"Goldene Karte"

Angeklagter Polizist zockte im Casino

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Der suspendierte Chefinspektor der Wiener Polizei besaß die "goldene Casinokarte".

Im Prozess gegen einen suspendierten Chefinspektor der Wiener Polizei, dem die Staatsanwaltschaft Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Nötigung unter Ausnützung seiner Amtsstellung, Betrug und Falschaussage vorwirft, ist es am Dienstag zunächst um private Casinobesuche des Beamten an der tschechisch-österreichischen Grenze gegangen. Er soll diese teilweise während der Dienstzeit getätigt und trotzdem die vorgeblich geleisteten Überstunden und Journaldienstzeiten kassiert haben.

Der Angeklagte bestritt, bei der Mehrdienstabrechnung "geflunkert" haben. Was die Dienstzeiten betrifft, sei bei der Polizei "Flexibilität angesagt". Man habe diese nicht immer im Büro abgesessen, sondern auch Informanten getroffen "und sich a bissl weiter entfernen dürfen".

Goldene Karte
So sei er öfters rein zum Essen ins Casino nach Tschechien gefahren: "Ich hab' die goldene Casinokarte g'habt. Für Essen a la Carte und Trinken hab' ich nix bezahlt." Grund: Bei der Einführung des Euro habe ihn der Casinodirektor angesprochen und seinen kriminalistischen Rat eingeholt. "Ich war a bissl behilflich, auf was sie achten müssen bei dem Falschgeld", gab der 53-Jährige zu Protokoll.

Lebensgefährtin mit dabei
Ab und an habe er natürlich abends mit seiner Lebensgefährtin oder Freunden das Glück im Casino gesucht, räumte er ein. Dass er dafür manchmal Überstunden abgegolten bekam, sei nicht seine Schuld: "Das System, das das abgerechnet hat, war neu. Die Abrechnung hat oft nicht gestimmt. Es ist zu sehr vielen Missverständnissen, falschen Auszahlungen und falschen Rückzahlungen gekommen."

 Abgehört
Als ihm Protokolle aus der Telefonüberwachung vorgehalten wurden, denen zufolge sein Mobiltelefon während eines Journaldienstes im Senderbereich Kleinhaugsdorf eingeloggt war oder er sich mit einem Freund zu einer Zeit fürs Casino verabredete, während der er laut interner Aufzeichnungen Überstunden machte, reagierte der Angeklagte trotzig: Als Polizist könne man sich Treffen mit Informanten und ähnliche außertourliche, für einen Kriminalisten aber wichtige Termine außerhalb der Dienstzeit oft nicht abgelten lassen.

   "Die Kollegen haben wesentlich mehr gemacht als sie zurückgekriegt haben", meinte der Chefinspektor. Daher habe es "das stille Geheimnis" gegeben, dass es zulässig sei, mitunter vor dem regulären Dienstschluss die Dienststelle verlassen zu dürfen. "Ein jeder Gruppenführer hat das mit seiner Gruppe ausgemacht", sagte der ranghohe Polizeibeamte. "Und wer war bei Ihnen der Gruppenführer?", wollte Richterin Irene Mann wissen. "Ich", lautete die Antwort, die im Zuschauerraum Gelächter evozierte.
 

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