Mon Cheri-Prozess

Angeklagter von seinen Söhnen schwer belastet

Teilen

Knalleffekt im Prozess um den Giftanschlag: Der Angeklagte Helmut O. wurde von seinen Söhnen schwer belastet. Heute wird das Urteil erwartet.

Der Angeklagte Helmut O. sonnte sich im Blitzlichtgewitter der Fotografen und bekannte sich nicht schuldig, eine Praline mit Strychnin versetzt und dem Opfer mit einer Grußkarte unterschoben zu haben. Doch am Montag Nachmittag kam es zu einer dramatischen Wende: Sein eigener Sohn, dessen Befragung an und für sich gar nicht vorgesehen war, belastet den Vater schwer. Auch die Ehefrau des Opfers, Renate Hirtzberger, spricht von Problemen zwischen ihm und ihrem Mann. Ein Urteil wird für Dienstag erwartet.

Sohn: Plan, Hirtzberger umzubringen
Der 23-jährige Student und Sohn von Helmut O. erklärte unter Wahrheitspflicht, sein Vater sei "schon lange auf Hirtzberger böse" und mit diesem "verfeindet", weil ihn der Ortsvorsteher bei der Umwidmung seines Grundstückes behindert habe. Und weiter: "Er hat gesagt, dass er irgendwann plant, ihn umzubringen." Sein Verhältnis zu seinem Vater beschrieb der 23-Jährige als "ehrlich gesagt nicht besonders gut, weil er eine sehr anstrengende Person ist".

"Todesliste"
Der Vater habe ihn "im Vertrauen" wissen lassen, "dass noch Rechnungen zu begleichen sind, bevor er stirbt", gab der Zeuge zu Protokoll. Konkret habe sich diese Ankündigung von Helmut O. auf drei Personen bezogen: Auf den nunmehrigen Lebensgefährten seiner Ex-Frau, auf einen früheren Pächter und auf Hirtzberger. Die Drohung gegen den Bürgermeister habe sein Vater "einige Male dezidiert" ausgesprochen, so der Zeuge. Seinem Vater sei Derartiges "prinzipiell sehr wohl zuzutrauen. Dafür kenne ich ihn gut genug", meinte der Sohn.

Marmeladeglas voll mit DNA
Im Februar 2008 besuchte Helmut O. seinen Sohn im Wiener Studentenheim und forderte von ihm eine Speichelprobe. Er kam laut Sohn zur Tür herein und kam sofort auf Hirtzberger zu sprechen. Dann forderte er ihn dazu auf, in ein leeres Marmeladeglas zu spucken, um als "Vorsichtsmaßnahme" seine DNA-Probe zu verfälschen. Der schockierte Sohn tat schließlich, was ihm befohlen wurde. Sein Vater habe ihn jedoch "so lange penetrierend genervt, dass ich gesagt hab', ich will meine Ruhe haben. Ich hab's daher gemacht". Via Telefon erfuhr er außerdem, dass der Vater seinen Bruder ebenfalls um seinen Speichel gebeten hatte.

Zweiter Sohn wußte von "Schwarzer Liste"
Die Einvernahme des zweiten Sohnes von O. wurde per Video eingespielt. Der 22-Jährige gab dabei an, auch er sei von seinem Vater gebeten worden, in ein Marillenglas zu spucken um den Mundabstrich zu manipulieren. Der Sohn lehnte dies aber ab. Der Beschuldigte sei an ihn herangetreten und habe gemeint, er ziehe in Betracht, jemand wolle ihn im Fall Hirtzberger in etwas "hineinreiten". Der 22-Jährige erläuterte zudem, dass er von einer "schwarzen Liste" seines Vaters gehört habe.

Tochter: "Hoffentlich war's nicht mein Vater"
Kristen verlas in der Folge die Aussage einer Tochter des Angeklagten. Die habe sich gedacht, als sie von der Vergiftung von Hannes Hirtzberger gehört habe: "Das wird hoffentlich nicht mein Vater gewesen sein".

Frau des Opfers belastet Helmut O.
Die Ehefrau des Opfers, Renate Hirtzberger, berichtete vor Gericht davon, dass es immer wieder Probleme zwischen ihrem Ehemann und dem Beschuldigten gegeben habe. Nach Bekanntwerden des Falles habe Helmut O. zu ihr gesagt: "Es tut mir leid, dass es deinem Mann schlecht geht." Zum Gesundheitszustand von Hannes Hirtzberger meinte sie: "Es geht ihm sehr schlecht. Er kann sich nicht bewegen und wird künstlich ernährt."

Angeklagte leugnet Motiv und Tat
Der 56-Jährige leugnete aber zu Beginn der Verhandlung, überhaupt ein Motiv für einen Mordanschlag auf Hirtzberger zu haben: "Wir kennen uns seit 35 Jahren, sind miteinander per Du! Er war mein Anwalt, ich habe ihn auch meinem Vater als Anwalt empfohlen. Sie können keinen Hass von mir auf den Bürgermeister konstruieren!" Helmut O. weiters: "Ich habe den Bürgermeister nicht vergiftet! Ich habe nichts hinter dem Scheibenwischer an seinem Pkw deponiert!", bekräftigte der 56-Jährige.

Nächste Seite: Verteidiger gibt an: Helmut O. hatte kein Motiv

Motiv laut Staatsanwalt: Hass
Staatsanwalt Friedrich Kutschera hegte in seinem Eröffnungsplädoyer hingegen keinen Zweifel, dass Helmut O. es war, der am 8. Februar 2008 am Pkw des Spitzer Bürgermeisters Hannes Hirtzberger ein mit 700 mg Strychnin versetztes Mon Cheri hinterließ, das dieser am nächsten Morgen zu sich nahm. Als Motiv führte der Ankläger in seinem Eröffnungsplädoyer Hass ins Treffen: O. habe "zurecht oder zu Unrecht" vermutet, dass der Bürgermeister der Umwidmung seines Klosterhofs im Wege stand.

Verkaufspläne bezüglich seines Klosterhofs hätten sich jedoch zerschlagen, als Ende 2007 als weiteres Hindernis für die nötige Umwidmung das Denkmalamt auf den Plan trat: "Er hat hinter allem Doktor Hirtzberger vermutet. Er hat auf ihn deswegen einen Hass gekriegt." Helmut O. hätte eine "schwarze Liste" angelegt, an deren Spitze der Ortsvorsteher stand, so der Ankläger.

Thermalhotel-Pläne nichts damit zu tun
Sein Verteidiger Nikolaus Rast hieb in die selbe Kerbe: O. hätte "kein Motiv" für die Tat gehabt. Die Gemeinde Spitz an der Donau sei an den Beschuldigten herangetreten und habe ihn bei den Plänen für ein Thermalhotel unterstützt. Dies hätte auch die dafür nötige Umwidmung auf dem Anwesen von O. in Bauland betroffen. Von der Anklage angeführte Probleme mit dem Denkmalamt würden für ein angebliches Motiv laut Rast ebenfalls nicht passen. Wenn das Denkmalamt in Kontext mit dem Fall gebracht werden würde, so wäre der Beschuldigte wohl eher auf einen Vertreter dieser Institution, nicht aber auf Hannes Hirtzberger wütend gewesen.

Wie kam die DNA auf die Grußkarte?
Auf die Frage, wie seine DNA auf die Grußkarte gelangt sei, die offensichtlich der präparierten Praline beigelegt wurde, antwortete Helmut O. zunächst mit der Bemerkung: "Das habe ich mir die letzten drei Monate, die ich unschuldig im Gefängnis gesessen bin, oft genug überlegt." Dann meinte er sinngemäß, es sei einfach, die DNA von jemandem zu beschaffen, um diesen zu belasten, "wenn man's drauf anlegt". Er deutete an, man habe sich offenbar in seinem Lokal seine DNA beschafft, um den Verdacht auf ihn zu lenken.

"Überführt werden konnte er durch die DNA-Spur auf dem Billett", betonte Kutschera. Neben dem Mon Cheri hatte Hirtzberger an seinem Pkw eine ursprünglich mit Plastikfolie verschweißte Grußkarte vorgefunden, auf deren Innenseite im Zuge der polizeilichen Ermittlungen der genetische Fingerabdruck des Heurigenwirten sichergestellt werden konnte.

DNA-Probe mit Speichel von Söhnen kontaminiert
Die These, dass der Angeklagte Helmut O. am 19. Februar der Polizei eine DNA-Probe hinterlassen hatte, die mit dem Speichel von einem seiner Söhne kontaminiert war, wurde am Montagnachmittag von der Sachverständigen Christa Nussbaumer untermauert. Es sei "plausibel", dass an der sichergestellten Mischspur aus dem Mund von O. auch genetisches Material eines seiner Söhne dabei gewesen sei.

Die Mischspur erkläre sich aus den genetischen Abdrücken des Beschuldigten und des 23-Jährigen, führte Nussbaumer an. Generell sei das zu Stande kommen einer Mischspur bei einem DNA-Abstrich "äußerst selten". Möglich sei das etwa, wenn derjenige vorher eine Knochentransplantation erhalten habe, so die Sachverständige.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.

Der Angeklagte im Blitzlichtgewitter. Helmut O. bekannte sich "nicht schuldig".

Sichtlich erfreut genoss er den Medienrummel.

Fotografen und Kameramänner riefen sich zu: "Er kummt glei! Er kummt glei!".

Im Gericht nahm dann der Angeklagte Platz.

Für Staatsanwalt Kutschera ist Helmut O. schuldig. Ein DNA-Test habe ihn überführt.

Der Gerichtsmediziner Christian Reiter vor Verhandlungsbeginn.

Die vorsitzende Richterin des Geschworenensenats Ingeborg Kristen.

Der Verteidiger des Angeklagten Helmut O., Nikolaus Rast.

Ein weiterer Verteidiger des Angeklagten Helmut O.: Kurt Wolfmair.

O. erhält eigenen Angaben zu Folge derzeit monatlich 2.500 Euro Pacht für das Lokal "Klosterhof" auf seinem Anwesen und 1.200 Euro Pension. Zum Zeitpunkt der Tat sei es ihm nicht schlecht gegangen.