Wien-Alsergrund

Flüchtlinge besetzen
 Votivkirche: Polizei räumt

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Mitten im Wahlkampf besetzten 17 Flüchtlinge die Votivkirche. Die Polizei räumte sofort.

„Vor mehr als zehn Monaten hat man uns gesagt, dass es eine Lösung gibt, nichts ist passiert. Jetzt kämpfen wir um unser Recht“, gibt sich Mir Jahangir kämpferisch. Er hat zusammen mit 16 anderen Flüchtlingen und zehn Sympathisanten am Sonntag für gut fünf Stunden wieder die Votivkirche besetzt. Die Flüchtlinge fordern Schutz vor der drohenden Abschiebung nach Pakistan. Dort warte Folter und Tod, warnen sie.
Bereits am 18. Dezember waren die Asylwerber in die Votivkirche geflüchtet und hatten dort bis März ausgeharrt. Seit dem warten sie im Servitenkloster. Mitten im Wahlkampf haben sie nun am Sonntag mit der erneuten Besetzung für Aufregung gesorgt. Das Protokoll:
8.30 Uhr: Polizisten in Zivilkleidung durchsuchen das Quartier im Servitenkloster. Die Flüchtlinge entscheiden zu handeln ...
10.00 Uhr: Sie besuchen die Sonntagsmesse in der Votivkirche. Nach deren Ende weigern sich 17 Flüchtlinge und zehn Sympathisanten, die Kirche zu verlassen. Nach einer Diskussion mit Pfarrgemeinderäten wird die Kirche versperrt.
11.30 Uhr: Die Polizei taucht vor der Votivkirche auf.
12.00 Uhr: Die Erzdiözese bittet die Polizei, die Kirche zu räumen.
13.03 Uhr: Die Flüchtlinge im Freien erbitten 30 Minuten Wartezeit, sie wollen die Kameraden im Inneren zum Aufgeben überreden.
13.33 Uhr: Gut 30 Polizisten marschieren vor dem Nebeneingang der Kirche auf. Jetzt beginnt die Räumung.
14.15 Uhr: Nach der Identifikation der Flüchtlinge werden alle aus der Kirche gebracht. Eine Aktivistin muss hinausgetragen werden.
14.50 Uhr: Die Kirche ist geräumt und wird abgeschlossen. Die Flüchtlinge werden nicht in Schubhaft genommen. Der Protest geht weiter: Sie wollen nun einen Marsch durch Österreich 
organisieren.

Flüchtlings-Aktivist Mir Jahangir
»Die Kirche gab uns nur leere Versprechen«

ÖSTERREICH: Warum haben Sie wieder die Votivkirche besetzt?
Jahangir: Weil wir seit über zehn Monaten auf eine Lösung warten und nichts passiert ist. Acht Freunde wurden schon abgeschoben, wir können nicht einfach still bleiben. Die Kirche hilft uns nicht.

ÖSTERREICH: Machen Sie der Kirche Vorwürfe?
Jahangir: Der Kirche und ebenso dem Kardinal Christoph Schönborn. Sie haben nur leere Versprechen abgegeben. Sie haben gesagt, es gibt eine Lösung, aber wir müssen weiter zittern.

Erzdiözese-Sprecher Michael Prüller
»Besetzung ist ein Akt aus reiner Verzweiflung«

ÖSTERREICH: Wieso lässt die Kirche diesmal räumen?
Michael Prüller: Weil wir nicht glauben, dass es Sinn macht, diese Verzweiflungshandlungen ewig aufrecht zu erhalten. Wir können den Flüchtlingen in der Votivkirche nicht mehr Schutz bieten als im Servitenkloster. Das steht ihnen immer offen.
ÖSTERREICH: Hat die Kirche Verständnis für die 
Besetzung?
Prüller: Die Flüchtlinge stehen massiv unter Druck. Diese Besetzung ist ein Akt aus reiner Verzweiflung, das ist verständlich.

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