Der große Spaß am bunten Stilmix

Homestory 46

Der große Spaß am bunten Stilmix

Dieses Haus im Grüngürtel von Wien - im Jahr 1949 vom Josef-Hoffmann-Schüler Oswald Haerdtl gebaut - ist ein Klassiker. Auch die heutige Besitzerin zeigt jetzt, 58 Jahre später, mit wie viel Klasse man sein eigenes Reich zu einer individuel­len Wohnoase gestalten kann – ohne sich jeglichem modischen Diktat unterwerfen zu müssen. Die Rede ist von Susanne Wirth-Wassak: Einrichtungsexpertin, Dekorations­fan, stolze Mutter und "glückliche" Besitzerin eines knuffigen Hundes namens Happy. "Beim Wohnen kommt es nicht allein auf Möbel an. Gute Atmosphäre bringt erst die Dekoration", lautet das Credo der leidenschaftlichen Bewohnerin ihres Elternhauses. "Meine Persönlichkeit will ich auch beim Wohnen voll zur Geltung bringen. Gefallen muss es schließlich nur mir", bringt sie es auf den Punkt. Kleine Spannungen, "Disharmonien", wie sie es formuliert, sind für die Einrichtungsexpertin erst das Salz in der Suppe. Kurz: „Es muss nicht immer alles nach der üblichen Konvention gehen.“ Nachsatz: und schon gar nicht nach der Mode. "Niedrige Sofas und Couchlandschaften mögen zurzeit vielleicht gerade im Trend sein. Aber sind sie deswegen auch gemütlich?"

Diese zitierten Spannungen und Disharmonien fallen auf den ersten Blick nicht wirklich auf. Erst bei näherer Betrachtung versteht, ja erkennt der Besucher, was Susanne Wirth ausdrücken will: individuelle Persönlichkeit. Es sind vor allem die vielen verschiedenen Farben, die in dieser Wohnung sofort ins Auge stechen - und ein wenig gewöhnungsbedürftig sind. Denn eine exakte Ton-in-Ton-Abstimmung sucht man auf den 170 Quadratmeter Wohnfläche in der unteren Etage der Villa vergeblich. Doch vom unbeherzten Griff in den Farbtopf kann keine Rede sein. "Ich mische die Farben so, wie sie nach meinem Gefühl zusammenpassen", sagt Susanne Wirth. Genau dies kommt bei der Dekoration am besten zur Geltung. Eine bunte Mischung, eine Vielfalt der Stile präsentiert sich dem Besucher: ein wenig Ethno, ein paar aktuelle Designklassiker, viel Grün – und eine den Jahreszeiten entsprechende regelmäßige Neu- und Umdekoration durch die Hausherrin.

Apropos modernes Design: Susanne Wirth gehörte zu einer Zeit, als Alessi noch mit einem Scheuermittel verwechselt wurde, zu den ersten Wohnberaterinnen Wiens, die Entwürfe des heutigen Trendgurus Phi­lippe Starck nach Österreich brachte. „Den Kunden hat das gar nicht so gefallen“, erinnert sie sich und erzählt: „Niki Lauda hat mir damals einen Sessel abgekauft, weil er ihn an die Karosserie eines Autos erinnerte.“ So ein Starck-Sessel, genannt „Richard III“, steht heute noch im Wohnzimmer. „Aber nicht weil der Lauda einen hat, sondern weil er mir nach wie vor ­gefällt“, vergisst Susanne Wirth nicht zu betonen. Dass sich die Propor­tionen der Räume beinahe ­ideal am sogenannten Goldenen Schnitt orientieren, versteht sich bei der Güte des Architekten von selbst. Und dass die Räume vergleichsweise niedrig sind, stört Susanne Wirth-Wassak nicht: „Ich gehöre zu den wenigen Menschen, die hohe Räume von Altbauten nicht mögen.“ Gute Proportionen, unterstützt von gutem Licht, sind für sie viel wichtiger.

Der zentrale Wohnbereich der Familie ist die Küche, die bis vor Kurzem noch das Elternschlafzimmer war. Von der großen Flügeltür erstreckt sich eine 16 Meter lange Flucht bis ins Wohnzimmer: Die Küche selbst präsentiert sich funktionell, mehr als Wohn- denn als Küchenraum. Die Küchenzeile wurde von Ehemann Andreas Wassak, selbst Tischler, unauffällig in den Raum eingebaut. Auf Hängeschränke wurde zugunsten eines großen Einbauschranks an der Stirnseite des Raums bewusst verzichtet. Ein gemütlicher Esstisch, bunt von einer dekorativen Lampe beleuchtet, rundet dieses gelungene Ensemble perfekt ab.

Das Schlafzimmer der Eltern selbst befindet sich seit Kurzem im Keller des Hauses: Doch wer hier ein dunkles und feuchtes klei­nes Kämmerchen vermutet, der irrt gewaltig. Das ehemalige Lager für den Öltank wurde großzügig mit einem unterirdischen Wintergarten inklusive Glasoberlicht zu einem Schlafraum umgebaut. Über eine knallrote Wendeltreppe aus Stahl lässt sich das zusätzliche Zimmer direkt von der Diele aus begehen. Ein wenig Neid lässt sich beim Anblick der Saunalandschaft und des großzügigen Badezimmers nicht verleugnen - von Kellermief keine Spur!

Auch das Wohnzimmer überzeugt durch sein individuelles Ambiente. In diesem Raum ist die Wohnphilosophie von Susanne Wirth so gut wie ideal umgesetzt: Ein charmanter pastellgelber Farbton an den Wänden erzeugt automatisch ein Lächeln in den Gesichtern der Besucher. Die eingebauten Bücherschränke stammen noch vom Architekten Oswald Haerdtl und fügen sich heute wie damals nahtlos in die perfekte Proportion des Raums ein. Die Sitzmöbel sind allesamt im Stil höchst unterschiedlich (hier steht auch der erwähnte Philippe-Starck-Sessel) und unterstützen die von der Hausherrin zitierte Vielfalt der Stile. Dies spiegelt sich auch beim Esstisch wider: Auffallend sind die Stahlrohrsessel aus den 30er-Jahren von René Herbst in Verbindung mit einem modernen Esstisch. "Eigentlich habe ich den Entwurf dafür gemacht", erzählt Susanne Wirth, "doch mein Mann hat meine Ideen ignoriert und einen Tisch nach seinen Vorstellungen gebaut."

Ein eheliches Problem sozusagen. Ganz egal - es passt und gefällt …

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