Erster Prozesstag

Israilov-Mord für Angeklagten "Tragödie"

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Die Angeklagten bekannten sich am ersten Prozesstag "nicht schuldig".

Die drei Angeklagten im Israilov-Prozess haben sich am Montagnachmittag im Wiener Straflandesgericht "nicht schuldig" zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen bekannt. Otto K., der die beabsichtigte Entführung des 27-Jährigen organisiert haben soll, versicherte, er habe Umar Israilov "nie im Leben gesehen".

"Tagödie, die ganz Tschetschenien betrifft"
Dann wandte er sich an den anwesenden Vater und die Witwe des umgekommenen tschetschenischen Flüchtlings und sagte: "Ich nütze die Gelegenheit, der Familie mein Beileid auszudrücken. Das ist eine Tragödie, die nicht nur die Familie, sondern ganz Tschetschenien betrifft."

Otto K. betonte, er habe mit dem Verbrechen vom 13. Jänner 2009, als Israilov auf offener Straße erschossen wurde, nichts zu tun: "Ich bin ich die erste Person in der Europäischen Union, die dagegen etwas unternehmen würde. Ich hätte nicht zugelassen, dass so etwas passiert, wenn ich davon gewusst hätte."

"Starke Männer haben immer Probleme"

Suleyman D., der sich unmittelbar am Tatort aufgehalten haben soll, räumte als Einziger der Angeklagten ein, Israilov gekannt zu haben. Er sei dessen ungeachtet "unschuldig", gab er zu Protokoll: "Wenn ich gewusst hätte, dass er entführt hätte werden sollen, hätte ich das Land verlassen." Auf die Frage von Richter Friedrich Forsthuber, wer seiner Meinung nach den Mord zu verantworten habe, erwiderte der Zweitangeklagte: "Er (Israilov, Am.) hatte wie auch ich viele Probleme. Er war kein schwacher Mann. Starke Männer haben immer Probleme."

Mutmaßlichem Todesschützen gelang Flucht

Letscha B., in dem der Staatsanwalt den Todesschützen sieht, kann dazu nicht befragt werden. Ihm war nach dem Attentat die Flucht nach Tschetschenien gelungen, wo er gerüchteweise von Staatschef Ramsan Kadyrow belobigt worden und inzwischen für die Miliz tätig sein soll.

Fortsetzung am Mittwoch
Am Mittwoch wird im der Prozess um den Mord am tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov fortgesetzt, der am 13. Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf auf offener Straße erschossen wurde. Angeklagt sind drei angeblich in das Verbrechen verwickelte Männer, von denen Otto K. (42) - ein in St. Pölten wohnhafter, aus Tschetschenien stammender Versicherungsmakler - als zentrale Figur gilt. Er soll "die Gesamtverantwortung für die Operation, deren logistische Vorbereitung und Koordinierung" inne gehabt und "Kontakt zur tschetschenischen Führung" gehalten haben, heißt es in der Anklageschrift.

"Definitiver Tötungsauftrag"

Der zweite Verhandlungstag ist zur Gänze für die Einvernahme der drei Angeklagten vorgesehen. Allesamt versichern, mit der Bluttat nichts zu tun gehabt zu haben. Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) sieht in Tschetscheniens Präsidenten Ramsan Kadyrow den Drahtzieher des Komplotts, wobei die Ermittler in ihrem Abschlussbericht einen "definitiven Tötungsauftrag" vom Juni 2008 erwähnen.

Ermittlungen, aber kein Haftbefehl gegen Kadyrow

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt zwar gegen Kadyrow, wobei die Anklagebehörde davon ausgeht, dass die ursprüngliche Intention darauf gerichtet war, den 27 Jahre alte Israilov gewaltsam nach Tschetschenien zu verbringen, nachdem dieser gegen den Präsidenten ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angestrengt hatte. Ein Haftbefehl wurde bisher allerdings nicht erlassen. Die Beweislage ist nach Ansicht der Anklagebehörde nicht ausreichend genug, um gegen Kadyrow konkrete Fahndungsmaßnahmen in die Wege zu leiten oder mit Grundrechtseingriffen vorgehen zu können.

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