ÖSTERREICH-Interview

Kaltenbrunner: Nie mehr auf den K2

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Am Satellitentelefon erzählte sie, wie mühsam ihr Sieg über den K2 war.

Wenn sie über ihre letzten Schritte zum K2 (8.611 m) erzählt, dann kämpft Gerlinde Kaltenbrunner mit den Tränen. Kein Wunder. Der Berg hatte der Oberösterreicherin alles abverlangt. Sechs Mal scheiterte sie. Am Dienstag um 18.18 Uhr (Ortszeit) hat sie den gefährlichsten Berg der Welt bezwungen. Zwei Tage später am Donnerstag gegen 9 Uhr schaffte sie auch den Abstieg und kam im Basislager an.

„Meinen Mann Ralf im Lager wiederzusehen, war das Allergrößte für mich. Er hat vom Lager mit dem Fernrohr unser Fortkommen beobachtet und mir über Funk immer wieder Zuversicht gegeben“, erzählt Kaltenbrunner ÖSTERREICH.

Hohe Gefahr
Die Bedingungen am Berg waren hart. Starker Schneefall hatte die Lawinengefahr extrem erhöht. Oft steckte Gerlinde Kaltenbrunner bis zur Hüfte im Schnee. Ein Weiterkommen war fast nicht möglich.

„Wir haben immer wieder hinterfragt, ob wir die Risiken eingehen können“, so Kaltenbrunner. Einer der Gründe, warum die Alpinistin weiß: „Zurückkommen werde ich nicht.“

"Ich hatte Zweifel, ob ich es schaffe"

ÖSTERREICH: Frau Kaltenbrunner, wie fühlen Sie sich drei Tage, nachdem Sie am Gipfel des K2 standen?
Gerlinde Kaltenbrunner: Im Moment bin ich müde und erschöpft. Es waren zehn anstrengende Tage am K2. Wir hatten mit schweren Bedingungen wie starkem Schneefall, Windspitzen mit 60 bis 70 km/h und Lawinengefahr zu kämpfen. Manchmal sind uns Zweifel aufgekommen, ob wir es schaffen. Aber ich bin glücklich, dass mein Lebenstraum in Erfüllung gegangen ist.

ÖSTERREICH: Wie war der Moment, als Sie die letzten Schritte kletterten?
Kaltenbrunner: Die Sonne strahlte, es war wolkenlos. Als ich die letzten Schritte hinaufgegangen bin, leuchtete alles. Es war ein majestätischer, ergreifender Moment (kämpft mit den Tränen). Ich war als Erste von uns vier oben. Als ich Ralf anfunkte, konnte ich nur mehr weinen. Wir blieben noch 15 Minuten am Gipfel und konnten nur staunen, so schön war es.

ÖSTERREICH: Haben Sie in diesem Moment auch an Ihren Kollegen Fredrik Ericsson gedacht, der im Vorjahr bei Ihrer Expedition starb?
Kaltenbrunner: Fredrik hat mich bei dieser Expedition sehr oft begleitet und auch in diesem Moment war er bei mir. Vom Gipfel sieht man zum Flaschenhals, wo Fredrik im Vorjahr abgestürzt ist.

ÖSTERREICH: Was haben Sie am meisten am Berg vermisst?
Kaltenbrunner: Meinen Mann Ralf. Es hat mir sehr leid getan, dass er umgekehrt ist, auch wenn ich seine Entscheidung voll und ganz akzeptiert habe.

ÖSTERREICH: Woher haben Sie die Zähigkeit genommen, es ein 7. Mal zu versuchen?
Kaltenbrunner: Ich habe die Liebe zu diesem Berg trotz der Enttäuschungen nie verloren. Im Vorjahr habe ich zu Ralf gesagt, wenn ich wieder zurückkehre, dann möchte ich es auf der Nordseite versuchen. Und ich hatte von Anfang an ein besseres Gefühl als bei den anderen Expeditionen.

ÖSTERREICH: Werden Sie nochmals versuchen, den K2 zu besteigen?
Kaltenbrunner: Ich bin total erfüllt und dankbar, dass ich die Nordseite kennenlernen durfte. Aber ich glaube nicht, dass ich auf den K2 zurückkehren werde.

ÖSTERREICH: Worauf freuen Sie sich jetzt?
Kaltenbrunner: Ich freue mich, zu Hause wieder ein gutes Quellwasser trinken zu können, weil ich im Moment noch sehr durstig bin.

ÖSTERREICH: Welche Gefühle haben Sie gegenüber dem K2?
Kaltenbrunner: Wenn ich jetzt rauf schaue, ist das ein sehr magischer Berg und jetzt habe ich positive Gefühle, auch wenn es mühsam war.

(ida)

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