2 Jahre abgesessen

Verdächtiger nach Justizirrtum enthaftet

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Das OLG Wien gab der Haftbeschwerde Folge und ordnete die sofortige Entlassung an. Der Verdächtige befand sich seit zwei Jahren durchgehend im Gefängnis.

Der 39-jährige Mödlinger Franz A., der in Wiener Neustadt wegen versuchten Mordes an seiner Ehefrau rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden ist, vor wenigen Wochen aber eine Wiederaufnahme seines Verfahrens erreicht hat, befindet sich seit Dienstagvormittag auf freiem Fuß. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) gab am Dienstag einer Haftbeschwerde Folge.

"Nur glücklich"
In einer ersten Stellungnahme sagte Fran A.: "Ich bin einfach nur glücklich". Die Enthaftung sei "gefühlsmäßig unbeschreiblich".

Justizirrtum
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Foto: (c) APA

Er habe "711 Tage" im Gefängnis verbracht. Dass er wieder in Freiheit sei, habe er "nicht gleich" realisieren können. Er glaube auch nicht, dass es für ihn wieder zurück in die Haft gehen könnte, so der 39-Jährige. "Das kann ich mir nicht vorstellen."

Widersprüchliche Aussagen
Der Verdächtige behauptete von Anfang an, von seiner Frau mit einem Messer angegriffen worden zu sein. Deren Würgemale erklärte er mit seiner Gegenwehr: Sie seien infolge seiner Abwehrhandlungen entstanden. Die Geschworenen schenkten allerdings der Version der Ehefrau Glauben, die darlegte, ihr angetrunkener Mann habe sie von hinten gepackt und mit einem Seil gewürgt, worauf sie in Notwehr zu einem Messerblock gegriffen und rückwärts ihrem Mann in den Rücken gestochen haben will.

Gutachten bringt Wende
Erst ein Privatgutachten leitete in dem für die Justiz an sich bereits abgeschlossenen Fall die Wende ein: Der beigezogene medizinische Sachverständige kam - anders als der vom Gericht bestellte Gutachter - zum Schluss, dass die Stichverletzungen des Mannes nicht mit dem von seiner Ehefrau geschilderten Tatablauf übereinstimmen konnten.

Damit konfrontiert, relativierte auch der Gerichtssachverständige seine ursprünglichen Ausführungen, worauf das Wiener Oberlandesgericht (OLG) einem Wiederaufnahmeantrag Folge leistete. Die Causa befindet sich damit wieder im Ermittlungsstadium: Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat völlig neue Untersuchungen angeordnet und das Institut für Rechtsmedizin in Bern beauftragt, die Verletzungen, die der Verdächtige erlitten hatte, einer neuerliche Befundung zu unterziehen. Zusätzlich wird das Schweizer Ärzteteam unter der Leitung von Direktor Michael Thali eine computeranimierte 3D-Rekonstruktion erstellen. Danach könnte ein nochmaliger Lokalaugenschein mit einer Tat-Rekonstruktion angeordnet werden.

Neue Mordanklage?
Von diesen Ergebnissen wird abhängen, ob die Anklagebehörde gegen den Mann neuerlich Anklage wegen versuchten Mordes erhebt. Derzeit ist nicht absehbar, wann diesbezüglich mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Amtshaftungsansprüche möglich
Sollte es letztlich zu einem Freispruch kommen, will die Anwältin jedenfalls Amtshaftungsansprüche gegen die Republik geltend machen. Über die Höhe wollte sie noch nichts sagen. Sie verwies auch darauf, dass in Österreich nur in ganz wenige Fällen einem Wiederaufnahmeantrag stattgegeben werde.

Neuartiger Lügendetektor:

Ein Eisenstädter Sicherheits- und Detektivbüro bietet erstmals in Österreich Tests mit einem neuartigen Lügendetektor an. Dieses Gerät hat die Wende im Fall Franz A. gebracht. Mit einer Ausbildung in Israel haben zwei Österreicher Neuland in der heimischen Ermittler-Szene betreten.

Der Lügendetektor aus Israel arbeitet mit Stimm-Analyse. Die provokanten Fragen müssen sich freilich weiterhin die Ermittler ausdenken. Angeblich liegt der Lügendetektor in 95 Prozent der Fälle richtig.

Anders als herkömmliche Lügendetektoren kommt dieses Gerät ohne Messung von Herzfrequenz, Puls und Schweißausbrüchen aus. Der Befragte muss also nicht verkabelt werden. Vielmehr wird hier die Stimme analysiert, bzw. die Emotionen, die wir in unsere Aussagen legen.

Der Produzent verspricht, dass die Stimmanalyse 95 Prozent der Lügen erkennt. Wenn jemand jedoch aus Spaß lügt, dann erkennt das das Systen dahingehend, dass keine Erregung erkennbar ist. Somit kann kein Ausschlag kommen.

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