Baldige Anklage

Josef Fritzl laut Gutachten zurechnungsfähig

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Es soll noch Anfang November Anklage gegen Inzest-Vater Josef Fritzl erhoben werden. Offensichtlich ist er nicht geisteskrank.

Der Tatverdächtige im Inzest-Fall von Amstetten, Josef F., ist laut psychiatrischem Gutachten trotz schwerer Persönlichkeitsstörung voll zurechnungsfähig. Die Expertise traf am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten ein.

Das psychiatrische Gutachten umfasst 130 Seiten. Die "volle Zurechnungsfähigkeit" werde dem 73-Jährigen "im gesamten Tatzeitraum von etwa 24 Jahren" attestiert. "Das bedeutet, dass gegen den Beschuldigten beim Landesgericht St. Pölten Anklage erhoben und er sich als Angeklagter vor einem Geschworenensenat zu verantworten haben wird."

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind im bisher 15 Bände - mehrere 1.000 Seiten - umfassenden Akt dokumentiert und werden in die Anklageschrift einfließen. Deren Fertigstellung wird voraussichtlich bis zur ersten Novemberwoche dauern.

Staatsanwaltschaft will Einweisung in Anstalt
Die Staatsanwaltschaft St. Pölten will gegen Josef. F. offenbar nicht nur Anklage erheben, sondern zusätzlich seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragen. Diese vom Gericht zu setzende Maßnahme ist zusätzlich zum Ausspruch einer Strafe in Fällen vorgesehen, in denen der Angeklagte zwar zurechnungsfähig ist, aber eine höhergradige geistige oder seelische Abartigkeit aufweist, die im Fall eines Schuldspruchs selbst nach gänzlicher Verbüßung der über ihn verhängten Strafe seine weitere Anhaltung geboten erscheinen lässt.

Dass die Anklagebehörde im Fall des 73-Jährigen dies offenkundig für nötig hält, dürfte auf die Erkenntnisse der psychiatrischen Sachverständigen Adelheid Kastner zurückzuführen sein. In ihrem Gutachten kommt die Expertin zum Schluss, dass der Mann während des gesamten Tatzeitraums zwar zurechnungsfähig war und damit für seine Untaten verantwortlich gemacht werden kann.

Dieser Bestimmung zufolge sind schuldfähige Täter in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wenn sie unter dem Einfluss einer geistigen oder seelischen Störung höheren Grades eine Straftat gesetzt haben, die mit mehr als einem Jahr Haft bedroht ist. Zusätzlich muss die Befürchtung gegeben sein, dass sie aufgrund ihrer Abartigkeit neuerlich eine "mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen" begehen werden, wie es im Gesetz heißt.

Josef F. könnte für immer hinter Gittern bleiben
Sollte die Staatsanwaltschaft in diese Richtung vorgehen, würde das für Josef F. die Chancen reduzieren, im Fall einer Verurteilung je wieder auf freien Fuß zu kommen: Selbst nach Absitzen seiner Strafe würde er zunächst unbefristet weiterhin hinter Gittern bleiben. Psychiater hätten dann eine sogenannte Gefährlichkeitsprognose zu erstellen und jährlich zu prüfen, ob sich seine psychischen Störungen dank medikamentöser bzw. therapeutischer Behandlung insoweit gebessert haben, als von dem Mann im Fall seiner Entlassung keine neuerlichen Straftaten zu erwarten sind.

Erst eine entsprechende "Unbedenklichkeitsbescheinigung" würde für Josef F. die Gefängnistore öffnen. In Justizkreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass Gutachter gerade in medienprominenten Fällen damit eher zurückhaltend sind, um sich - sollte sich ihre Prognose nicht erfüllen - nicht dem Vorwurf auszusetzen, eine unzutreffende Begutachtung erstellt zu haben.

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