Immer mehr Details bekannt

Bluttat in Gerasdorf - Auf Getöteten war Kopfgeld ausgesetzt

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Dass Martin B. in Lebensgefahr war, war in der tschetschenischen Community bekannt. Er soll sich mit Kontakten zum Verfassungsschutz gebrüstet haben.

 Gerasdorf bei Wien/Korneuburg/Wien - Auf Mamichan U. alias Martin B., der am Samstagabend auf einem Firmengelände an der Brünner Straße (B7) in Gerasdorf bei Wien (Bezirk Korneuburg) erschossen wurde, war ein Kopfgeld ausgesetzt. Das berichteten Gesprächspartner aus der bzw. mit Bezug zur tschetschenischen Community in Wien in der Nacht auf Montag.
 
Demnach war es unter Tschetschenen ein offenes Geheimnis, dass sich der 43-Jährige mit seinem Videoblog in Lebensgefahr gebracht hatte. Seit April hatte der tschetschenische Ex-Polizist, der seit 2007 als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich lebte, auf seinem Youtube-Kanal insgesamt 29 Videos veröffentlicht, in denen er sich kritisch mit der Führung der russischen Teilrepublik Tschetschenien auseinandersetzte. Insbesondere den Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow und dessen Familie soll Martin B. beschimpft und teilweise wüst beleidigt haben. "Es war klar, dass das auf Dauer nicht gut gehen konnte", hieß es.
 
Angeblich kursierten in tschetschenischen Kreisen bereits Berichte über konkrete, gegen den Regimekritiker gerichtete Mordaufträge. Auch Summen sollen in diesem Zusammenhang genannt worden sein. Dessen ungeachtet dürfte sich Martin B. recht sicher gefühlt haben. Dem Vernehmen nach brüstete er sich mit seinen guten Kontakten zum Wiener Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) und behauptete, er werde von Beamten dieser Behörde geschützt. Ob er tatsächlich - wie von ihm verbreitet - mit dem Wiener Verfassungsschutz zusammengearbeitet hatte, ist bisher nicht geklärt.
 
Die Brisanz des Mordfalls zeigt sich auch daran, dass der mutmaßliche Schütze und ein weiterer Verdächtiger, die mittlerweile in der Justizanstalt Korneuburg in U-Haft sitzen, nicht von Rechtsanwälten vertreten werden, die in Justizkreisen bekannt dafür sind, dass sie russisch stämmige bzw. tschetschenische Beschuldigte vertreten. Die Sache sei "zu heikel", meinte einer von ihnen.
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