Geklärt

So verbrachte Ötzi seine letzte Stunde

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Bei einem Kongress wurde die letzte Stunde des Eismannes rekonstruiert.

Die vor über 20 Jahren entdeckte und inzwischen weltbekannte Gletschermumie "Ötzi" hat am vergangenen Wochenende beim zweiten Mumienkongress in Bozen über 100 Wissenschafter aus aller Welt in Südtirol versammelt. Dabei wurde auch die letzte Lebensstunde des Eismannes rekonstruiert.  "Er hat gerastet und ein ausgiebiges Mahl eingenommen. Bei dieser Rast ist er von einem Angreifer überrascht, erschossen und liegen gelassen worden", beschrieb Albert Zink, Leiter des Bozner EURAC-Instituts für Mumien und den Iceman, das Todesszenario.

Damit wurde die Theorie über eine mögliche Grabstätte auf 3.200 Meter Seehöhe endgültig ausgeschlossen. "Die Haltung der Mumie mit dem Arm schräg nach oben und das Fehlen von Steinansammlungen oder grabähnlichen Arrangements spricht gegen die Begräbnistheorie", führte der Forscher aus. Weshalb sich Ötzi auf dieser Höhe im Bereich des Tisenjochs in den Ötztaler Alpen aufhielt, wurde nicht thematisiert, allerdings wurde die seit 1996 existierende Meinung, dass Ötzi ein Hirte war, widerlegt. Archäologischen und botanischen Erkenntnissen zufolge, habe es in der Kupferzeit noch keine saisonale Wanderviehwirtschaft gegeben. Laut Wissenschaftern begann diese erst in der Bronzezeit ab 1500 v. Chr.

Nicht auf der Flucht

Außerdem habe sich der Eismann nicht auf der Flucht befunden. Magenproben belegten eine ausgiebige Mahlzeit aus Steinbockfleisch, Getreidekörnern, Blättern, Äpfel und auch Fliegenflügel 30 bis 120 Minuten vor seinem Tod. Weiters fand der Botaniker Klaus Oeggl Pollen der Hopfenbuche in Ötzis Magen. Demnach starb der Eismann im Frühjahr und nicht im Herbst.

Bereits vergangenen Freitag war bekanntgeworden, dass Ötzi sich kurz vor seinem Tod ein stark blutendes Cut mit einer Fraktur im Bereich der rechten Augenhöhle kombiniert mit einer Einblutung im Augapfel (Augapfelprellung) zugezogen hatte. Nanotechnologischen Untersuchungen einer Gehirnprobe zufolge erlitt er tatsächlich ein Schädel-Hirn-Trauma. "Dieses allein hätte bereits tödlich sein können, hat sicherlich aber neben der Schussverletzung zum Tode beigetragen", teilten Wissenschafter der Ludwig-Maximilian Universität in München ihre Erkenntnisse mit. Ungeklärt blieb die Frage, ob sich der Eismann das Trauma durch einen Sturz oder durch einen Schlag auf den Kopf zugezogen hatte.

Gewebeproben ausgewertet

Der Großteil der Erkenntnisse ging auf Auswertungen von Gewebeproben aus Magen und Gehirn zurück. Seither untersuchen Mediziner, Nanotechnologen, Anthropologen, Biochemiker, Archäologen und Physiker diese Proben auf unterschiedliche wissenschaftliche Fragestellungen hin. Am vergangenen Wochenende nutzten die "Ötziforscher" die Gelegenheit, beim Mumienkongress den aktuellen Forschungsstand zu diskutieren.

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