft zwar nicht immer wegsieht, aber zu oft aus Sensationsgier hinsieht.
Aussage
Videoinstallationen diverser reißerischer Berichterstattungen, die vor der Premiere stattfanden, Improvisation, Sangeseinlagen und Revue - das alles wurde dem Premierenpublikum vorgesetzt. Zum krönenden Abschluss wurde eine Gitarre zertrümmert. Hubsi Kramar sprach direkt im Anschluss an die Vorstellung, darüber, wieso es die Produktion gebe. Der Grund: er möchte, dass den Opfern von (häuslicher, sexueller) Gewalt geholfen werde. Seine Worte lösten betretenes Schweigen aus und hoffentlich einiges an Reflektionen im Publikum.
Szene und Video-Installation
Zwei weitere Programmpunkte bot der Premierenabend noch: Eine Installation mit zwei Schauspielern (grandios: Patrik Huber), die auf verstörende Weise Missbrauch thematisierte. Ein Mann, dessen weiße Kleidung mit Plastikpuppen bestückt ist, leint ein junges Mödchen an, das regungslos auf einem Sessel sitzt, der in einer Blutlache steht. Als die beiden sich küssen, rinnt Blut aus ihren beiden Mündern. Die Szene wird begleitet von immer lauter und intensiver werdenden Musik... Den Abschluss bildete die Videoinstallation einer Theaterstück-Lesung (geschrieben von Karin Marinho), die zum Thema den sexuellen Missbrauch in der Familie mit all seinen widerlichen Auswüchsen hat.
Manifest für Verantwortung: Vom Nestbeschmutzer zum Nestaufräumer
Hubsi Kramar geht es in seiner Produktion um den verantwortungsvollen Umgang mit Gewaltopfern, um Zivilcourage und Reflektion. Kramar: "Wir entscheiden, wie unser Umgang mit Opfern ist". Einmal mehr hält uns die Kunst einen Spiegel vor, und das ist gut so.

Infos zum Stück
"Pension F. ehemals Pension Fritzl. Die ultimative Mediensatire", Regie: Hubsi Kramar, 3raum-anatomietheater, Wien 3, Beatrixgasse 11, Weitere Vorstellungen am 25., 26., 27., und 28. Februar, 19.30 Uhr, Wiederaufnahme am 15., 16., 17., 18. April, Information und Karten unter 0650 / 32 33 377, http//www.3raum.or.at

Fotos: (c) APA/Andreas Pessenlehner

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