Sahara-Geiseln

Kidnapper fordern Bodenschätze statt Geld

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Bereits ein Dreivierteljahr sind die Österreicher Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber entführt. Die Kidnapper stellen skurrile Forderungen.

Deutschland konnte seine Geiseln in der Sahara nach nur zehn Tagen befreien. Die beiden Österreicher Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber sind schon seit Februar - ein Dreivierteljahr - in den Händen ihrer Geiselnehmer in Mali. Warum gelingt es der Bundesregierung nicht, unsere Leute aus den Händen der Kidnapper zu befreien?

Skurrile Forderungen
Der Hauptgrund: Die Entführung von Andrea Kloiber (44) und Wolfgang Ebner (51) gestaltet sich als zermürbendes Drama - das in seiner Tragik auch skurrile Elemente aufweist. Anfangs wurde noch in martialischen Internet-Botschaften die Freilassung von Islamisten aus algerischen Gefängnissen gefordert.

Als diese Ultimaten verstrichen, überraschten die Al-Kaida-Kidnapper bald mit dem Versuch, stattdessen die in Wien verurteilten Al-Kaida-Sympathisaten Mohamed M. und Mona S. aus der Justizanstalt Josefstadt freizupressen.

Kidnapper wollen Trinkwasser und Bodenschätze
Forderungen, die mittlerweile offiziell vom Tisch sind: „Die Kidnapper fordern jetzt Zugang zu Trinkwasser, zu Bodenschätzen, Wegerechte und gewisse Sicherheitszusagen für den Transit, die von anderen Gruppen kontrolliert werden“, sagt der Sprecher des Außenministeriums, Peter Launsky.

Unterstützung lokaler Gruppen
Der Hintergrund ist, dass die Gruppe der Entführer lokale Unterstützung bei einigen Tuareg-Stämmen im Dreiländereck Algerien-Mali-Niger gefunden haben. Die verbündeten Nomaden beherbergen die Geiseln – und stellen dafür ihre eigenen Forderungen. Überraschenderweise aber nicht an Wien, sondern untereinander, bzw. an die malische Regierung. Im Klartext: Die Geiseln sind zu einem Faustpfand in der Hand mehrerer Gruppierungen geworden.

Naturheiler hilft den Geiseln
Dass die beiden Halleiner in der Obhut von Wüstennomaden sind, wird übrigens durchaus als gute Nachricht gewertet: Wenn auch kriegerisch, ist das Handeln der Tuareg nicht – wie das der Entführer – religiös motiviert, zudem sind sie für ihre Gastfreundschaft bekannt.

Bewohner der Region berichteten auch von Nahrungsmitteleinkäufen für die Geiseln durch ihre „Gastgeber“ auf lokalen Märkten. Zudem soll ein lokaler Naturheiler das Salzburger Paar aufgesucht haben – vor allem Ebner soll seit Monaten gesundheitlich angeschlagen sein. Der Mediziner berichtete später, es gehe Ebner relativ gut. Weiteres Indiz für eine gute Behandlung (aber auch dafür, dass sich die Al-Kaida-Komplizen in ihren Stammesgebieten sehr sicher fühlen): Seit einigen Wochen darf Wolfgang Ebner in regelmäßigen Abständen daheim anrufen – ein Zugeständnis, das verbitterte Dschihadis der Al Kaida laut Diplomaten kaum machen würden, da Satellitentelefone geortet werden können.

"Es geht um Lösegeld"
Bodenschätze statt Lösegeld? Insider halten das für vorgeschoben. Sie glauben eher, dass die Entführer immer noch am liebsten Cash sehen wollen. „Es geht eigentlich nur um Lösegeld“, sagte der deutsche Al-Kaida- und Geheimdienstexperte Yassin Musharbash kürzlich im Gespräch mit ÖSTERREICH. Lösegeld, das die Regierung offenbar zu zahlen bereit ist – deren Übergabe andere Involvierte aber verhindern wollen: Alge­rien etwa, das – wie berichtet – eine Auszahlung verhindert haben soll.

Denn Algier weiß: Die kolportierten fünf Millionen Euro für die Österreicher würden direkt in Waffen investiert werden. Und die Situation im von Anschlägen geplagten Land weiter verschärfen.

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