ÖSTERREICH

Profiler glaubt - Frau ist Giftmischerin von Spitz

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Der vergiftete Bürgermeister von Spitz/Donau liegt immer noch im Koma. Die Ermittlungen laufen. Profiler Haller glaubt an eine "Täterin“.

Der Bürgermeister von Spitz an der Donau, Hannes Hirtzberger, liegt nach der Giftattacke vom Samstag immer noch in künstlichem Tiefschlaf. "Wir können noch nicht genau sagen, wann wir ihn wecken“, erklärt Monika Gstöttner, Sprecherin des Landesklinikums Krems. Im Minutentakt werden Blut- und Vitalwerte überprüft. Eine Prognose kann noch nicht erstellt werden.

Giftiges Geschenk
Wie ÖSTERREICH berichtete, liegt der beliebte Kommunalpolitiker und Rechtsanwalt nach dem Genuss einer mit Strychnin präparierten Mon Chéri-Praline auf der Intensiv-Station. Das tödliche Präsent fand der zweifache Familienvater Freitagabend auf der Windschutzscheibe seines Mercedes vor dem örtlichen Gemeindeamt. Die Bonbonniere war in einem Kuvert verpackt. Auf dem beigelegten Billett stand „Wollte dir etwas Wichtiges sagen. Du bist etwas ganz Besonderes für mich“. Nichtsahnend aß Hirtzberger das vermeintliche Geschenk – und kämpft seither gegen die Folgen der Vergiftung.

DNA-Spuren
Die Polizei ermittelt auf Hochtouren. Vier Thesen hätte man momentan ins Auge gefasst, erklärt Chefinspektor Leopold Etz vom Landeskriminalamt Niederösterreich (siehe nächste Seite). Stein für Stein wollen die Top-Cops das Puzzle zusammenfügen. Eine erste Spur führte ins Leere. Die Fingerabdrücke auf der Windschutzscheibe von Hannes Hirtzbergers Wagen entpuppten sich als jene der Helfer, die den 55-Jährigen in Unterloiben erstversorgten. Größere Hoffnung setzt die Exekutive in die auf dem Billett und dem Kuvert gefundenen DNA-Spuren. "Die Auswertung dauert im besten Fall 48 Stunden, im schlechtesten drei Wochen“, sagt Ermittler Leopold Etz. Überprüft werden auch die Aufnahmen der Überwachungskamera des Bankomaten unweit des Spitzer Gemeindeamtes. Die von einer Zeitung vermeldete „heiße“ Spur dürften die Bilder aber nicht sein.

"Täterin“
Unterdessen hat sich auch der renommierte Kriminalpsychologe Reinhard Haller zu Wort gemeldet. Er geht von einer "Täterin“ aus. Denn 90 Prozent aller Giftattacken gingen auf das Konto von Frauen. "Normalerweise sind die Motive für Giftmorde im privaten Bereich zu finden, ausgelöst durch Beziehungsprobleme oder Eifersucht“, sagt der Vorarlberger Profiler.

Die Kollegen in Hirtzbergers Kanzlei wiederum glauben nicht, dass der Anwalt Opfer eines enttäuschten Klienten oder gar eines Rivalen wurde.

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Die vier Szenarien: Was war das Motiv?

1. Hochwasser
Hannes Hirtzberger könnte sich als Bürgermeister Feinde gemacht haben, denn "schon eine falsche Bauentscheidung oder eine Verhandlung kann Menschen dazu bringen, ihren Bürgermeister zu hassen“, analysiert Chefinspektor Leopold Etz vom NÖ-Landeskriminalamt. Darüber hinaus war auch der Hochwasserschutz in der an der Donau gelegenen Gemeinde Spitz ein großes und emotionales Thema. Hirtzberger gilt eher als "Bremser“ bei Hochwasserbauten, weil er immer eine sensible Abwägung zwischen Verbauungen und Landschaftsbild propagiert hat. Diese Abwägung könnte Menschen, die auch unter dem Hochwasser zu leiden hatten, natürlich ein Dorn im Auge sein.

2. Insolvenzen
Der engagierte Bürgermeister ist auch Anwalt und befasst sich in seiner Kremser Kanzlei zu einem großen Teil mit Insolvenzen. "Aus diesem Bereich könnte sich ebenfalls ein Täter und auch ein Motiv ergeben. Man bedenke nur, wenn sich jemand quasi in den Ruin getrieben fühlt, oder in seiner Verzweiflung glaubt, ein Anwalt hätte etwas mit seiner wirtschaftlichen Lage zu tun“, so Kriminalist Leopold Etz. Und Etz weiter: "Auch eine gegnerische Partei könnte sich über den Tisch gezogen fühlen.“ Dazu kommt noch die Verbindung zur Raiffeisenbank, denn Hannes Hirtzberger ist Vorstandsmitglied der Raika in Krems. „Menschen sehen oft Zusammenhänge, auch wenn keine da sind“, so Etz.

3. Eifersucht
War es eine Frau? Und wenn es eine Frau war, wollte sie sich rächen? Für diese Theorie, dass es sich um einen persönlichen Racheakt aus dem privaten Umfeld handelt, spricht die Analyse des bekannten Profilers Reinhard Haller, der ganz fest an eine Täterin glaubt. "Männer bevorzugen die direkten Methoden, die mit einem Täter konfrontiert durchgeführt werden. Frauen hingegen entscheiden sich für weichere Methoden“, so Haller. Gift ist eine solche "weiche“ Methode.

Gänzlich unwahrscheinlich scheint aber, dass es sich dabei gar um eine verschmähte Geliebte handeln könnte. Immerhin hat Hirtzberger seiner Frau sofort von dem geheimnisvollen "Mon-Chéri-Geschenk“ erzählt.

4. Psychopath
Die Arbeit der Polizei ist auch deshalb so schwierig, weil es sich womöglich um gar kein rational fassbares Motiv handeln könnte. „Diese Möglichkeit besteht natürlich. Es könnte sich um einen geisteskranken Täter handeln. Jemand, der glaubt, dass ihn Hannes Hiertzberger bedroht, ihm das Leben zur Hölle macht, oder ihn vernichten will. Und das vielleicht, obwohl sich die beiden gar nicht kennen“, fasst Ermittler Leopold Etz auch diese Variante ins Auge. Dass der oder die Täterin zumindest gewusst haben muss, dass er Mon Chéri gerne isst, spricht dabei nicht gegen diese Theorie. „Wenn man so etwas vorhat, weiß man normalerweise viel über sein potenzielles Opfer“, betont Etz.

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