"Tatort"-Star

Krassnitzer: Zum 40. Mal auf Mörderjagd

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Harald Krassnitzer gibt seit 17 Jahren den "Tatort"-Kommissar.

Fast hätte er sein eigenes Jubiläum verpasst. „Ich muss zugeben, dass ich jemand bin, der mit Zahlen nicht gut umgehen kann und dass ich diesen Tatort deshalb bisher noch gar nicht als meinen 40. wahrgenommen habe“, schmunzelt Publikumsliebling Harald Krassnitzer (55) beim Set-Besuch anlässlich seines Jubiläumskrimis.

"Tatort"-Dreh
Noch bis Ende April dreht der beliebteste TV-Kommissar des Landes in Wien seinen neuesten Krimifall Wehrlos, eine brisante Geschichte, die sich um Mobbing und Psychoterror innerhalb des Polizeiapparats dreht (ORF-Ausstrahlung voraussichtlich 2017).

Brandaktuell
Gesellschaft­liche Einblicke wie diese sind es, die Krassnitzer auch nach 39 Fällen und 17 Jahren im Kommissariat nicht amtsmüde werden lassen. „Unsere Geschichten sind sehr aktuell, auf den Punkt“, so der Schauspieler im ÖSTERREICH am SONNTAG-Interview (siehe unten).

Einst und jetzt. Am 17. Jänner 1999 lief Harald Krassnitzers allererster Krimifall Nie wieder Oper im ORF. „Als ich für den Tatort engagiert wurde, habe ich, glaube ich, lange gar nicht realisiert, was da wirklich passiert“, erinnert er sich heute. Seine Figur, Moritz Eisner, sei durch die Jahre „ein bisschen weicher“ geworden. 2011 bekam sie weibliche Unterstützung im Kommissariat, in Form von Bibi Fellner (Adele Neuhauser).

TV-Star privat
Krassnitzer macht auch abseits des Tatorts und des TV-Schirms von sich reden. Er engagiert sich regelmäßig für politische und soziale Belange, setzte sich zuletzt etwa öffentlich für Flüchtlinge ein. Privat ist er seit 7. Juli 2009 mit der deutschen Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer verheiratet und lebt mit ihr und ihrem Sohn in Wuppertal.

A. Hofer, B. Ofner

Das Interview

ÖSTERREICH: Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie als „Tatort“-Kommissar engagiert wurden?
Harald Krassnitzer: Ich habe mich sehr gefreut, habe aber lange nicht realisiert, was das jetzt heißt. Ich weiß noch, dass mein erster Dreh in Tirol war. Die Arbeit am Set bleibt mir mehr in Erinnerung als Telefongespräche.

ÖSTERREICH: Was war bis jetzt Ihr persönliches „Tatort“-Highlight?
Krassnitzer:
Da gibt es viele und auch viele Momente, wo man Selbstzweifel hat, weil etwas nicht gelungen ist. Aber mit einem ­gewissen Alter merkt man, dass das Leben nicht linear, sondern in Amplituden läuft und Ausschläge unterschiedlichster Art hat. Ich habe viele getroffen, die an Ausschlägen nach unten oder oben gescheitert sind. Ich durfte aus beidem lernen. Weil einem klar wird, dass es immer Dinge gibt, die ­eine wesentlich höhere Wertigkeit haben: Ich habe noch kein Leben gerettet. Ich habe noch nicht einmal ein Haus gebaut, ich habe eines gekauft. Ich habe noch nicht wirklich ein Kind gezeugt, sondern eines erzogen. Ich habe den Baum gepflanzt, zwei sogar, weiß aber noch nicht genau, was aus denen geworden ist.

ÖSTERREICH: Wie gehen Sie mit Kritikern um?
Krassnitzer:
Ich glaube, dass der Beruf im Wesentlichen darin besteht, dass dich jeder immer bewerten kann. Du bist sozusagen immer ausgeliefert. Das schafft natürlich Diskrepanz. Du legst dir entweder eine ganz dicke Haut zu, dann wirst du ein Zyniker. Oder du nimmst alles für bare Münze, dann hast du eine Achterbahnfahrt. Denn dann liest du eine Kritik, wo drinsteht toll, dann die nächste, eine negative, und du bist fertig. Du bist im Grunde in diesem Beruf oft sehr wehrlos.

ÖSTERREICH: Nach 40 Mordfällen: Wie hat sich Ihre Figur Moritz Eisner verändert?
Krassnitzer:
Er ist ­etwas weicher geworden. Das mag eine gewisse Alterssentimentalität sein oder aber der eine oder andere Moment, in dem man darüber nachdenkt, mit welcher unglaublichen Fahrlässigkeit wir mit Waffen um­gehen. Ich denke mir manchmal im Spiel, was tue ich da gerade, ich habe jemanden erschossen. Denn auch die Simulation ist Teil der Realität. Dazu gibt es die Gratwanderung zwischen Rechtsstaatlichkeit und dem, was jeder für sich als richtig oder falsch empfindet. Wir erleben das auch in der Realität, 
in der Diskussion um das Asylgesetz. Da wird Rechtsstaatlichkeit praktiziert, die aber manchmal nicht nachvollziehbar ist.

ÖSTERREICH: Was reizt Sie nach 40 Folgen noch am „Tatort“?
Krassnitzer:
Ich bin durch und durch beseelt von den Geschichten, die ja immer sehr aktuell ist, manchmal fast zu aktuell. Wir wollten einen Krimi über den IS machen, aber dann kam uns Brüssel dazwischen und wir dachten, das geht jetzt nicht. Oder es gab einen Fall, in dem es ­darum geht, dass wir jungen Menschen keine Zukunft mehr versprechen können. Da sind wir mit der Geschichte am Punkt.

ÖSTERREICH: Heute wird der neue Bundespräsident gewählt. Wen wünschen Sie sich?
Krassnitzer:
Ich bin sehr gespannt. Ich glaube an eine Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer. Ich wäre sehr überrascht, wenn die Kandidaten der beiden großen Parteien weiterkommen, wobei mir das durchaus wünsche.

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