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Der "Meister der tanzenden Häuser" feiert Geburtstag. Seinen Häusern wird nachgesagt, sie sehen aus, als hätten sie gerade Erdbeben überstanden.


Stararchitekt Frank Gehry wird 80
© oe24
Frank Gehry


Frank Gehrys Nachbarn "went bananas", drehten durch, als er vor 30 Jahren sein Haus im kalifornischen Santa Monica umbaute. Mit Wellblech, Maschendraht und einem verkanteten Glaskubus hatte der US-Kanadier aus dem alten, schindelverkleideten Einfamilienheim ein skurril-avantgardistisches Luftschloss der Fantasie gemacht. Inzwischen ist das Haus längst ein Wallfahrtsort für alle Kunstliebhaber - und Frank Gehry einer der wichtigsten und einflussreichsten Architekten der Welt. Am Samstag (28. Februar) wird der "Meister der tanzenden Häuser" 80 Jahre alt.

Gehrys Bauten sehen aus, als hätten sie gerade ein Erdbeben überstanden. Das Guggenheim-Museum in Bilbao, die Disney-Konzerthalle in Los Angeles oder der Neue Zollhof in Düsseldorf - sie alle zeichnen sich durch kippende Linien, ineinander verschobene Räume und gebrochene Perspektiven aus. "Ich mag diese weiße Schuhschachteln nicht", sagte Gehry, als er im vergangenen November die von ihm neu gestaltete Art Gallery of Ontario (AGO) in Toronto vorstellte. "Neutralität ist nicht neutral, sie entwertet Kunst."

Mit dem von der Kritik begeistert gefeierten Museumskomplex schuf Gehry erstmals ein Bauwerk in seiner kanadischen Heimat. 1929 als Sohn jüdischer Einwanderer aus Polen geboren, war Ephraim Goldberg - so sein bürgerlicher Name - in einfachsten Verhältnissen in Toronto aufgewachsen. "Meine Großmutter ging immer zu so einem kleinen Tischler um die Ecke und holte Holzabfälle. Und dann setzte sie sich zu mir auf den Boden und wir bauten Häuser und Städte und so'n Zeug", erzählte er. "Ich weiß nicht, warum sie das gemacht hat. Aber es ist mein Leben geworden."


Stararchitekt Frank Gehry wird 80
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Mit 17 geht Gehry nach Amerika, schlägt sich als Lastwagenfahrer und Flugzeugwäscher durch und macht nach einem Architekturstudium in Los Angeles und Harvard 1962 schließlich sein eigenes Büro in Los Angeles auf. Es ist ein hartes Geschäft, bis er 1991 den Auftrag für das sechs Jahre später eröffnete Guggenheim-Museum in der baskischen Industriemetropole Bilbao bekommt. Sein an ein riesiges Traumschiff erinnerndes Design mit der spektakulären Dachkonstruktion aus silbern funkelndem Titan macht ihn international zum Guru der modernen Architektur.

Weitere Markenzeichen werden das "Tanzende Haus" in Prag, das "American Center" in Paris und vor allem die 2003 nach einer langen Leidensgeschichte eingeweihte Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, die mit ihrer faszinierenden Mischung aus poliertem Edelstahl und warmem Holz als die vielleicht schönste Konzerthalle der Welt gilt. Zu den wichtigsten Bauten in Deutschland gehören neben dem Düsseldorfer Zollhof der Gehry-Tower in Hannover und das Gebäude der DG-Bank am Pariser Platz in Berlin.

"Immer der gleiche Gehry, nur eine andere Stadt", sagen Kritiker. Doch die meisten Menschen sind fasziniert von dem Mut, der Lebensfreude und der überbordenden Fantasie, mit denen der Pritzker-Preisträger seinem Material Leben verleiht. Laufende Vorhaben sind das "Museum der Toleranz" in Jerusalem und ein Großprojekt in Abu Dhabi. "Der ausschlaggebende Faktor ist die Frage: Kann ich es fertigkriegen, solange ich lebe?", sagte Gehry schon vor drei Jahren.

Seine Firma in Los Angeles hat inzwischen 165 Leute. Außer Gebäuden entwirft der Stararchitekt auch Möbel ("Easy Edges", "Knoll International"), Schmuck und Haushaltsgegenstände. Daneben bietet er in einem eigenen Unternehmen Gehry Technologies eine spezielle Architekten-Software an, die durch das Umrechnen von 3-D-Modellen in mathematische Formeln die technische Umsetzung der Pläne erleichtert und eine genaue Kostenkontrolle erlaubt. "Dabei weiß ich selbst kaum, wie man einen Computer anmacht", schmunzelt er gern.

Kann es nach so viel Erfolg noch Träume geben? "Ich wollte immer gern ein Krankenhaus, eine Kirche oder eine Synagoge bauen", gestand Gehry kürzlich. "Aber ich bewerbe mich nicht drum. Ich warte, bis es kommt - da bin ich abergläubisch."
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