Wald-Millionen

Der Mann hinter dem Tiroler Geldfieber

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Mit Schaufel, Spitzhacke, Sonden und bloßen Händen suchen und graben immer mehr nach den Wald-Millionen von Ebbs.

ÖSTERREICH­-Reporterin Christina Schwienbacher war am Dienstag auf Spurensuche bei den Schanzer Wänden am Eingang des Kaisertals. In den Händen eine kopierte Schatzkarten , die schon im Ort zu erwerben ist. Mehr als 20 auffällig am Waldrand geparkte Autos verraten, dass im weitgestreuten Areal am Fuße steil aufragender Felswände zahlreiche Hobby-Goldgräber unterwegs sind. Und tatsächlich: Schon nach zwei Minuten blitzt ein oranges Hemd zwischen den Grün der Bäume hervor, und sofort duckt sich der Mann, er will offenbar nicht erkannt werden.

Hohlräume
“Jeder macht mit, aber keiner will beim Geldsuchen nicht gesehen werden“, sagt Chantal (20), die mit Freundin Claudia (22) aus Kufstein ihrem Freund Dominik (25) beim Buddeln zuschauen. Die Mädchen schauen skeptisch, Dominik aus Wörgl ist aber unbeirrt und durchwühlt weiter das Erdreich rund um einen Felsen (im Fernsehen hat ein Jäger gemeint, dass genau hier oft unterirdische Hohlräume zu finden sind, in denen vielleicht die Millionen vergraben liegen).

Werbung
Wenig später beim Bürgermeister von Ebbs, Josef Ritzer, dem es durchaus gefällt, dass in seinem 5.000-Einwohner-Dorf das Geldfieber ausgebrochen ist: „Das nenn ich mal eine gute Werbung für uns!“ Und er hält das Gebiet, in dem jetzt alle nach den vergrabenen Millionen das deutschen Anlagebetrüger Augustin G. suchen, für gar nicht so abwegig: „Der Mann, der seit zwei Jahren aus dem Gefängnis heraus ist, hat einen Zweitwohnsitz knapp drüber der Grenze in Niederaudorf in Bayern. Die Tourismusmanagerin Karin Scholz hat den Boom sofort zur Vermarktung herangezogen: Ab sofort gibt es in Ebbs exklusiv Geldgräber-Packages mit Führungen in den Wald zu buchen.

Mafia
Die Tiroler Polizei indes äußerst sich wenig zu den Ereignissen in den Wäldern im Bezirk Kufstein. Laut einem Sprecher sind derzeit nur die bayrischen Kollegen involviert, die daran interessiert sind, ob die ergaunerten Millionen des Augustin G. tatsächlich (wie der Gauner behauptet) in den Händen der Mafia gelandet sind – oder ob er sie doch in drei (oder mehr Kisten) in Österreich vergraben hat.

Von letzterem ist der Detektiv Harald „Dirty Harry“ Krügel aus München überzeugt (siehe Interview rechts). Doch auch gegen den wird immer wieder ermittelt, weil er im Verdacht steht, Opfer von Betrügern abzuzocken – indem gegen gute Bezahlung verschwundenes Geld sucht, aber selten aufspürt.

Klar ist übrigens, wer den Finderlohn bekommt: Nicht der (Wald-)Eigentümer, sondern tatsächlich nur der Finder.

Harald „Harry“ Krügel ist jener Detektiv, der seit Jahren hinter den vergrabenen Millionen her ist – und der jetzt das Versteck in einem Tiroler Wald verriet.

Harald Krügel: Ich sag’s Ihnen gleich, ich nehme das Gespräch auf.

ÖSTERREICH: Das sei Ihnen belassen, aber erste Frage: Sind Sie von der deutschen DAB-Bank beauftragt worden, das Geld zu suchen?
Krügel: Wir haben keinen Auftrag mehr, wir arbeiten aufgrund der 40-prozentigen Auslobung. Wir haben noch nie Honorar in Rechnung gestellt bei der DAB-Bank, wir haben von Anfang an auf Erfolgsprovision gearbeitet.

ÖSTERREICH: Seit wann sind sie hinter den Millionen des Augustin G. her?
Krügel: Die Geschichte ist schon vor acht Jahren losgegangen, gemeinsam mit der Wirtschaftsfahnder Stenz hab ich eine Kooperation in dieser Sache.

ÖSTERREICH: Die Dab-Bank vermisst 1,65 Millionen. Wie kommen sie darauf, dass Augustin G. fünf Millionen Euro zur Seite geschafft haben soll?
Krügel: Das ist Geld von privat Geschädigten, es geht auch um Schwarzgeld, eine Familie ist zum Beispiel 1,8 Millionen geprellt worden, die haben zwischenzeitlich 100.000 zurückgekriegt von ihm (als Augustin G. angeblich von Detektiv Krügel dabei beobachtet worden war, wie er aus dem Wald modrig riechendes Geld holte, Anm. Der Red.)

ÖSTERREICH: Es wird gemunkelt, dass schon einmal eine Kiste mit 250.000 Euro aufgetaucht ist.
Krügel: Richtig, das war auch hier in der Gegend, das bearbeitet die Kripo in Innsbruck.

ÖSTERREICH: Gegenüber der Bild Zeitung haben Sie gesagt, das wäre in Ampass gewesen. Das ist aber ein gutes Stück von dem Wald entfernt, wo jetzt alles suchen.
Krügel: Darüber weiß mein Kollege Stenz besser Bescheid. Ich weiß nur, da ist einer 2002 mit dem Metallsuchgerät im Wald herumgelaufen und hat zufällig die erste Kiste des Herrn G. gefunden.

ÖSTERREICH: Wie viele Kisten gibt es insgesamt?
Krügel: Bei seiner Verhaftung damals vor acht Jahren hat man die Belege für drei Baumarkt-Kisten gefunden.

ÖSTERREICH: Wo halten Sie sich eigentlich auf? Sind Sie vor Ort in Ebbs oder Eichelwang?
Krügel: Ich bin in der Nähe.

ÖSTERREICH: Und beobachten die Schatzsucher?
Krügel: Wir observieren jemanden anderes… nämlich den Augustin G. das ist ja wohl klar, der lebt nicht weit weg von hier. 15 Autominuten über der Grenze, dort wohnt er.

ÖSTERREICH: Wie viel Geld liegt jetzt wirklich im Tiroler Wald vergraben?
Krügel: Meiner Meinung ist noch viel mehr in den Kisten. Also mehr als fünf Millionen, das geht in den zweistelligen Bereich. Oder wie erklären Sie sich, dass einer aus dem Knast rauskommt und sofort Urlaub in St. Moritz macht?

ÖSTERREICH: Bei uns ist das Geldfieber losgegangen. Hilft Ihnen das und stört es?
Krügel: Wir haben nicht gedacht, dass ein derartigen Run einsetzt. Wir haben eigentlich einen anderen Plan verfolgt… nämlich dass der G. sich nach dem ersten Bericht in der Bild Zeitung ins Auto setzt und rüberfährt und das Geld in Sicherheit bringt. Wir waren in dieser Nacht mit zehn Leuten unterwegs und jetzt suchen Hunderte nach dem Geld, das wollten wir echt nicht.

ÖSTERREICH: Wenn man in die Presse geht, muss man aber schon mit so was rechnen.
Krügel: Die Geschichte war nur für G. bestimmt, wir haben ihm die Zeitung zugespielt über zwei Leute noch, damit er nervös wird und was unternimmt.

ÖSTERREICH: Wenn jetzt ein Privater den Schatz findet, fallen aber Sie dann nicht um das Geld um?
Krügel: Kein Problem, wir haben so viele andere Aufträge. Der Zweck heiligt die Mittel, die Millionen wären auf wieder da.

Roland Kopt

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