Prozess in Graz

Zwei mutmaßliche Jihadisten-Paare vor Gericht

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Die vier Personen sollen mit ihren Kindern nach Syrien gezogen sein.

Der Prozess gegen vier mutmaßliche Jihadisten ist am Dienstag im Grazer Straflandesgericht fortgesetzt worden. Den beiden Paaren wird auch das Quälen von Unmündigen angelastet, weil sie ihren insgesamt acht Kindern brutale Propaganda-Videos gezeigt haben sollen. Ein Gutachter erklärte, die Kampfausbildung der Buben bei der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beginne mit sechs Jahren.

Einer der Männer (38) muss sich auch wegen versuchten Mordes als terroristische Straftat verantworten, weil er als Scharfschütze gekämpft und zumindest einen Gegner schwer verletzt haben soll. Seine Partnerin (39) fühlte sich in keiner Weise schuldig. Der zweite Mann (49) will in Syrien nur verletzte Kämpfer betreut und massiert haben, er fühlte sich nur teilschuldig, seine Frau (43) - die einzige, die bisher im Prozess ausführlich befragt wurde - gab alles ohne Abstriche zu.

Umfangreiche Gutachten

Am zweiten Verhandlungstag war der Islamismus-Experte Guido Steinberg am Wort. Er hat zwei umfangreiche Gutachten erstellt, die sich unter anderem mit der Scharia-Ausbildung und den Scharfschützen im IS beschäftigen. Er beschrieb, dass schon die Einreise in Syrien und der Beitritt beim IS für Muslime aus anderen Ländern ohne "Empfehlungsgeber" nicht möglich sei. Es erfolgen strenge Kontrollen, ein Registrierungsbogen wird ausgefüllt, dann erst beginne die religiöse und die militärische Ausbildung. Das Ganze endet mit dem Gefolgschaftseid, der die Kämpfer für einige Zeit an den IS bindet.

Das Training der Kinder beginne bereits mit sechs Jahren, wenn sie "mit Spielzeugwaffen hantieren", so der Sachverständige. Ab zwölf Jahren erfolge dann die richtige Ausbildung. Die Rückkehr sei "gefährlich, es ist für die Männer ja eine Desertion", so Steinberg. Die beiden angeklagten Paare waren im Dezember 2014 nach Syrien eingereist und Anfang 2016 wieder geflüchtet. Der 38-Jährige steht im Verdacht, als Scharfschütze tätig gewesen zu sein. Diese Kämpfer seien für den IS besonders wichtig, nachdem aufgrund der gegnerischen Luftwaffe kaum noch schweres Gerät eingesetzt werden konnte, führte der Gutachter aus.

Als der Richter ankündigte, einige IS-Videos zu zeigen, erklärte einer der Verteidiger, er werde sich diese nicht anschauen, weil er das mit seinem Glauben nicht vereinbaren könne und daher gegebenenfalls von einem Praktikanten vertreten werde. "Merken Sie sich das", wandte sich der Staatsanwalt sofort an die Geschworenen: "Die Kinder mussten sich diese Filme anschauen."

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