"Gewaltiger Angeber"

Mein Freund, der falsche Notarzt

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Sogar seine Freundin konnte der "falsche Notarzt" täuschen.

Als seine bizarre Vorstellung aufflog, sorgte der falsche Notarzt Jörn P. für landesweites Entsetzen: Wie berichtet, spielte der Mann zuerst den Mediziner im Fernsehen, dann ließ ihn die Rolle seines Lebens nicht mehr los. Der 38-Jährige bewarb sich bei der Rettung, wurde prompt genommen und fuhr als Notarzt bei 60 Einsätzen mit – dabei war der Schauspieler lediglich Sanitäter. Schließlich wurde er festgenommen, jetzt sitzt er in U-Haft.

ÖSTERREICH traf nun Maria A. (28) – die Ex-Freundin des Mimen, der in Komparsenrollen in Kommissar Rex und Soko Donau mitgespielt hat.

Münchhausen
Die junge Frau wurde, nachdem sie ihn in einem Krankenhaus kennengelernt hatte, ein weiteres Opfer des Mannes mit dem medizinischen Münchhausensyndrom: „Mir hat er auch erzählt, dass er in Deutschland Medizin studiert hat und dort dann an diversen gerichtsmedizinischen Instituten arbeitete. Ob das stimmt, sei dahingestellt.“ Die 28-jährige Medizinstudentin ist sogar beim Roten Kreuz Schulter an Schulter Rettungseinsätze mit dem falschen Notarzt gefahren – und merkte nichts von den fehlenden Fähigkeiten des Galans. „Obwohl er ein Angeber war, kannte er sich auf allen medizinischen Gebieten gut aus und konnte überall mitreden“, erzählt die angehende Frau Doktor.

Zehn Jahre Haft drohen
Dennoch endeten zwei Rettungsfahrten mit dem falschen Arzt an Bord tragisch. Als eine ältere Dame ins Krankenhaus gebracht wurde, bekam sie Herzrhythmusstörungen. Ein Mann starb sogar auf dem Weg ins Spital. Die Ermittlungen der Polizei ergaben aber, dass Jörn P. keine Schuld trifft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm daher nur Kurpfuscherei und schweren gewerbsmäßigen Betrug vor. Bei einem Schuldspruch drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. „Die Notfallmedizin-Prüfung hat er absolviert“, versucht Jörn P.s Anwalt Marcus Januschke zu beruhigen: „Ein Kurpfuscher ist er aber kein Betrüger, denn er hat sich bei seinen falschen Einsätzen finanziell ja nicht bereichert.“

Rolle
„Ich habe ihn im Gefängnis besucht, er macht eine Therapie und es tut ihm alles leid“, so die Ex des falschen Notarztes: „Er ist kein böser Mensch und wollte niemanden etwas antun, sondern nur eine tolle Rolle im Leben spielen.“

"Er war ein gewaltiger Angeber"

ÖSTERREICH: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Ihr Freund festgenommen wurde?
Maria A.: Hab ich’s mir doch gedacht, war die erste Reaktion.
ÖSTERREICH: Warum?
Maria A.: Er war schon ein gewaltiger Aufschneider und hat immer von seiner TV-Rolle als Arzt bei Kommissar Rex geschwärmt.
ÖSTERREICH: Wussten Kollegen beim Roten Kreuz von seinen TV-Auftritten?
Maria A.: Ja, aber die dachten, er wäre ein echter Arzt und hätte dort nur mitgespielt. Das alles hat sich irgendwie verselbstständigt.
ÖSTERREICH: Warum glauben Sie, hat er sich als falscher Notarzt ausgegeben?
Maria A.: Er wollte in seinem Leben eine tolle Rolle spielen und wichtig sein.
ÖSTERREICH: Glauben Sie trotzdem an seine medizinischen Fähigkeiten?
Maria A.: Ja, denn er hat
eine Notfallmedizin-Prüfung absolviert, und ich würde mich ehrlich gesagt lieber von ihm behandeln lassen, als von manch
einem anderen promovierten Arzt.

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