Tierschützer-Prozess

Beschuldigte bestreiten neue Vorwürfe

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Kurz vor Prozess-Schluss hat der Staatsanwalt den Strafantrag erweitert.

In extrem "kuscheliger" Atmosphäre ist Freitagmittag der Prozess gegen 13 Tierschützer wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation fortgesetzt worden. Der Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wiener Neustadt, in dem bisher verhandelt wurde, war durch den Libro-Prozess blockiert, weshalb die Verhandlung in einen anderen - weitaus kleineren - Saal verlegt werden musste. Wegen akuten Platzmangels saßen Zuhörer, Anwälte und Angeklagte - glücklicherweise waren nur sieben anwesend - dicht gedrängt nebeneinander und mehr oder weniger kreuz und quer im Saal verstreut.

Ausdehnung des Strafantrages
Anstelle der Schlussplädoyers wurde zunächst die gestrige Ausdehnung des Strafantrags durch den Staatsanwalt thematisiert. Sowohl der erstangeklagte Martin Balluch als auch sein Bruder, der Dreizehntbeschuldigte, sollen demnach auch für eine Nerzbefreiung in Heidenreichstein (NÖ) Anfang Juli 1997 verantwortlich sein. Ihnen werden deswegen nun auch Sachbeschädigung, Sachentziehung und Tierquälerei vorgeworfen. Auch der Drittbeschuldigte, dem schon im ursprünglichen Strafantrag diese Tierbefreiung vorgeworfen wurde, muss sich in dem Fall nun zusätzlich wegen Tierquälerei verantworten.

Ex-Tierschützerobmann belastet Angeklagte
Erfolgt ist diese Ausdehnung aufgrund der Zeugenaussage eines Vorgängers von Martin Balluch als Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VgT). Er wurde im Jahr 2002 im VgT wegen Vorwürfen der Untreue abgewählt und liegt seitdem im Dauerzwist mit dem Verein und der jetzigen Führungsriege - und damit den beiden Balluch-Brüdern. Der Zeuge sei "ganz offensichtlich motiviert mit Hassgefühlen und ähnlichem", meinte der Dreizehntbeschuldigte. Seine Aussage sei "insofern bezeichnend", weil sie erst in der Hauptverhandlung getätigt wurde und er davor immer wieder zur Polizei gesagt habe, er bedauere, keine Belastungen liefern zu können.

Beschuldigte bestreiten zusätzliche Vorwürfe und sehen einen Racheakt
Auch der Erstangeklagte wies eine Beteiligung an dem Vorfall entschieden zurück. Er habe England nach einem mehrjährigen Aufenthalt erst am 2. Juni 1997 verlassen und sei dann ab 10. Juni wieder Schritt für Schritt nach Österreich gezogen. "In 15 Tagen müsste ich wildfremde Leute kennenlernen und mit ihnen solche Aktivitäten setzen. Das ist doch sehr unwahrscheinlich", meinte er. Überhaupt sei er den Sommer über noch unterwegs gewesen und habe erst im Herbst begonnen, sich einen Verein zu suchen und sich in Österreich für Tierschutz zu engagieren.

Anwalt vermutet Absprachen zwischen Staatsanwalt und Zeugen
Die Aussage des ehemaligen VgT-Obmanns sei insofern zu bezweifeln, weil ein anonymer Anrufer seiner Kanzlei erst gestern mitgeteilt habe, dass sich der Staatsanwalt mit dem Zeugen getroffen habe und erst seitdem von ihm sämtliche Anschuldigung erhoben wurden, führte Anwalt Stefan Traxler aus. Demnach soll dem Zeugen die Befreiung von einer strafrechtlichen Verfolgung - er hatte sich auch selbst belastet - versprochen worden sein. Staatsanwalt Wolfgang Handler wies dies entschieden zurück. Ein Treffen mit dem Zeugen habe aber schon stattgefunden.

Anwälte fordern Freisprüche und kritisieren Ermittlungen scharf
 Auf Freisprüche plädierten - naturgemäß - die Verteidiger. "Ich werde ihnen das nicht ersparen, Herr Staatsanwalt, zu allen Tatbestandsteilen genau das Gegenteil aufzudecken" , kündigte Anwalt Stefan Traxler an. "Ich erwarte in allen Anklagepunkten einen Freispruch", so Verteidiger Jürgen Stephan Mertens - und, dass in der Staatsanwaltschaft "die Erkenntnis reift, dass man dieses Verfahren nicht in eine weitere Instanz zieht". Er hoffe, dass der "glasklare Freispruch" auch eine "schallende Ohrfeige" für die Art der Ermittlungen darstelle, fügte Verteidiger Josef Philipp Bischof hinzu.

Verteidiger nennen Vorgehen der Ermittler "unmoralisch und Verbrecherisch"

Es sei "unmoralisch und verbrecherisch, einen Unliebsamen erst festzunehmen und dann Belastendes gegen ihn zu suchen", zitierte Traxler. Genau das sei bei den Beschuldigten aber passiert. Sämtliche Sachverhalte, die von der Soko vor der U-Haft-Verhandlung suggeriert worden seien, hätten sich als völlig unrichtig herausgestellt. Das Vorgehen der Polizei sei es gewesen, alles Entlastende einfach auszusparen - wie etwa den 100-seitigen Bericht der verdeckten Ermittlerin (VE) "Danielle Durand", der in einer Schublade hätte versteckt werden sollen.

Umzug in größeren Schwurgerichtssaal
Zur großen Erleichterung sämtlicher Beteiligter konnte der "Tross" dann doch wieder in den Schwurgerichtssaal umziehen - der Libro-Prozess war an diesem Tag vorzeitig zu Ende gegangen. Danach wurde das Beweisverfahren abgeschlossen und die Schlussplädoyers begannen.

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