200 Mrd. Euro Ausfall

Haselsteiner empfiehlt Griechen-Insolvenz

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Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner empfiehlt, Griechenland "kontrolliert insolvent werden" zu lassen. Banken, die bisher die höhere Rendite griechischer Staatsanleihen kassiert und damit spekuliert haben, müssten nun auch die Kosten tragen, sagte der Unternehmer am Rande seiner Bilanzpressekonferenz.

Wenn andere Staaten jetzt Griechenland aushelfen, dann würde erst die Auszahlung dieser spekulativ hohen Renditen ermöglicht, argumentiert Haselsteiner. Es müsse daher "irgendein Insolvenzverfahren" geben.

Folgen für den Euro befürchtet Haselsteiner nicht. Auch einen Ausschluss Griechenlands aus de Eurozone wünscht der Unternehmer nicht, nur wenn die Regierung des Landes selber das wünschen sollte, solle man es ermöglichen.

Wer spekuliert hat, muss auch Risiko tragen

Haselsteiner hegt auch starke Zweifel, dass der Geldbedarf - nach derzeitigem stand 135 Mrd. Euro über drei Jahre - halten wird. Das würden wohl zumindest 200 Mrd. Euro, mutmaßt er.

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Griechenland müsse unter Aufsicht eines "Insolvenzverwalters" wie der "Pariser Club" gestellt werden, sonst würde sich die Bevölkerung die nötigen massiven Einschnitte "nicht gefallen lassen". Der Pariser Club mit 19 ständigen Mitgliedern vermittelt zwischen verschuldeten Staaten und ihren Geldgebern.

Treffen der Euro-Finanzchefs am Sonntag in Brüssel

Die milliardenschweren Hilfen für Griechenland sind am Sonntag Thema bei einem Krisentreffen der Euro-Länder. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, berief die Finanzminister der 16 Euro-Staaten für 16.00 Uhr am Sonntag ein, wie sein Sprecher am Freitag bestätigte. Es gehe nicht um eine Telefonkonferenz, sondern um ein echtes Treffen, sagte der Sprecher.

Im Anschluss an das Treffen werde es eine Pressekonferenz geben, sagte der Sprecher. Bei dem Treffen sollen die Ergebnisse der Gespräche von EU-Kommission, EZB und IWF mit der griechischen Regierung über die geplanten Sparmaßnahmen für das Land besprochen werden. Die Finanzminister der Eurozone sollen darüber entscheiden, ob das Maßnahmepaket den Anforderungen für Hilfen genügt.

Die Euro-Länder und der IWF haben Griechenland alleine für dieses Jahr bis zu 45 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Die Regierung in Athen will sich bis Sonntag mit der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Bedingungen für die Hilfen verständigen. Die Euro-Staaten müssen die Hilfen dann noch einstimmig verabschieden.

So wollen die Griechen sparen

In Athen sind bereits die Grundrisse des erweiterten Sparprogramms bekanntgeworden, die harte Einschnitte für die Griechen vorsehen:

Einfrieren der Gehälter: Im staatlichen Sektor sollen die Gehälter für mindestens drei Jahre eingefroren werden. Dies soll Einsparungen von vier Mrd. Euro bringen.

Gehaltskürzungen für Staatsbedienstete: das 13. und 14. Monatsgehalt soll komplett wegfallen, bisher waren Kürzungen vorgesehen.

Einstellungsstopp: Im staatlichen Sektor soll auf unbestimmte Zeit niemand eingestellt werden.

Pensionskürzungen: Auch die Rentner sollen ihre 13. und 14. Monatsbezüge verlieren. Insgesamt sollen die öffentlichen Kassen dadurch um zwei Mrd. Euro entlastet werden.

Pensionsalter: Die Griechen sollen später in Pension gehen. Das durchschnittliche Pensionsalter soll von 61,3 auf 63,4 Jahre steigen.

Steueranhebungen: Die Mehrwertsteuer soll von 21 auf möglicherweise 23 Prozent klettern - die zweite Anhebung seit Jahresbeginn. Auch die Steuern auf Tabak, Spirituosen und Kraftstoff sollen steigen - zum dritten Mal seit Jahresbeginn. Schon zuvor war beschlossen worden, dass Immobilienbesitzer sowie Luxusgüter wie Autos und Yachten höher besteuert und hohe Einkommen mit einer Sondersteuer belegt werden.

Griechenland soll auch an sein Tafelsilber gehen: Staatliche Beteiligungen sollen verkauft, Staatsunternehmen abgeschafft werden. Außerdem sollen mehrere Krankenhäuser schließen oder fusionieren. Die Zahl der Städte und Gemeinden sollen zudem von heute 1.300 auf 340 reduziert werden. Dadurch könnten Stellen abgebaut werden.

Cernko kritisiert EU-Krisenmanagement

Der Vorstandschef der UniCredit-Tochter Bank Austria, Willibald Cernko, hat das Krisenmanagement der EU für das schwer verschuldete Griechenland kritisiert. "Man steht am Ufer mit den Rettungsringen und diskutiert, wer wann den Ring werfen wird, im Wissen dass es eine Tsunami-Warnung gibt", so Cernko im Interview mit den "Salzburger Nachrichten". Niemand zweifle, dass geholfen werden müsse, aber den Spekulanten werde durch ein derartiges Verhalten Tür und Tor geöffnet.

Das Beispiel Griechenland werde bewusst machen, "dass wir mehr Europa brauchen", meint Cernko - neben der gemeinsamen Geldpolitik auch eine gemeinsame Fiskal- und Wirtschaftspolitik. Sonst könne die Solidarität nicht gelebt werden.

Das konkrete Engagement der Bank Austria in Griechenland nennt Cernko nicht: "Wir sind in einem überschaubaren Ausmaß engagiert, es besteht kein Anlass zur Sorge". Eine Umschuldung könne erst diskutiert werden, wenn alles für eine Sanierung gemacht sei.

In Osteuropa habe sich dagegen die Lage merklich aufgehellt, zwischen den einzelnen Ländern gebe es aber deutliche Unterschiede. Angesichts der Eröffnung von 100 Filialen in der Türkei und in Tschechien bleibe die Region "für Europa die Wachstumsregion schlechthin", betonte der Banker.

Für das eigene Institut zeigt sich Cernko vorsichtig optimistisch. Bei den Wertberichtigungen sollte man die Spitze gesehen haben, nun werde man schrittweise Fahrt aufnehmen. Unbestritten gebe es heuer noch einmal hohen Vorsorgebedarf. "Die Krise ist ja nicht zu Ende", das Umfeld bleibe sehr volatil.

Deutsche Institute sagen Griechen-Hilfspaket zu

Die deutschen Finanzinstitute sind bereit zu einer Beteiligung an den Hilfen für Griechenland. Ein Konsortium aus einer Handvoll Banken, Versicherer und bisher einer Industriefirma habe bisher Gelder von 1-2 Mrd. Euro informell zugesagt, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person zu Reuters.

Um welche Art der Hilfen es sich dabei handle, sei im Detail noch nicht geklärt. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann helfe bei der Zusammenstellung des Rettungspakets. Der Schweizer sei nach Beratungen mit Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble tätig geworden.

Eine andere mit den Plänen der Banken vertraute Person fügte hinzu, eine freiwillige Beteiligung der Institute an den Hilfen für das schuldengeplagte Griechenland "sei eine sehr intelligente Lösung". Es müsse ein Betrag von 6-7 Mrd. Euro zusammenkommen, um ein symbolisches Zeichen zu setzen.

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