Robin Hood

Russell spielt "richtigen Motherfucker"

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Regisseur Ridley Scott betont die Radikalität seiner 'wahren' Hood-Verfilmung.

Erstmals den "wahren Robin Hood" auf die Leinwand zu bringen, hat Hollywood-Regisseur Ridley Scott im Vorfeld angekündigt. Denn der legendäre Volksheld sei eigentlich ein "richtiger Motherfucker" gewesen. Von der offensichtlich intendierten Radikalität ist im diesjährigen Eröffnungsfilm der 63. Filmfestspiele von Cannes zwar nicht viel zu bemerken, dennoch ist Scotts Version des Historienepos - mit Russell Crowe und Cate Blanchett in den Hauptrollen - durchaus ungewöhnlich geraten. Einen Tag nach der Uraufführung in Cannes läuft "Robin Hood" am Donnerstag, 13.5. regulär im Kino an.

Kein edles Rittertum
Ridley Scott, nicht zuletzt seit "Königreich der Himmel" mit der Zeit der Kreuzzüge vertraut, setzt Ende des 12. Jahrhunderts bei der Rückkehr der Kreuzritter von König Richard Löwenherz an. Doch so edel, wie das in zahlreichen Kino- und Fernsehverfilmungen gerne dargestellt wurde, wirken hier weder der Herrscher noch das erschöpfte Heer. Um die eigenen Leute bei Laune zu halten, wird eine französische Burg belagert. Der Bogenschütze Robin Longstride (Crowe in seiner fünften Zusammenarbeit mit Scott) vertreibt sich die Zeit währenddessen als Hütchenspieler - und ist dabei nicht nur geschickt, sondern auch noch grundehrlich.

Eindimensionale Charaktere
Viel mehr an Charakterzuschreibungen ist für den Protagonisten gar nicht nötig, denn die meisten Figuren bleiben im weiteren Verlauf ohnehin recht eindimensional. Sir Godfrey (Mark Strong), der heimlich die Invasion der Franzosen vorbereitet, ist brutal und intrigant, Prinz John (Oscar Isaac) entpuppt sich als naiv, nichtsnutzig und hintertrieben. Nur als Randfiguren treten Little John, Bruder Tuck und der sonst übliche Antagonist, der Sheriff von Nottingham, in Erscheinung. Ridley Scott widmet sich im Wesentlichen dem Werdegang von Robin Longstride, der sich zwischendurch als Robert Loxley ausgibt und schließlich als Robin Hood endet - quasi vom Kreuzritter zum Outlaw in 140 Minuten.

Langatmig
Dass das Werk dabei teils recht langatmig wird, liegt nicht zuletzt an den offenbar unvermeidlichen Vaterkonflikt-Rückblenden, die Robins Kampf für die persönlichen Freiheiten psychologisch begründen sollen, sowie am Versuch, die wirtschaftlichen und politischen Begleitumstände so exakt wie möglich zu schildern. Hier wird viel geredet, viel diskutiert, gerät selbst ein Kurzauftritt Robins bei einer öffentlichen Versammlung mit dem König und Baronen zum Plädoyer für liberale Selbstbestimmung - frei nach dem Motto "my home is my castle". Für Romantik ist hier kein Platz; die Verbindung mit Lady Marion (Blanchett), der Witwe des gefallenen echten Loxley, ist (zumindest anfangs) eine reine Vernunftehe.

Packend trotz Schwächen
Ridley Scott ("Gladiator", "American Gangster") hat einen klassischen ersten Teil abgeliefert, wie auch die Inschrift "... and so the legend begins" am Ende andeutet, quasi einen Pilotfilm für das kommende Leben von Robin im Sherwood Forest. Und trotz seiner Schwächen ist "Robin Hood" über weite Strecken auch ein packender Film geworden, mit elegant inszenierten Kampfszenen, harten Alltagseinblicken, düsteren Exzessen und breitem britischen Dialekt, weit weg von Errol Flynns Mythos-Verkörperung von 1938 oder Kevin Costners romantischer Heldensaga von 1991. Nur dass Marion am Ende mit in die Schlacht gegen die anrückenden Franzosen reiten muss, hätte sich Scott definitiv sparen können.

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