Hollabrunn

Mann tötet Gerichtsangestellte

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Mord-Drama am Bezirksgericht Hollabrunn: Ein 57-Jähriger tötete eine leitende Angestellte per Kopfschuss. Der Mann war in einer Scheidungssache gekommen. Er wollte eigentlich die Richterin töten, als ihm die Angestellte dazwischen kam.

Am Bezirksgericht Hollabrunn ist am Mittwoch eine leitende Angestellte (42) durch einen Kopfschuss getötet worden. Der mutmaßliche Täter, ein 57-jähriger Niederösterreicher, wurde festgenommen.

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Laut Chefinspektor Leopold Etz vom Landeskriminalamt Niederösterreich (LKA) habe der Tatverdächtige "offensichtlich in einer Scheidungssache eine Richterin aufsuchen wollen". Genau diese Richterin wollte der Mann, ein Mittelschullehrer und akadamischer Maler, auch töten. Er soll beim Tatzeitpunkt stark alkoholisiert gewesen sein.

Suche nach Scheidungsrichterin
Gegen 10.50 Uhr dürfte der 57-Jährige das Gerichtsgebäude betreten haben. Der Verdächtige war offenbar auf der Suche nach der Scheidungsrichterin. "Nachdem er diese nicht gefunden hat, ging der Mann vom ersten Stock hinunter, dort ist ihm die Rechtspflegerin über den Weg gelaufen", sagte der Präsident des Landesgerichts Korneuburg, Wilhelm Tschugguel. Die Mitarbeiterin habe sich durch dessen vehementes, erbostes Auftreten bedrängt gefühlt, so Polzer, und rief ihre Vorgesetzte. Diese versuchte den Mann zu beruhigen - und bezahlte ihr Einschreiten mit dem Leben. Der Verdächtige habe eine Waffe gezogen und ihr in den Kopf geschossen.

Dann verließ der Mann das Gebäude, wobei er die Waffe verloren haben dürfte - sie wurde vor dem Haus gefunden -, machte aber kehrt und ging noch einmal hinein. Dort wurde er dann im Eingangsbereich - nur vier Minuten nach der Tat - von der alarmierten Polizei festgenommen.

Schütze beschwerte sich über Verfahren
"Aktuell wurde ein Zivilprozess verhandelt", so Tschugguel. Das Scheidungsverfahren des Schützen war bereits längst abgeschlossen. Der Mann habe sich aber ungerecht behandelt gefühlt und "hat sich nach Abschluss des Verfahrens immer wieder beschwert". Erst am Dienstag soll der Verdächtige bei einem Referenten im Justizministerium diesbezüglich angerufen haben.

Mutter zweier Kinder
Die tote Frau war Rechtspflegerin in Familienrechtssachen und Vorsteherin der Geschäftsstelle. Sie ist Mutter zweier Kinder im Volksschulalter.

Krisenteam vorort
Vom Roten Kreuz und der Akutbetreuung Niederösterreich wurden mehrere Kriseninterventionsteams zur Betreuung von etwa zehn Personen angefordert. Eine Person wurde zur psychischen Betreuung in ein Krankenhaus gebracht.

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Ministerin in Hollabrunn
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) ist nach Hollabrunn gefahren. Auch der Präsident des Landesgericht Korneuburg, Wilhelm Tschugguel, befindet sich am Ort des Geschehen. "Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls in Hollabrunn ist sowohl die Justizministerin als auch der Präsident des Landesgerichts Korneuburg nach Hollabrunn gefahren", sagte Ministersprecherin Katharina Swoboda. "Das tiefe Mitgefühl und die Anteilnahme gilt natürlich den Angehörigen."

"Jetzt geht es erst einmal darum, die Angehörigen des Opfers und die Mitarbeiter zu betreuen und unterstützen", sagte Swoboda. "In weiter Folge wird die Justiz als Dienstgeber alles Mögliche unternehmen, um die Angehörigen zu unterstützen. Wir stellen ihnen psychologische Unterstützung zur Verfügung."

Info-Box: Gericht in Hollabrunn
Das Bezirksgericht Hollabrunn ist ein aufwendig restaurierter Gründerzeitbau im Zentrum der Stadt. Der Eingang ist allerdings weder versperrt noch gesichert. Es gibt keinen Portier und auch keine Sicherheitsschleuse - wie das etwa bei Landesgerichten üblich ist.

Parteien betreten das Gericht durch eine simple Tür und haben, ohne gesehen zu werden, zu den Kanzleien oder Richterzimmern freien Zugang. Der Täter hatte genug Zeit, jenes Zimmer auszuwählen, in dem die von ihm offenbar gesuchte Richterin saß. Diese dürfte nur deshalb überlebt haben, weil sie zum Tatzeitpunkt nicht an ihrem Schreibtisch saß, sondern sich im Verhandlungssaal befand.

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