Prozess in Wien

Türke wegen Mordes vor Landesgericht

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Er wollte seine Ex-Frau ermorden, sterben musste aber die Schwiegermutter.

Schreckliche Szenen haben sich im August des Vorjahres in Wien-Währing abgespielt: Ein nunmehr 32-Jähriger hatte vor den Augen der gemeinsamen Kinder versucht, seine Ex-Frau zu erstechen. Während diese knapp mit dem Leben davonkam, starb die Schwiegermutter ein Monat später wegen des Versuchs, ihre Tochter zu retten. Heute, Dienstag, musste sich der Türke am Wiener Landesgericht wegen Mordes und -versuchs verantworten. Der Prozess unter dem Vorsitz von Richter Norbert Gerstberger wird am morgigen Mittwoch fortgesetzt.

Ehe war arrangiert
Die Ehe des Angeklagten war in der Türkei arrangiert worden, doch trotz der Geburt zweier Kinder nicht allzu glücklich. Man war nach Österreich übersiedelt, wo die junge Frau mit ihren Eltern aufgewachsen war. 2010 wurde die Ehe einvernehmlich geschieden - wegen der Spielsucht des 32-Jährigen, so Staatsanwältin Petra Freh. Dieser wiederum meinte vor Gericht, seine Ex-Frau hätte zu trinken begonnen und sich nicht um Kinder und Haushalt gekümmert.

Fakt ist jedenfalls, dass der Türke mit der neuen Situation nicht klar kam und seine Frau bereits einmal mit einem Messer bedroht hatte. Dieses Verfahren war jedoch eingestellt worden nachdem das Opfer von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht hatte. Doch es wurde ein Betretungsverbot ausgesprochen.

Mutter ermöglichte Kontakt trotz Betretungsverbot

Dennoch wollte die damals 28-Jährige den 2002 und 2003 geborenen Kindern einen Kontakt zum Vater ermöglichen. So durften der Bub und das Mädchen erstmals seit langem wieder bei ihm übernachten. Doch dabei kündigte der Angeklagte laut Anklage gegenüber den eigenen Kindern an, ihre Mutter und dann sich selbst töten zu wollen. Das Mädchen rief daraufhin weinend bei der alarmierten Mutter an, die daraufhin telefonisch ankündigte, dass ihr Ex-Mann die Kinder nicht mehr sehen dürfe und diese sofort nach Hause bringen sollte.

Schon beim Heimbringen der verstörten Kinder nach Währing hatte der Angeklagte ein Messer mit 16 Zentimeter langer Klinge eingesteckt, das er extra für den Mord für zehn Euro gekauft hatte, wie er unmittelbar nach der Tat der Polizei erzählt hatte. Als sich bei der Wohnungstür ein Streit entwickelte, stach er seinem Opfer wuchtig in den Bauch. Die junge Frau flüchtete über die Stiegen. An der Verfolgung hinderte ihn jedoch seine Schwiegermutter, die ebenfalls im Bauch getroffen wurde. Beim Gerangel verlor er die Waffe, die von seiner Ex-Frau auf der Straße in einem Kanal entsorgt wurde.

Kinder mussten Tat mitansehen

Wütend darüber, dass ihm der Mord nicht gleich gelungen war, schlug und trat der 32-Jährige so lange auf seine Ex ein bis ihn schließlich die Kräfte verließen. Auf der Flucht brach er zusammen und wurde schließlich von der Polizei gefunden. Das gesamte blutige Geschehen hatten die gemeinsamen Kinder hilflos mitansehen müssen.

Vor Gericht präsentierte sich der Angeklagte laut seinem Verteidiger Marcus Januschke als "gebrochener, geläuterter Mann", der in U-Haft 25 Kilogramm abgenommen habe. Einsamkeit und Depressionen hätten ein "emotionales Gewitter" ausgelöst, dass "falsch kanalisiert" wurde. Er bekannte sich der Messerstiche schuldig, habe jedoch seine Schwiegermutter nicht umbringen wollen.

Gedächtnislücken bei Aussagen

Bei seiner Aussage wurde der 32-Jährige von Gedächtnislücken geplagt, insbesondere zu jenen Momenten, die für ihn kritisch sein könnten - vor allem bei der Tötung seiner Ex-Schwiegermutter. Das Motiv für seine Tat sei die Angst gewesen, seine Kinder nicht mehr sehen zu dürfen. Das Messer habe er nur eingesteckt, um sie einzuschüchtern. Ob er eine derartige Bedrohung als taugliches Mittel erachte, seine Ex-Frau zu überzeugen, wollte die Staatsanwältin wissen? "Ja", meinte der Angeklagte. Auch sonst versuchte er sein Vorgehen in einem nicht allzu ungünstigen Licht dazustellen: So wäre er, als ihn seine Schwiegermutter von hinten "angegriffen" hätte, gemeinsam mit ihr die Stiegen heruntergefallen. Wie diese zu den mehrfachen Messerstichen kam, wüsste er nicht. Dass seine eigene Tochter berichtet hatte, der Papa hätte "der Oma ein Messer in den Bauch gesteckt und dann damit gewackelt", erklärte sich der 32-Jährige damit, diese habe das auswendig gelernt.

Nicht erinnern konnte oder wollte er sich auch nicht an seine "Lebensbeichte", wie es ein Beamter nannte, die er unmittelbar nach der Tat gegenüber der Polizei und dem Krankenhauspersonal abgelegt hatte. Diesen hatte er geschildert, er hätte schon vorher den Plan gefasst, seine Frau zu töten. Dafür habe er das Messer eingesteckt und sofort auf sein Opfer eingestochen. Er erkundigte sich auch, ob seine Frau tot sei. Als die Schwester nachgefragt hatte und berichtete, diese würde überleben, war er enttäuscht.

Obwohl auf der Zeugenliste geführt, wurde die Ex-Frau am Dienstagnachmittag nicht gehört. Ihre Aussagen wurden ebenso wie jene der Kinder auf Video aufgezeichnet und werden am Mittwoch vorgespielt. Die Plädoyers und das Urteil sind laut Gerstberger für Montagnachmittag (30. Mai) geplant.

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