Fields-Medaille

Mathe-"Nobelpreis" an Österreicher

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Martin Hairer erhielt die höchste Auszeichnung für Mathematiker.

Der österreichische Mathematiker Martin Hairer (38) von der University of Warwick (Großbritannien) wurde am Mittwoch in Seoul (Südkorea) mit der Fields-Medaille ausgezeichnet. Erstmals erhielt damit ein Österreicher diese alle vier Jahre von der Internationalen Mathematischen Union (IMU) verliehene Ehrung, die als "Nobelpreis" für Mathematik gilt.

Die Fields-Medaillen werden traditionell beim Internationalen Mathematikerkongress (ICM) vergeben. Die größte Tagung in diesem Fachbereich findet heuer in Seoul statt. Geehrt werden immer zwei bis vier Mathematiker unter 40 Jahren für herausragende Entdeckungen auf ihrem Fachgebiet. Hairer erhielt die mit 15.000 kanadischen Dollar (10.000 Euro) verbundene Auszeichnung für seine "herausragenden Beiträge zur Theorie von stochastischen partiellen Differenzialgleichungen".

Gemeinsam mit Hairer bekamen der Brasilianer Artur Avila, der Kanadier indischer Herkunft Manjul Bhargava und die iranisch-amerikanische Mathematikerin Maryam Mirzakhani die Medaille. Sie ist nach dem kanadischen Mathematiker John Charles Fields benannt und wird seit 1936 verliehen.

Für Hairer ist die Auszeichnung "eine super Sache", wie er betonte. Es handle sich immerhin "um die höchste Ehre, die man als Mathematiker bekommen kann". Hairer wurde am 14. November 1975 in Genf als Sohn des an der Uni Genf tätigen österreichischen Mathematikers Ernst Hairer geboren. Er studierte in Genf Mathematik und Physik, ist seit 2002 an der University of Warwick tätig. 2010 wurde er dort Full Professor, heuer als "Regius Professor" Inhaber einer Stiftungsprofessur der Queen. Hairer ist österreichischer Staatsbürger.

Spezielle Differenzialgleichungen
Hairer beschäftigt sich mit ganz speziellen Problemen im Bereich Differenzialgleichungen. Mit solchen Gleichungen lassen sich viele Vorgänge in der Natur, Technik und Gesellschaft mathematisch beschreiben.

Relativ einfach ist das noch etwa bei der Berechnung einer Planetenbahn mittels gewöhnlicher Differenzialgleichung. Wenn man die Kräfte kennt, die auf einen Planeten wirken, gibt es zu jedem Zeitpunkt nur eine Unbekannte, nämlich die Position des Planeten.

Komplizierter wird es bei partiellen Differenzialgleichungen - "da hängt die Unbekannte nicht nur von der Zeit, sondern auch vom Raum ab", erklärte Hairer. Als klassisches Beispiel dafür nennt der Mathematiker die Wärmeleitungs-Gleichung. Mit deren Hilfe kann man ausrechnen, wie sich die Wärme zum Beispiel in einem Metallstück verteilt, das auf einer Seite kalt, auf der anderen Seite warm ist.

Bei der mathematischen Modellierung solcher Phänomene wird allerdings meist außer Acht gelassen, dass bei vielen Prozessen auch zufällige Ereignisse eine wichtige Rolle spielen. Will man diese nicht vernachlässigen, kommen stochastische Differenzialgleichungen zum Einsatz.

Eine Art von stochastischen partiellen Differenzialgleichungen, mit denen sich Hairer in den vergangenen Jahren viel beschäftigt hat (sogenannte "KPZ-Gleichungen"), beschreibt, "wie sich eine eindimensionale Grenze zwischen zwei Substanzen oder zwei Phasen generell verhält", sagte der Mathematiker. Konkret kann man sich das anhand eines Blatt Papiers vorstellen, das man gleichmäßig über eine ganze Seite hinweg anzündet. Aufgrund zufällig angeordneter Stellen, die langsamer bzw. schneller verbrennen, wird sich die Flamme ungleichmäßig durchs Papier fressen. Den Verlauf des verkohlten Rands - also die eindimensionale Grenze zwischen den zwei Phasen fest und gasförmig - kann man mit stochastischen partiellen Differenzialgleichungen berechnen.

Doch bei manchen solcher Gleichungen tauchen Teile auf, die Mathematiker sprechen von Termen, "die klassisch keinen Sinn machen". Hairer hat eine Theorie ("Theory of regularity structures") entwickelt, "die systematisch solchen Gleichungen Sinn gibt", wie er betont. Damit würden sie "für spezielle Anwendungsfälle berechenbar und auf soliden mathematischen Grund gestellt".
 




 

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