Raubmord

Freispruch nach Mord an Wiener Juwelierin

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Der Verteidiger des gebürtigen Serbens fordert Haftentschädigung für 15 Monate.

Mit einem einstimmigen Freispruch für den Angeklagten ist am Mittwochnachmittag der Prozess um einen viereinhalb Jahre zurückliegenden Raubmord an einer 85-jährigen Juwelierin aus Wien-Ottakring zu Ende gegangen. Der Freispruch von der Bluttat in der Nacht auf 13. September 2005 ist bereits rechtskräftig. Staatsanwalt Kurt Hankiewicz erklärte noch im Verhandlungssaal, auf Rechtsmittel verzichten zu wollen.

Anonymer Hinweis
Es handelte sich um einen reinen Indizienprozess. Der Angeklagte, ein gebürtiger Serbe, war im Jänner 2009 auf Basis eines Europäischen Haftbefehls in Moskau festgenommen worden, wo er als Geschäftsführer das Restaurant seines Halbbruders leitete. Bei der Wiener Polizei waren anonyme Hinweise eingegangen, die den 30-Jährigen und zwei weitere Männer mit der bis dahin ungeklärten Bluttat in Verbindung brachten.

"Das ist keine Anklage, sondern bestenfalls eine Arbeitshypothese", hielt Verteidiger Werner Tomanek dem Staatsanwalt entgegen. Der gegen seinen Mandanten gerichtete Vorwurf sei "hanebüchen".

"Es gibt mehrere Zeugen und Informanten, die den Angeklagten mit der Tat in Zusammenhang gebracht haben", betonte Staatsanwalt Kurt Hankiewicz. Mit Ausnahme der Ex-Freundin des Bruders des 30-Jährigen und ihres Ehemanns wurden diese allerdings nicht ausgeforscht, sodass sie nicht gerichtlich vernommen werden konnten. Die Beinahe-Schwägerin des Angeklagten, der ab und an bei ihr übernachtet hatte, behauptete, dieser habe ihr Schmuckstücke angeboten, die laut Anklagebehörde der getöteten 85-Jährigen abgenommen wurden.

Zeugin gewährte Unterschlupf
Von den geladenen Zeugen war zur Verhandlung aber nur eine entfernte Bekannte des Angeklagten erschienen. Sie soll den beiden mutmaßlichen Mittätern für einige Tage Unterschlupf in ihrer Wohnung in der Nähe des Wiener Reumannplatzes geboten haben. "Sie haben bei mir gewohnt, ob sie etwas gemacht haben, weiß ich nicht", erläuterte die Frau, die in einem Lokal in Ottakring als Kellnerin arbeitete, mit tränenerstickter Stimme.

Insgesamt wurde die Frau dreimal polizeilich einvernommen. Laut ihrem dritten Einvernahmeprotokoll soll der Angeklagte nach der Tat im September 2005 einmal in ihrer Wohnung aufgetaucht sein, den beiden Männern eine Zeitung auf den Tisch geknallt und sie gefragt haben: "Was habt ihr da getan? Die Frau ist tot!" Daraufhin soll sie gefragt haben, was passiert sei. Die drei Männer hätten überstürzt die Wohnung verlassen und sie angewiesen, den Mund zu halten.

Von der Richterin gefragt, ob diese Aussagen nun stimmen, antwortete die Zeugin nicht. Immer wieder schrie sie und weinte: "Ich kann nicht. Ich habe einen Sohn und eine Tochter, ich weiß nicht, wer auf uns lauert."

Keine DNA-Spur vom mutmaßlichen Täter
Als den Angeklagten belastendes Indiz führte die Staatsanwaltschaft weiters ein DNA-Gutachten ins Treffen, obwohl dieses den Mann gar nicht persönlich betrifft. In der Wohnung der Juwelierin am Schuhmeierplatz in Wien-Ottakring konnten zwar zahlreiche Fingerabdrücke und DNA-Spuren sichergestellt werden. Doch keine einzige Spur ließ sich dem 30-Jährigen zuordnen. Ein genetischer Fingerabdruck dürfte von einem der angeblichen Komplizen stammen.

Die Juwelierin, deren Wohnung unmittelbar neben ihrem Geschäft gelegen war, dürfte überfallen worden sein, als sie vom abendlichen Äußerlführen ihres Hundes nach Hause zurückkehrte. Ihr wurden zunächst die Hände gefesselt und dann mit Klebebändern der Mund verklebt. Die betagte Frau soll so qualvoll erstickt sein.

Der angeklagte gebürtige Serbe wurde unmittelbar nach dem Freispruch in seine Zelle gebracht, "um seine Sachen zusammenzupacken", wie sein Verteidiger Werner Tomanek sagte. Sein Anwalt macht nun Haftentschädigung geltend. Üblicherweise werden von der Republik für jeden unberechtigterweise in Haft verbrachten Tag 100 Euro bezahlt. "Ob wir für die Zeit im Moskauer Gefängnis nicht mehr wollen, müssen wir noch prüfen", bemerkte Tomanek.

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