Keine Polonaise mehr

Aus für Elmayer beim Opernball

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Österreichs renommierteste Tanzschule hat keinen Auftrag mehr bei Treichl-Stürgkh. Ist Elmayers Krocha-Auftritt schuld daran?

Es war ein ungeschriebenes Gesetz seit nunmehr 29 Jahren: Österreichs Vorzeige-Tanzlehrer Thomas Schäfer-Elmayer und seine Tanzschule trainierten und begleiteten die Debütanten bei der berühmten Eröffnungs-Polonaise des Wiener Opernballs. Beim nächsten Ball soll alles anders sein: Schäfer-Elmayer wurde die „Lizenz zum Tanzen“ von Ballorganisatorin Desirée Treichl-Stürgkh am Opernball entzogen.

Scheibchenweise Demontage
„In einem dürren, fünfzeiligen Brief wurde mir mitgeteilt, dass wir 2009 beim Ball nicht mehr dabei sind“, so Schäfer-Elmayer gegenüber ÖSTERREICH. Hintergründe kenne er nicht. Klar ist: Die Demontage des österreichischen Tanzpapstes erfolgte scheibchenweise. Schon im Vorjahr durfte er erstmals die berühmten Worte „Alles Walzer“ zur Eröffnung nicht mehr sagen. Treichl-Stürgkh: „Das hat ihn offenbar geschmerzt.“ Ihr sei es wichtig, frischen Wind in den ehrwürdigen Ball zu bringen. „Und so haben wir uns entschlossen, die Bundesländer stärker einzubinden.“

Keine Erbrechte
Staatsoperndirektor Ioan Holender gibt der Ball-Lady gegenüber ÖSTERREICH volle Rückendeckung: „Es muss nicht immer Elmayer sein. Ich finde das sehr gut, denn es gibt keine Erbrechte auf dem Opernball.“ Persönlich habe er mit Schäfer-Elmayer nicht gesprochen. Holender: „Er ist nicht so wichtig.“

Dancing Star
Pikanter Hintergrund: Schäfer-Elmayer hatte am 5. April beim Finale von Dancing Stars durch einen Auftritt als „Krocha“ mit Kapperl und flottem Tanzschritt für Aufregung gesorgt. Wenige Tage darauf flatterte ihm der Brief mit der Opernball-Absage ins Haus. Holender, der Wert auf die künstlerische Qualität des Balls legt, spitz in Richtung Schäfer-Elmayer: „Dancing Stars habe ich noch nicht gesehen und werde ich ganz sicher auch nie sehen.“

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© APA

Irrtum?
Dass durch den Tanzschulwechsel eine Welle der Empörung durchs Land gehen könnte, damit hat Treichl-Stürgkh nicht gerechnet: „Ich verstehe die Aufregung nicht.“ Die von ihr ausgewählte Tanzschule der Grazer Edgar und Philipp Kummer sei jedenfalls bestens geeignet: „Sie haben mit der Grazer Opernredoute Erfahrung.“ Fraglich ist, ob die Opernball-Lady hier nicht einem gewaltigen Irrtum aufgesessen ist, denn in Graz kennt man die Kummers nur als Organisatoren von Maturabällen.

Lugner empört
Ganz anders sieht das Ball-Gastgeber Nr. 1, Richard Lugner: „Was soll der Blödsinn? Das alles ist ja unglaublich.“ Ein Rückzug vom kommenden Opernball kommt für ihn aber nicht infrage. Lugner: „Ich hab ja die Loge schon bezahlt.“

Mit Kummer in die Zukunft
Den Posten von Schäfer-Elmayer übernimmt die Grazer Edgar und Philipp Kummer. Die beiden, Vater und Sohn, sind die Chefs der "mobilen tanzschule", die "schwerpunktmäßig" durch die Bezirkshauptstädte der Steiermark und des südlichen Burgenlands tourt. Edgar Kummer wurde in der "Weltmeisterschmiede" des Hamburgers Gerd Hädrich ausgebildet. In den siebziger Jahren trat Kummer auch in der Fernsehserie "Die Tanzschule" mit dem späteren zehnfachen Profi-Weltmeister Michael Hull auf.

"Eine Art Adelsschlag"
"Wir werden viele Figuren anders machen und neue Bewegungen einführen. Wir versuchen, das ganze ein wenig innovativer zu gestalten", bestätigte der Grazer Tanzschulchef Edgar Kummer (55) am Samstag den Bericht, wonach er und sein Sohn Philipp beim Opernball am 19. Februar 2009 für die Eröffnungs-Polonaise zuständig seien. "Es ist natürlich eine Ehre, eine Art Adelsschlag", das größte Ball-Ereignis Österreichs mit zu betreuen, so Kummer.

Bundesländer sollen eingebunden werden
Man sei im Jänner dieses Jahres an ihn herangetreten, so Kummer, und habe ihn ersucht, ob er sich die Eröffnungs-Polonaise nicht aus einem Blickwinkel ansehen möge und eventuell etwas verändern wolle. Ball-Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh wolle ja die Bundesländer mehr einbinden, und Kummer sei jene Tanzschule mit der meisten Polonaise-Erfahrung.

Man habe viel Zeit für die Planungen, schwieriger sei ja das Organisieren, wann die ausländischen Paare zum Üben hier sein würden. Seine Verpflichtung sei im Rahmen einer Art "Reifungsprozess" zu sehen, was man beim Opernball modernisiere und was man belasse. "Es wird jedenfalls nicht so sein, dass ständige Opernball-Besucher in Ohnmacht fallen oder sich sagen, die Welt steht nimmer lang", so Edgar Kummer. So habe er etwa vor, technische Abläufe zu ändern, "das merkt das Publikum gar nicht".

Edgar Kummer stammt in zweiter Generation aus jener steirischen Tanzschul-Dynastie, die von Julius Kummer 1947 in Graz begründet wurde und der auch die "mobile Tanzschule" mit Veranstaltungen in den Bezirken ins Leben rief. Dessen Ehefrau leitete dann die Tanzschule im Schweizerhaus am Hilmteich. Ihr wurde 1984 die Ehre zuteil, am Wiener Opernball als erste und einzige weibliche Tanzmeisterin die Polonaise anzuführen. Die zweite bzw. dritte Generation der Kummers ist heute federführend: Tochter Daniela (41) leitet das Haus am Hilmteich: Edgars Sohn Philipp ist zusammen mit seinem Vater Chef der "Mobilen Tanzschule".

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