Konzerthaus-Gig

Morrissey: Verständliche Heldenverehrung

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Brite sang sich durch eine perfekte Songauswahl - Starke Begleitband.

Für Fans ist Morrissey mehr als ein Popsänger. Konzerte des Briten haben längst etwas von Heldenverehrung. Der Auftritt des 52-Jährigen am Donnerstag, 21.7., in Wien machte dieses Phänomen auch für nicht eingefleischte Anhänger verständlich: Es war eine großartige Darbietung einer starken Persönlichkeit, sehr gut bei Stimme, begleitet von einer fantastischen Band, ausgestattet mit einer perfekten Song-Auswahl - und nicht zuletzt mit dem Konzerthaus in einem würdigen Ambiente.

Raritäten
Die Bestuhlung diente eher als Kulisse: Gleich mit dem ersten Takt strömten Besucher nach vorne, sitzen kann man schließlich zu Hause. Kein Wunder, eröffnete doch der Smith-Klassiker "I Want The One I Can't Have" die Show (nachdem sich die englische Indie-Rock-Band The Heartbreaks mit einem ordentlichen ersten Österreich-Gastspiel im Vorprogramm vorstellen durfte). Morrissey sollte an diesem Abend noch weitere, mitunter eher selten solo vorgetragene Stücke seiner früheren Band bringen ("There Is A Light That Never Goes Out"), inklusive einer fulminanten Version von "Meat Is Murder".

Atemberaubend
Überhaupt schneiderte die US-Gruppe auf der gediegen und effizient ausgeleuchteten Bühne für sämtliche Songs ein atemberaubendes Soundgewand. Wobei sich viel Dynamik und Atmosphäre aus der Zusammenstellung der Setlist ergab (inklusive des Lou-Reed-Covers "Satelitte Of Love"): Das Tempo ging auf und ab, auf flotte Tracks (mitreißend gleich am Beginn: "Irish Blood, English Heart") folgten ruhigere, hymnische. Mal gaben schneidige Gitarren ("One Day Goodbye Will Be Farewell") den Ton an, dann wieder trieben kräftige Drums den Rhythmus an (etwa beim eindringlichen neuen Stück "Scandinavia"), wogegen "Action Is My Middle Name" von zarten Pianoklängen eingeleitet wurde.

Theatralisch, perfekte Stimme
Morrissey selbst präsentierte sich theatralisch wie eh und je, perfekt bei Stimme, mit (beinahe möchte man sagen "typisch britischem") Humor und selbstironisch in seiner Rolle als Pop-Idol einer reiferen Generation (herrlich, mit welchen Gesichtsausdruck der Mann seine Fans in der ersten Reihe abklatschte). Und natürlich kritisch: "Gott schütze uns vor Sarah Palin", raunte er gegen Ende, um mit dem Nachsatz "Aber die größte Bedrohung der Menschheit ist die Fleischindustrie" den Smith-Hit "Meat Is Murder" anzukündigen (nicht ohne "Kentucky Fried Shit" zu ätzen). Zu auf eine Leinwand projizierten Bildern von Massentierhaltung entfachte die Gruppe eine gruselige Kakophonie an lärmenden Tönen und setzte den Textinhalt damit perfekt musikalisch um.

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