Eine 46-Jährige kam noch vor der Rettung zum Unfallort. Ob in der Alarmierungskette etwas schiefgelaufen ist, muss noch geklärt werden.
Zehn Minuten – eine schreckliche Ewigkeit, wenn man den Tod kommen sieht. Der 30-jährige Michael M. versuchte zehn Minuten lang, dem Tod zu entkommen. Eine Minute und elf Sekunden sprach er über das Handy mit seiner Freundin Bettina: „Ich komm nicht raus! Ruf den Notruf!“ Michael M. starb am Donnerstag um 23.50 Uhr, weil niemand den Güterzug, der mit 100 Stundenkilometern auf das Autowrack zuraste, in dem er hilflos eingeschlossen war, stoppen konnte.
Zeugin
Fünf Minuten später, um 23.55 Uhr, kam Gastronomin
Gertrud Erber (46) an die Unfallstelle. Noch vor der Rettung. Bevor sie
fassen konnte, was passiert war, sah sie den geschockten Lokführer völlig
fertig neben seinem Zug stehen. „Ich hab das Fenster runtergekurbelt und
gefragt, ob er Hilfe braucht. Aber er hat gemeint, die ist schon unterwegs“,
berichtet die 46-Jährige. Wäre sie etwas früher aus der Arbeit gekommen,
wäre sie ein paar Minuten früher an der Unfallstelle gewesen, vielleicht
hätte der Todeszug gestoppt werden können. „Ein schrecklicher Gedanke“, sagt
Erber, „ich bin dann noch eine Stunde geblieben und habe der Rettung über
das Handy den Weg angesagt, weil die nicht gleich hergefunden haben.“
Alarmierung
Ob in der Alarmierungskette etwas schiefgelaufen
ist, das muss noch geklärt werden, bringt Bettina C. ihre große Liebe
Michael aber nicht mehr zurück (siehe Interview rechts). Feststeht, dass um
23.54 Uhr bei der Rettungsleitstelle dieser simple Alarmierungstext einging:
„Fahrzeugüberschlag. Liegt am Bahngleis. Vermutlich eingeklemmt.“ Welches
furchtbare Drama hinter diesen Zeilen steckte, wusste zu diesem Zeitpunkt
noch niemand.