Zu wenig Infos

Journalisten ärgern sich über Prozess

Teilen

Ärger und Unmut herrschen bei Medienvertretern über die knappen Infos zum Prozess - Ärger auch über Josef Fritzl.

Zig Kameras und Fotoapparate auf einen kleinen Bildschirm gerichtet: Gespannt und ohne Worte lauschten Journalisten aus aller Welt am ersten Prozesstag im randvollen Medienzelt der Liveübertragung des ORF, als der Angeklagte gegen 9.30 Uhr in den Verhandlungssaal geführt wurde. Dass Josef F. sein Gesicht mit einer blauen Mappe verdeckte, war für Journalisten ärgerlich. "Das ist unhaltbar, dass er den Ordner vorm Gesicht hatte. Die Richterin hätte ihn auffordern müssen, dass er sich zeigt. Er soll sich dem stellen, was er getan hat", forderte eine Reporterin vom spanischen Fernsehen "tve".

Fritzl schweigt
Ärger herrschat auch darüber, dass Fritzl einfach keine Fragen beantwortet. Anders sieht das sein Anwalt: Der Angeklagte habe sich bisher "kooperativ" verhalten, so Mayer: "Er hat alle Fragen des Gerichts beantwortet."

Unmut ruft weiters die strikte Informationspolitik zum Prozess hervor. Beim Pressebriefing nach dem ersten Verhandlungstag wurden wie erwartet keine Details aus dem Gerichtssaal an die Öffentlichkeit weitergegeben.

Es sei nicht zulässig, "aus reiner Sensationslust über Dinge aus den höchstpersönlichen Lebensbereichen zu berichten", hatte die Richterin Andrea Humer betont. Der Großteil akzeptiert auch den Opferschutz. Einige heben die Arbeit der Justiz sogar als "vorbildlich" hervor.

Kurz-Verfahren
Zahlreiche Medien kritisieren das Spektakel rund um den auf nur wenige Tage anberaumten Prozess. Die Kürze des Verfahrens zeige, dass es darum gehe, einen Schuldigen vorzuführen, schreiben etwa die "Badischen Neuesten Nachrichten". An der Verantwortlichkeit staatlicher Behörden scheine die Justiz wenig Interesse zu haben.

"Warum nur der ORF?"
Auch am Tag 2 des Prozesses gab es Riesen-Aufregung unter den Berichterstattern vor dem St. Pöltner Landesgericht und im daneben aufgebauten Pressezelt über die in ihren Augen bevorzugte Behandlung des ORF. Worte wie "Schweinerei" und "Frechheit" fielen, da Gerichtssprecher Franz Cutka doch dezidiert erklärt hätte, dass kein Journalist am Dienstag das Gericht von innen sehen würde. Lediglich einem Kamerateam sowie einem Fotografen wären im Rahmen einer im Vorfeld vereinbarten Pool-Lösung Einlass zugesichert worden, nicht aber weiteren Journalisten, beschwerten sich einige Medienvertreter.

"Typisch österreichisch"
"Bestimmte Eigenheiten beim Prozess sind doch typisch österreichisch", ärgert sich etwa ein deutscher Berichterstatter. "Ich habe gar kein Verständnis dafür, dass ausgewählte Medien zugelassen sind", ergänzt eine Kollegin aus Berlin. "Wir können uns ja auch ruhig verhalten und gesittet mit Block und Kuli in die Bank setzen", meint eine weiter Journalistin.

Sogar der ORF-Reporter, der am Dienstag um 9 Uhr vor Ort in St. Pölten berichten soll, gibt offen zu, "frustriert" zu sein, da er durch den Ausschluss der Öffentlichkeit aus dem Gerichtssaal als Journalist nicht weiß, worüber er berichten soll - die Reporter hoffen heute allesamt auf die Pressekonferenz um 16 Uhr.

ORF rechtfertigt sich
Beim ORF versteht man die Aufregung nicht. Es habe sich an der Ausgangslage gegenüber Montag nichts geändert, so ein Sprecher. Das Gericht habe entschieden, dass jeweils vor Prozessbeginn ein Fernseh- und ein Hörfunkreporter sowie ein schreibender Kollege von der APA - Austria Presse Agentur - Zutritt zum Gerichtssaal bekomme (dem APA-Redakteur war der Zutritt ins Gerichtsgebäude allerdings verwehrt worden, Anm.). Angesichts des drohenden Chaos, wenn zig Kamerateams und Journalisten den Gerichtsraum stürmen würden, kann der ORF diese Selektion nachvollziehen. Der ORF stelle seine Bilder außerdem als eine Art Host Broadcaster interessierten Sendern zur Verfügung, so der Sprecher.

Gerichtssprecher Franz Cutka versteht die Aufregung der Journalisten nicht: Der ORF habe nur "anlässlich der Vorführung" von Josef F. und "vor dem Aufruf zur Sache" gefilmt, betont er.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.

Hubsi Kramar sorgte wieder einmal für Aufregung

Genmeinsam mit zwei Schauspielern hatte er seinen großen Auftritt./ (c) ÖSTERREICH/ Niesner

Alles gefilmt von Hubsi Kramar höchstpersönlich. / (c) ÖSTERREICH/ Niesner

Überall sind Baby-Puppen zu sehen. / (c) ÖSTERREICH/ Niesner

(c) ÖSTERREICH/ Niesner

Mit blutvermschiertem Mund und ganz in weiß gekleidet kam ein Schauspieler aus Kramers "Pension F." vors Gericht./ (c) ÖSTERREICH/ Niesner

In Begleitung einer rothaarige Schauspielerin / (c) ÖSTERREICH/ Niesner

Sein ganzes "Kostüm" war mit Baby-Puppen behangen. / (c) ÖSTERREICH/ Niesner

Kramer und seine Schauspieler fuhren in einer weißen Limousine vor./ (c) APA/ Hochmuth

Weitere Proteste / (c) ÖSTERREICH/ Niesner

(c) ÖSTERREICH/ Niesner

Herbert Selzak von der Initiative "Opferoffensive": "In jedem von uns steckt ein Fritzl"/ (c) ÖSTERREICH/ Niesner

Auch die rechte Nationale Volkspartei stellt sich als kinderfreundlich dar und protestiert.

Ein weißgekleideter Mann mit dutzenden Baby-Puppen steigt aus der Limousine aus./ (c) ÖSTERREICH/ Kernmayer

(c) ÖSTERREICH/ Kernmayer

Fritzl versteckte sich hinter einem blauen Aktenordner.

Josef Fritzl betrat den Schwurgerichtssaal 119 im Landesgericht St. Pölten.

Solange Kameras im Raum waren, behielt Fritzl den Aktenordner oben.

Fritzl hat seine Tochter 24 Jahre lang eingesperrt und missbraucht.

Beim Beginn der Verhandlung zitterte Fritzl

Um 9.28 Uhr ebgann der spektakulärste Prozess des Jahres.

Josef Fritzls Schwägerin.

Der Angeklagte, gezeichnet von der Wiener Kuenstlerin Nana Swiczinsky.

Großes Echo findet der Fall in den britischen Medien, "The Sun" zitiert die Aussage der Staatsanwältin: "Er kam, nahm sie und ging wieder".

"The Guardian" zeigt wie fast alle Medien Fritzl hinter dem blauen Aktenordner.

Die "Dailymail" berichtet von der Reaktion der Geschworenen auf die "Duftproben" aus dem Keller.

Das Monster vor Gericht schreibt die deutsche Bildzeitung in ihrer Online-Ausgabe.

The mirror schreibt von Fritzls bizarrem Versteckspiel vor Gericht.

Selbst bei CNN findet man eine Story über den Fritz-Prozess.

Eine Zusammenfassung des Tages bringen die Stuttgarter Nachrichten.

Die deutsche TAZ

Der Schweizer Tagesanzeiger

Sämtliche Tageszeitungen in Österreich sind voll mit dem Thema Fritzl.

Fritzls Bild ist auf zahlreichen internationalen Schlagzeilen zu finden.

Diese Zeitung ruft Fritzl dazu auf zu antworten.

Am 16.3.2009 startete der Prozess gegen Inzest-Vater Josef Fritzl.

Hunderte Journalisten hofften auf eine Akkreditierung, aber nur 98 wurden zugelassen.

Rund 40 Polizisten sorgten für Ordnung

8.42 Uhr: Ein Schauspieler versucht, in einer weißen Limousine vor das Gerichtsgebäude zu fahren. Etwa 40 Kameraleute und Fotografen umringen das Auto.

Der Mann steigt aus: Er trägt einen weißen Anzug mit aufgekebten Baby-Puppen. Sein Mund ist "blutverschmiert".

Organisiert wurde der Auftritt von Aktionskünstler Hubsi Kramar, der bereits mit seiner "Pension F." für Ausehen sorgte.

8.40 Uhr: Die Anwälte von Josef Fritzl kommen ins Gericht.

09.22 Uhr: Die Richterin ist im Verhandlungssaal eingetroffen.

09: 28: Joseph Fritzl wird vorgeführt.

Fritzl hält immer noch die blaue Mappe vors Gesicht, durch zwei Gucklöcher kann er die Journalisten beobachten, die vor ihm sitzen.

Der Angeklagte versteckt sein Gesicht hinter einem blauen Ordner. Er trägt einen grauen Anzug und ein anthrazitfarbenes Hemd, sein Haar ist schütter. Er beantwortet keine Journalistenfragen.

9.36 Uhr: Der Prozess beginnt. Noch dürfen die Kameras im Saal bleiben.

Die Richterin spricht - mit zittriger Stimme - die einleitenden Worte, es ist eine Erklärung an die Öffentlichkeit.

09:41: Josef Fritzl tritt in den Zeugenstand - ohne Mappe vor dem Gesicht.

Mehrere Protest-Gruppierungen reißen sich vor dem Gerichtsgebäude um die Aufmerksamkeit der Journalisten.

10.03 Uhr: Die Staatanwältin Christiane Burkheiser beginnt, chronologisch die Anklage vorzutragen.

10.10 Uhr: Fritzl wird verhört. Er spricht sehr deutlich und im Dialekt.

10.15 Uhr: Verteidiger Rudolf Mayer beginnt mit seiner Replik. Er ermahnt die Geschworenen, die Emotionen wegzulassen.

Mayer lässt mit einer Bemerkung aufhorchen: Eingesperrte Menschen und Inzest hätte es schon früher auf der ganzen Welt gegeben. "Was macht den Fall heute so außergewöhnlich?" Wäre F. ein "Monster", hätte er alle umgebracht und niemand hätte etwas bemerkt!

10.46 Uhr: Josef Fritzl legt ein Teilgeständnis ab und weist den Vorwurf des Mordes von sich.

10.50 Uhr: Josef Fritzl wird zu seiner Kindheit befragt.

11.03 Uhr: Fritzl berichtet von Übergriffen durch seine Mutter. Plötzlich wird seine Stimme leise und tränenerstickt.

11.12 Uhr: Es kommt Bewegung in die wartende Schar von Journalisten vor dem Gerichtsgebäude. Josef Fritzls Schwägerin taucht nämlich plötzlich auf.

11:22: Jetzt werden die Reporter gebeten, den Gerichtssaal zu verlassen. Der Prozess findet ab jetzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

11.35 Uhr: Aktionskünstler Hubsi Kramar schreit immer wieder "Pimmel, Pimmel!"

12.30 Uhr: Josef Fritzl spricht indessen hinter verschlossenen Türen über die Zeit, als er seine Tochter in das Kellerverlies gebracht hat.

14.30 Uhr: Richter, Anwälte und Geschworene stellen Josef Fritzl Fragen über die Vorfälle im Keller.

Gerichtssprecher Franz Cutka beginnt die Pressekonferenz. Parallel dazu geht der heutige Verhandlungstag in wenigen Minuten zu Ende.

Der Angeklagte wird zum 2 Tag des Prozesses in den Gerichtssaal geführt.

Wieder hält er sich einen blauen Aktenordner vor sein Gesicht.

Heute werden die Geschworenen mit der Aussage von Fritzls Tochter konfrontiert - das 11-stündige Video wird auf diesem Bildschirm gezeigt.

Fritzl trägt den selben Anzug wie am Vortag, nur das Hemd hat er gewechselt.

Im Gegensatz zum Vortag ist am Dienstag kaum jemand vor dem Gerichtsgebäude zu sehen.

Zu Beginn des Prozesses hatten verschiedene Organisationen um die Aufmerksamkeit der Medien gekämpft.

Wie bereits am Vortag wird der Angeklagte von zahlreichen Polizisten auf seinem Weg in den Gerichtssaal begleitet.

Auch im Pressezelt hat der Andrang der Journalisten deutlich nachgelassen.