Sorgerechtsstreit

EuGH schickt steirisches Kind nach Italien

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Das nach Österreich "entführte" 3-jährige Mädchen muss zum Vater zurück.

Im Sorgerechtsstreit um die inzwischen dreieinhalbjährige Tochter einer Steirerin und eines Italieners hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in einem Vorabentscheidungsverfahren die Zuständigkeit des ursprünglich damit befassten venezianischen Gerichts hervorgehoben. Konkret bedeutet dies, dass die vom "Tribunale per i Minorenni di Venezia" getroffene Entscheidung auf Rückführung des von der Mutter von Italien nach Österreich gebrachten Kindes nicht auf Basis einer späteren Entscheidung eines österreichischen Gerichts verweigert werden kann. Der EuGH spricht sogar von einem "widerrechtlichen Verbringen eines Kindes" und davon, dass "jedenfalls zum Zeitpunkt der Entführung" das venezianische Gericht zuständig war.

Mädchen zurück nach Italien
Demnach muss das Mädchen des österreichisch-italienischen Paares nach Italien zurückgebracht werden. Gleichzeitig betonte der EuGH, dass er "nur die Vollstreckbarkeit der Entscheidung" festgestellt habe. Der steirischen Mutter überließ er, die Entscheidung anzufechten. Dies müsste allerdings dies vor dem zuständigen italienischen Gericht geschehen. "Fragen, die die Begründetheit der Entscheidung betreffen, sowie eine etwaige Änderung der Umstände können nur vor dem zuständigen Gericht des Ursprungsmitgliedstaats geltend gemacht werden", heißt es.

Problematische Beziehung
Medien hatten in den vergangenen Jahren über die Probleme der binationalen Partnerschaft zwischen der Steirerin und dem Italiener berichtet. So habe der Vater seine ehemalige Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind bedroht, Anfang 2008 sei die Frau nach Österreich geflüchtet, wo sie seither lebt. Allerdings hatte der Vater am 8. Februar 2008 in Italien eine gerichtliche Entscheidung erwirkt, wonach der Frau untersagt wurde, mit dem Kind aus Italien auszureisen. Am 23. Mai desselben Jahres hatte das italienische Gericht entschieden, das Sorgerecht vorläufig beiden Elternteilen zu übertragen und hinzugefügt, dass das Kind bis zur endgültigen Entscheidung in Österreich bei seiner Mutter leben kann. Gleichzeitig wurden Modalitäten für das Besuchsrecht des Vaters festgelegt. Ein Sozialhelfer habe dann erklärt, dass die Mutter dem Vater ungeachtet der Gerichtsentscheidung nur in geringem Maß Besuche erlaubte.

Rückführung abgewiesen
Im November 2008 wies das Bezirksgericht Leoben einen vom Vater gestellten Antrag auf Rückführung des Kindes nach Italien ab. In der Folge kam es zu einem Zuständigkeitsstreit zwischen dem Bezirksgericht Judenburg und dem Gericht in Venedig. Das österreichische Gericht forderte das italienische im Mai 2009 auf, sich für unzuständig zu erklären, das italienische wiederum stellte am 10. Juli seine Zuständigkeit fest und ordnete die sofortige Rückführung des Kindes nach Italien an, "damit die Kontakte zwischen dem Kind und seinem Vater wiederhergestellt würden, die infolge des Verhaltens der Mutter unterbrochen worden waren". Am 22. September 2009 beantragte der Vater in Österreich die Vollstreckung der Rückführung seiner Tochter. Das Verfahren gelangte zum Obersten Gerichtshof (OGH), der wegen Zweifel hinsichtlich der Auslegung der "Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung" den EuGH um eine Vorabentscheidung ersuchte.

Der EuGH stellte nun fest, dass "das widerrechtliche Verbringen eines Kindes grundsätzlich keine Übertragung der Zuständigkeit von Gerichten des Mitgliedstaates, in dem das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, auf die Gerichte des Mitgliedstaates, in den das Kind verbracht wurde, zur Folge haben sollte". Eine mit einer Bescheinigung versehene Entscheidung, mit der das zuständige Gericht die Rückgabe des Kindes anordne, sei auch dann vollstreckbar, wenn ihr keine endgültige Entscheidung über das Sorgerecht für das Kind vorausgegangen ist. Allerdings könne der EuGH nur die Vollstreckbarkeit der Entscheidung feststellen. "Fragen, die die Begründetheit der Entscheidung betreffen, sowie eine etwaige Änderung der Umstände können nur vor dem zuständigen Gericht des Ursprungsmitgliedstaats geltend gemacht werden".

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