121 Mio. Euro Plus

Spekulations-Ende peppt ÖBB-Bilanz auf

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Die ÖBB konnten 2009 durch das Beenden eines verlustreichen Spekulationsgeschäft die Bilanz aufschmücken und damit unterm Strich positiv bilanzieren. Das Konzernergebnis drehte von -970 Mio. Euro im Jahr 2008 auf +121 Mio. Euro im Vorjahr.

Ohne den Einmaleffekt durch die Beendigung des 612,9 Mio. Euro-Spekulationsdeals mit der Deutschen Bahn wäre das Ergebnis bei -40 Mio. Euro gelegen, hieß es in der Vergangenheit von der Bahn. Rund 300 Mio. Euro des hochriskanten Finanzgeschäftes wurden von den ÖBB in den Sand gesetzt, aber schon in den Jahren zuvor abgeschrieben.

Der Personenverkehr konnte 2009 trotz Krise stabil gehalten werden, allerdings gab es im Güterverkehr ein Minus von fast 10 %. Dies war allerdings kein Bahnspezifikum, auch die Frächter mussten im Vorjahr deutlich Federn lassen.

Gleichzeitig hat die Bahn aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung 2 Mrd. Euro in den Schienenausbau investiert. Für heuer versprach der scheidende Bahnchef Peter Klugar das "Jahr der Umsetzung". Er hat dafür noch rund ein Monat Zeit, dann wird er vom ehemaligen Verbund-Vorstand Christian Kern abgelöst, der wie Klugar als SPÖ-nahe gilt. Der Güterverkehr sei heuer jedenfalls recht gut angelaufen, erklärte er.

83,4 Mio. Euro weniger Umsatz

Die Gesamterträge sind 2009 um 83,4 Mio. auf 5,748. Mrd. Euro gesunken. Dem gegenüber steht ein Rückgang der Materialaufwendungen um 178 Mio. auf 1,905 Mrd. Euro.

Die Personalkosten sind aufgrund von Rückstellung für die Fahrbegünstigung und für das Pflegegeld und vor allem dem Hinzukommen der Rail Cargo Hungaria von 2,303 Mrd. auf 2,329 Mrd. Euro angestiegen. Der Personalaufwand konnte unter Berücksichtigung dieser Sondereffekte gegenüber dem Vorjahr gesenkt werden. Ende 2009 arbeiteten 45.186 Personen im ÖBB-Konzern, um 1.114 Mitarbeiter unter Berücksichtigung der Rail Cargo Hungaria und sonstiger neuen Beteiligungen weniger als Ende 2008. Die Zahl der Lehrlinge stieg von 1.424 auf 1.581.

Auf den Nahverkehr entfielen 173 Mio. Reisende, auf den Fernverkehr 33 Mio. Die Fahrgastzahlen der ÖBB-Postbus blieben mit 247 Mio. Passagieren stabil. Beim gemeinsam mit der Flughafen Wien betriebenen City Airport Train (CAT) wurden die Fahrgastzahlen auf rund 1,2 Mio. gesteigert.

Positiv war das Ergebnis auf der rollenden Landstraße (ROLA) am Brenner: 225.000 Lkw wurden dort auf der Schiene im Vorjahr transportiert - ein Plus von 12,5 % zum Rekordjahr 2008. Im Geschäftsbereich Kraftwerke wurde 2009 die Ausbauoffensive fortgesetzt. Bis 2016 sollen rund 700 Mio. Euro in die Effizienzsteigerung und den Neubau von Kraftwerksanlagen zur Bahnstrom-Erzeugung investiert werden.

Güterverkehr spürt Krise massiv

Während die ÖBB-Personenverkehr AG und die -Infrastruktur AG 2009 positiv bilanzierten, musste die Güterverkehrstochter der Bahn, Rail Cargo Austria (RCA), krisenbedingt massive Einbußen hinnehmen. Die Gesamterträge sind bereinigt um die ungarische Rail Cargo Hungaria um 518 Mio. Euro auf 2,029 Mrd. Euro eingebrochen. Das Minus konnte großteils durch Einsparungen beim Material kompensiert werden, betonte ÖBB-Finanzvorstand Josef Halbmayr am Montag bei der Bilanzpressekonferenz.

Der Umsatz ging hingegen nicht so stark zurück wie befürchtet, er verringerte sich von 2,475 auf 2,210 Mrd. Euro. Unterm Strich fuhr die RCA 2009 einen EBIT-Verlust von 101,8 Mio. Euro ein - nach einem Minus von 64,7 Mio. Euro im Vorjahr. Die ehemalige ungarische MAV Cargo hatte somit einen erheblichen Anteil am Verlust der ÖBB-Güterbahn.

Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EBT) hat sich vor allem wegen des positiven Finanzergebnisses (24,3 nach -267,6 Mio. Euro) bzw. der Beendigung des umstrittenen Spekulationsgeschäfts mit der Deutschen Bank von minus 332,3 auf minus 77,5 Mio. Euro verbessert.

Das Eigenkapital der RCA ist hingegen seit Anfang 2008 drastisch geschrumpft, hat sich von 790,36 Mio. Euro am 1.1.2008 auf 365,56 Mio. Ende 2009 mehr als halbiert. Im gesamten ÖBB-Konzern hat sich das Eigenkapital um 5,8 Prozent auf 1,824 Mrd. Euro reduziert.

Teilweise ging der Rückgang beim RCA-Materialaufwand zulasten anderen Konzerngesellschaften, sagte Halbmayr. Das Infrastrukturbenützungsentgelt (IBE, "Schienenmaut") an die ÖBB-Infrastruktur AG etwa ging gegenüber 2008 um 23,7 Mio. Euro zurück.

Nachholbedarf bei Infrastruktur

"Die RCA steht mitten im Regen", meinte der Finanzvorstand. Bahn-Boss Peter Klugar sieht aber die Talsohle im Güterverkehr durchschritten, das Transportvolumen steige wieder an. 2009 sank die Tonnage in Österreich um rund 10 Mio. auf 88,4 Mio. Tonnen. Inklusive Rail Cargo Hungaria wurden 120,3 Mio. Tonnen (+21,8 Mio. Tonnen) befördert. Andere europäische Güterbahnen hätten Rückgänge von 25 bis 50 Prozent hinnehmen müssen, relativierte der neue ÖBB-Holding-Vorstand Franz Seiser. In Ungarn will die RCA künftig eine eigene Traktion aufbauen, denn bisher sei man "erpresserischen Preissteigerungen" von bis zu 40 Prozent gegenübergestanden.

Bei der Infrastruktur sieht Klugar noch "Nachholbedarf". Im Jahr 2009 wurden insgesamt 2,2 Mrd. Euro in die Bahn-Infrastruktur investiert, davon rund 1,6 Mrd. Euro in Neu- und Ausbauprojekte und rund 570 Mio. Euro in das bestehende Streckennetz. Ziel sei die Erhöhung der Kapazität, so Klugar. Außerdem seien Vorbereitungen für einen besseren Taktfahrplan zu treffen. Heuer wollen sich die ÖBB auf die Beseitigung der Behinderungen auf der gesamten Weststrecke konzentrieren. Die ÖBB-Infrastruktur AG musste 2009 EBIT-Einbußen von 16 Prozent auf 357,7 Mio. Euro hinnehmen. Die Umsatzerlöse blieben mit 2,075 Mrd. Euro stabil. Das EBT drehte ins Plus und belief sich auf 22,9 Mio. (-129,5 Mio.) Euro.

Auch die ÖBB-Personenverkehr AG, die ihre Zahlen bereits am Freitag veröffentlichte, konnte ihre Umsatzerlöse auf 2,068 (2,033) Mrd. Euro leicht steigern. Das Betriebsergebnis war mit fast 64 Mio. Euro (nach -345,6 Mio. Euro 2008) positiv. Die Zahl der per Bahn und Bus beförderten Fahrgäste ist - nicht zuletzt wegen der Fußball-Europameisterschaft und wegen der hohen Spritpreise 2008 - um 1 Prozent auf 453 Mio. zurückgegangen. Das Investitionsvolumen in den Fuhrpark betrug mehr als 200 Mio. Euro.

ÖBB will 16 "railjet"-Garnituren weiterverkaufen

Klugar bestätigte Überlegungen, 16 "railjet"-Garnituren, die die ÖBB bei Siemens bestellt haben und stornieren wollten, an die tschechische Bahn weiterzuverkaufen. "Das ist eine Möglichkeit, die allerdings noch nicht beschlossen ist." Die Tschechen seien an einem verdichteten Verkehr zwischen Wien und Prag interessiert. Eine weitere Option wäre eine Kooperation mit der tschechischen Bahn, so der scheidende ÖBB-Chef. Somit würden die ÖBB die letzten 16 Züge doch noch los. Insgesamt hat die Bahn 67 "railjet"-Garnituren um mehr als 800 Mio. Euro bei Siemens geordert.

Vor der Liberalisierung im Personenverkehr "fürchten wir uns nicht", sagte Seiser und kündigte an, dass die ÖBB auch heuer "an diversen Ausschreibungen im grenznahen Bereich" teilnehmen wird. Im Konzern müssten die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen "dringend" umgesetzt werden, vor allem die Mitarbeiter-Umschulungen, so Klugar.

ÖBB starten Aktion gegen Schwarzfahrer

Die ÖBB führen unter dem Titel "Aktion Fairness" verstärkte Kontrollen der Fahrkarten durch. Durch Schwarzfahrer entgeht den Bundesbahnen pro Jahr "ein hoher einstelliger Millionenbetrag" an Einnahmen.
Kontrollteams werden ab sofort in allen Zügen und Bahnhöfen der ÖBB Schwerpunktaktionen durchführen. Die Gebühr für Reisende ohne gültigen Fahrausweis beträgt 65 Euro bei sofortiger, 95 Euro bei nachträglicher Bezahlung mit Erlagschein.

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