Kriminalfall

Flick-Sarg wird zum Polizei-Skandal

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Der Flick-Sarg ist wieder in Kärnten. Die sechs Mitglieder der Entführerbande wurden in Budapest verhaftet.

Einer der kuriosesten Kriminalfälle Österreichs nimmt seit dem Wochenende ein absurdes – und für Österreichs Polizei höchst peinliches – Ende.

Seit Freitag der Vorwoche wissen Insider, dass der im November 2008 entführte Sarg des Milliardärs Friedrich Karl Flick wiedergefunden wurde. Doch erst gestern um 16.28 Uhr bestätigte das „Bundeskriminalamt Österreich“, dass der Sarg – so die wörtliche Aussendung – „am 29. November 2009 in Ungarn sichergestellt und den österreichischen Behörden übergeben wurde“. Nachsatz: „Die Familie wurde hierüber in Kenntnis gesetzt.“

Hinter der dürren Wortmeldung versteckt sich ein peinlicher Polizeiskandal, denn:

– Der Sarg wurde nicht von den Sicherheitsbehörden, sondern von einer privaten Security-Firma gefunden. Österreichs Polizei wurde offenbar tagelang nicht informiert …

– Die Familie Flick hat am Weg zur „Sicherstellung“ des Sarges enormes Lösegeld bezahlt.

– Die Rolle hoher Polizeibeamter in der Causa wird noch für Aufregung sorgen.

Freitag kam der Anruf: „Der Flick-Sarg ist zurück“
Der letzte Akt der Causa begann vergangenen Freitag, 27. November, um 8.52 Uhr mit einem Anruf in der ÖSTERREICH-Redaktion. Ein prominenter Kärntner – mit guten Society-Kontakten zur Flick-Witwe – gab uns den Hinweis: „Der Flick-Sarg ist seit dieser Woche wieder aufgetaucht – er befindet sich bereits im Besitz der Witwe.“

Um 11.22 Uhr erfolgte der in dieser von zahllosen Gerüchten umwobenen Causa zwingende Recherche-Anruf von ÖSTERREICH-Redakteur Wolfgang Höllrigl bei Jörg-Andreas Lohr, dem Vorstand der Flick-Stiftung und Sprecher der Familie. Der spielte den völlig Überraschten: „Also davon habe ich ganz sicher noch nie etwas gehört. Das ist ein absurdes Gerücht. Das ist unter Garantie Unsinn und völlig falsch!“

Zweiter Anruf bei der Kärntner Polizei: „Unhaltbares Gerücht – stimmt ganz sicher nicht.“

Daraufhin hielt ÖSTERREICH die Story zurück – druckte sie mangels Bestätigung vorerst nicht.

Polizei verschweigt Sarg-Fund bis gestern Abend
Montag dann ein ähnliches Szenario. Diesmal geht die Insider-Information an die „Krone“ – diesmal schon deutlich detaillierter als Freitag bei ÖSTERREICH.

Die „Krone“ bringt die Headline „Flick-Sarg wieder aufgetaucht!“ Dienstag auf der Titelseite.

Flick-Vorstand Lohr und die Polizei geben sich auch nach Erscheinen der Krone-Story unwissend: „Es gibt keine Spur!“

Und: „Falsche Gerüchte!“

Die APA titelt noch zu Mittag – mangels jeder Polizei-Auskunft – „Verwirrung um angeblich aufgetauchten Flick-Sarg!“

In Wahrheit sollte das Verwirrspiel nur eine Polizeigroteske verschleiern.

Flick-Witwe zahlte vor Sarg-Befreiung hohes Lösegeld
Die Recherchen rund um den Flick-Sarg deuten auf einen wahren Krimi hin.

Laut den Infos von Insidern hat sich die Witwe Ingrid Flick im Sommer dieses Jahres in ihrer Verzweiflung über die Untätigkeit der österreichischen Polizei an die Sicherheitsbeauftragten eines bekannten heimischen Industriellen gewandt.

Die beiden in Österreich bekannten Sicherheitsbeauftragten – einer von ihnen arbeitet mittlerweile wieder beim BKA – organisierten für die Witwe eine perfekte Fahndung durch eine private Security-Firma. Ein Insider der ganzen Aktion berichtet: „Diese private Security-Fahndung lief seit Juli und wurde mit Mitteln durchgeführt, die der österreichischen Polizei nicht erlaubt gewesen wären. Internet-Fahndung, Raster-Fahndung, Observierung in einem fremden Land, ohne die dortige Polizei einzuschalten – und schließlich Geldzahlung.“

Konkret behauptet der Insider, Ingrid Flick hätte von den Sarg-Entführern „mehrere Erpresser-Mails mit der Forderung nach mehr als 1 Million Euro erhalten“. Aufgrund dieser Mails hätte die private Security-Firma dann via Internet „die Identität der Entführer und ihre geografische Herkunft“ festgestellt und dann undercover „in einem benachbarten Land“ die Personen „observiert“.

Schließlich sei mit den Entführern tatsächlich eine Lösegeldübergabe vereinbart und auch durchgeführt worden.

Daraufhin habe die Familie Flick im Austausch gegen das Lösegeld den Sarg erhalten – und „an einen sicheren Ort“ gebracht.

Erst danach seien – „mit einem deutlichen zeitlichen Abstand“ – die Behörden informiert worden.

Private Security holte Sarg zurück – ohne Polizei
Tatsächlich wurden die Sicherheitsbehörden in Ungarn und Österreich erst gestern, Montag, aktiv.

Nach den Informationen, die Freitag früh bei ÖSTERREICH eingingen, war der Sarg aber bereits die gesamte letzte Woche in Kärnten.

Auch laut den Informationen der „Krone“ war der Flick-Sarg bereits am Wochenende in Kärnten.

Offenbar wollte die Familie Flick bis gestern Mittag unbedingt verschleiern,

– dass sie für den Sarg in den letzten Wochen ein Lösegeld in Millionenhöhe bezahlt hat

– und dass alle Ermittlungen an der österreichischen und ungarischen Polizei vorbei von einer privaten Security durchgeführt wurden.

Gestern: Sechs Erpresser in Budapest verhaftet
Erst gestern Nachmittag nahm die ungarische Polizei dann in Budapest sechs mutmaßliche Täter fest. Es handelt sich dabei um eine ungarisch-rumänische Erpresserbande, die die Flick-Witwe seit mehr als einem Jahr (!) mit Geldforderungen via E-Mail erpresst hatte.

Mittlerweile ist die heimische Polizei eifrig bemüht, die „Sarg-Befreiung“ als ihre Tat darzustellen.

Der Flick-Sarg sei am Sonntag von den ungarischen Behörden (und nicht von privater Security) an die Polizei in Österreich übergeben worden. Der Sarg befinde sich nun in Kärnten und werde dort nach Spuren untersucht. Und: „Das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, das bereits eingestellt war, wird wieder aufgenommen.“

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