Heute Nacht

Polizist erschoss Oberösterreicher

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Der "älterer Herr" hatte die Beamten mit einer Pistolen-Attrappe bedroht. Auf den Warnschuss reagierte er nicht.

Ein 84-jähriger Pensionist ist Mittwoch früh in Laakirchen (Bezirk Gmunden) von einem Polizisten durch einen Schuss in den Oberkörper getötet worden. Der Mann hatte sich geweigert seine täuschend echte Pistolen-Attrappe abzulegen und damit zwei Beamte einer Sektorenstreife bedroht, teilten Staatsanwaltschaft und Exekutive bei einer Pressekonferenz im Landesgericht Wels mit. Einer der Polizisten gab zunächst einen Warnschuss in den Boden vor dem Haus in der Weinstraße ab und feuerte danach ein Projektil auf den 84-Jährigen.

Zusteller verfährt sich
Aufgesucht hatten die beiden Beamten den Pensionisten, nachdem dieser in den Nachtstunden einem Zeitungszusteller mit seiner Nachbildung der während des Zweiten Weltkrieges gefertigten Pi 38, Kaliber neun Millimeter, gedroht hatte. Der Zusteller erstattete laut Christian Hubmer von der Staatsanwaltschaft Wels gegen 2.15 Uhr bei der Polizeiinspektion Gmunden telefonisch Anzeige, laut der er von einem "älteren Herrn" mit einer Waffe bedroht worden sei.

Der Mann hatte einen Zeitungsausträger bedroht

Das Opfer hatte eine Pistole als er von den Polizisten erschoßen wurde

Spurensicherung am Tatort

Der total geschockte Zeitungsausträger

Er habe sich in der Gegend nicht genau ausgekannt und sei daher zur Orientierung in die Hauseinfahrt des 84-Jährigen gefahren, gab der Zusteller an. Als er das Adressschild ablesen wollte, sei der Pensionist mit einem Gehstock und einem weiteren Gegenstand in der Hand herausgekommen. Er habe dann das Seitenfenster geöffnet und sei mit einer Pistole bedroht worden. Der Zusteller fuhr daraufhin weg und alarmierte die Polizei.

Pistolen-Attrappe
Die Bezirksleitstelle Gmunden schickte laut Hubmer eine Sektorenstreife mit zwei männlichen Beamten mittleren Alters zu dem Haus. Was dort nach der Drohung mit der Pistolen-Attrappe genau passierte, war am Mittwoch noch Gegenstand von Ermittlungen. Warum die Beamten sofort gehandelt und nicht Verstärkung durch eine weitere Streife oder das Einsatzkommando Cobra abgewartet hatten, war noch unbekannt.

Die beiden Streifenpolizisten werden laut Hubmer psychologisch betreut und sollten Mittwochnachmittag befragt werden. Geplant ist auch eine Rekonstruktion des Vorfalls am Ort des Geschehens. Aus Gründen der Objektivität hat die Ermittlungen auf Anordnung des Innenministeriums das Landeskriminalamt (LKA) Steiermark übernommen.

"Täuschend echt"
Die Beamten dürften die Pi 38-Nachbildung jedenfalls für echt gehalten haben: Diese sieht einer echten Waffe täuschend ähnlich, wie sich Journalisten bei der Pressekonferenz überzeugen konnten. Ein Fachmann erkennt die Attrappe nur daran, dass ihr Magazin mit der Waffe verschweißt ist, beim Original ist dieses abnehmbar. Dabei sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Schussabgabe Dunkelheit herrschte, betonten Exekutive und Staatsanwaltschaft.

Über den Getöteten lagen vorerst keine weiteren Informationen vor. Das Alter des Toten wurde am Vormittag zunächst irrtümlich auf 86 Jahre korrigiert, danach aber wieder mit 84 angegeben. Die Polizei ordnete eine Obduktion der Leiche an. Informationen, wonach sich zuletzt in der Umgebung Kriminalfälle ereignet hatten, die eine private Bewaffnung zur Folge gehabt haben könnten, gibt es laut Exekutive nicht.

Nachbarn hörten nichts
Der Tod eines 84-jährigen Pensionisten ist im Verkehrslärm untergegangen. Die vielbefahrene B144 führt unmittelbar am Haus des Toten vorbei. Die Nachbarn bemerkten kaum etwas von dem Geschehen.

Überwachungskameras
Das einstöckige Haus des Pensionisten macht einen gepflegten Eindruck. Der Eingang ist mit zwei Überwachungskameras bestückt. Ob sie auch nur Attrappen wie die Pistole des Pensionisten sind, ist nicht erkennbar. Auf der asphaltierten Zufahrt befanden sich Markierungen - angebracht von den Ermittlern nach dem Zwischenfall. Zahlreiche Journalisten klapperten die Umgebung auf der Suche nach Zeugen des Vorfalles ab.

Aber in der Siedlung am Ortsrand von Laakirchen sind tagsüber nur wenige Bewohner daheim. Eine der Anwesenden ist eine Frau, die in der Nähe wohnt. Sie schilderte, dass sie in der Nacht zwei "relativ knapp hintereinander - einige Sekunden" abgefeuerte Schüsse gehört habe. Sie habe auf ihren Wecker gesehen und 2.22 Uhr abgelesen. Ihr sei aufgefallen, dass es sich um keine Knallkörper gehandelt habe. Dann habe sie noch gewartet, ob Einsatzfahrzeuge von Polizei oder Rettung kämen. Als sie nichts gehört habe, hätte sie dem Ganzen keine Bedeutung zugemessen. Erst in der Früh habe sie von dem Zwischenfall aus dem Radio erfahren.

Familie
Die Frau beschrieb den Pensionisten als sehr ruhig. Er habe zurückgezogen gelebt und nicht viel geredet, wenn man ihm einmal begegnet sei. Irgendwelche Auffälligkeiten habe es bei ihm nicht gegeben. Vor seiner Pensionierung habe er in der Papierfabrik im Ort gearbeitet. Es soll eine Tochter, einen Schwiegersohn und Enkelkinder geben.

"Ich dachte, er knallt mich ab"
ÖSTERREICH:
Was ist in der Hauseinfahrt passiert?
Klaus Arrer: Ich liefere Zeitungen aus, kenne die Gegend aber noch nicht so gut, weil ich neu bin. Ich habe eigentlich nur eine Adresse nachschauen wollen. Dafür bin ich mit meinem Auto zufällig in die Hauseinfahrt gefahren. Ich wollte die Adresse für meine nächste Lieferung eruieren und habe mich kurz hingeparkt. Plötzlich habe ich bemerkt, dass jemand neben dem Auto stand. Als ich mich umdrehte, habe ich den Mann gesehen. Ich habe das Fenster hinuntergelassen und ihm gesagt, dass ich nur der Zeitungsausträger bin.
ÖSTERREICH: Hatte er da die Waffe bereits in der Hand?
Arrer: Ich war völlig geschockt. Und der Mann hat kein Wort gesagt. Er hat nur tief eingeatmet, einen Schnaufer getan und die Waffe auf mich gerichtet. Auf das, was ich gesagt habe, ist er gar nicht eingegangen. Ich dachte, jetzt knallt er mich ab. Ich hatte Todesangst.
ÖSTERREICH: Haben Sie die Waffe für echt gehalten?
Arrer: Ich habe keine Zweifel daran gehabt.
ÖSTERREICH: Was haben Sie dann getan?
Arrer: Ich hab das Fenster gleich wieder raufgekurbelt, hab’ den Rückwärtsgang eingelegt und bin aufs Gas gestiegen. Und hab’ die Polizei angerufen.
ÖSTERREICH: Ist Ihnen schon etwas Ähnliches passiert?
Arrer: Noch nie. Ich mache den Job noch nicht so lange. Erst seit zwei Wochen arbeite ich hier in Laakirchen. Eigentlich bin ich aus Linz und vor kurzem zu meiner Freundin und ihrem dreijährigen Sohn gezogen. Dass so etwas passieren könnte, damit hätte ich nie gerechnet.
ÖSTERREICH: Wie fühlen Sie sich jetzt?
Arrer: Ich bin fix und fertig, so müde. An Schlaf war natürlich nicht zu denken. Das muss man erst mal verdauen, dass man da mit dem Tod konfrontiert war.
ÖSTERREICH: Was halten Sie vom Vorgehen der Polizei?
Arrer: Dafür habe ich volles Verständnis.

D. Pröll

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