Claudia N.

Die Frau, die Helmut Frodl liebt

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Die Lebensgefährtin von Helmut Frodl über ihre Knast-Liebe.

Eine junge, attraktive, selbstbewusste Frau betritt das Restaurant, die sicherlich viele Männer an der Angel haben könnte. Aber Claudia N. (31) will nur einen und das ist ausgerechnet Helmut Frodl. Jener Mann, der einst ORF-Starmoderator (Okay und Jolly Joker) war und vor 17 Jahren zum Mörder wurde. Zur Erinnerung: 1992 lockt er seinen Konkurrenten Franz K. nach Budapest, tötet ihn und zerstückelt seine Leiche in 17 Teile.

Trotz dieser „Tat“, wie Claudia N. den Mord nennt, ist Frodl für sie der Traummann geworden.

Zwei Tage bevor Helmut Frodl (51) am Freitag aus der Haft entlassen wurde, traf ÖSTERREICH die Wienerin zum exklusiven Gespräch über die außergewöhnliche Liebe. „Wir haben eine intensive Beziehung, vor allem auf kommunikativer Ebene,“ beschreibt Claudia N. ihre Partnerschaft, die als „Brieffreundschaft“ vor 14 Jahren im Knast ihren Anfang nahm.

Seitenweise Briefe
Damals war Claudia N. ein süßer Teenager von 16 Jahren, der neugierig aufs Leben war. Frodl kannte sie durch ihre Eltern schon als Kind. Angespornt durch ihre Neugier beginnt sie dem zu lebenslanger Haft Verurteilten, Briefe zu schreiben. „Ich wollte mir meine eigene Meinung bilden“, so Claudia N.

Aus dem Briefe schreiben wird bald mehr. Mit 20 besucht Claudia N. den gefallenen ORF-Star zum ersten Mal im Gefängnis. Ein Blick, eine Berührung, das erste Wort – und schon war es um die beiden geschehen.

Lovestory hinter Gittern
Doch angesichts der Perspektivlosigkeit verdrängen beide ihre Gefühle – versuchen einander zu vergessen. Allerdings vergeblich. Vor drei Jahren erfolgt das Revival der Lovestory. Wie ihre Eltern reagiert haben, als sie ihnen ihren neuen Lebenspartner präsentiert hat? „Helmut wird von meiner Familie voll akzeptiert. Meine Eltern wussten, dass ich Helmut besuche. Als ich ihnen meine Liebe eröffnete, meinte meine Mutter nur: Es wundert mich nicht. Denn was du in deinem kurzen Leben schon alles auf dich genommen hast, machen andere in 60 Jahren nicht“, so Claudia N.

Neues Leben
Die ersten Bilder in Freiheit zeigen allerdings: 17 Jahre Haft haben bei Helmut Frodl ihre Spuren hinterlassen. Nichts erinnert mehr an sein früheres Image des erfolgsverwöhnten Sonnyboys. Stattdessen sieht man einen ergrauten Mann mit kantigen Gesichtszügen und Brille – Helmut Frodl könnte als Harald-Schmidt-Look-alike auftreten.

In seinem neuen Leben hofft Frodl nun auf eine zweite Chance. Und er hat jede Menge Pläne: Er möchte seine Dissertation in Theologie abschließen, seine Freundin in den nächsten Monaten heiraten und einen Urlaub am Strand verbringen. Claudia N.: „Jetzt möchten wir unser Glück endlich in vollen Zügen genießen.“

Frodls Freundin: "Es war Liebe auf den ersten Blick"
ÖSTERREICH:
Frau Claudia N., Sie sind seit fast drei Jahren mit Helmut Frodl liiert. Wie hat diese Gefängnis-Liebe ihren Anfang genommen?

Claudia N.: Ich kannte Helmut schon als Kind, weil meine Eltern mit ihm befreundet waren. Als ich 16 war, begann ich ihm Briefe zu schreiben, weil ich mir selbst abseits der Medienberichte ein Bild über ihn machen wollte. In den ersten vier Jahren hatten wir nur Briefkontakt und telefonierten ab und zu. Mit ungefähr 20 habe ich Helmut zum ersten Mal im Gefängnis besucht. Es flogen sofort die Funken bei uns. Es war bei uns beiden Liebe auf den ersten Blick.

ÖSTERREICH: Wie reagiert man, wenn man dem Mann seines Lebens gegenüber steht, der aber lebenslänglich hinter Gittern sitzt?

Claudia N.: Es war uns beiden klar, dass ich mit 20 nicht sagen kann, ich gebe mein Leben auf und ich warte, bis Helmut entlassen wird. Wir haben uns damals aus Vernunftgründen gegen die Liebe entschieden.

ÖSTERREICH: Aber offenbar konnten Sie Helmut Frodl nie vergessen...

Claudia N.: Ich habe mich am Riemen gerissen und mein Leben gelebt. Habe geheiratet, war viel im Ausland. Aber die Beziehung mit meinem Ex-Mann ist nie über einen gewissen Status hinausgewachsen, warum es dann auch zur Scheidung kam. Ich würde lügen, wenn ich sage, ich habe während meiner Ehe nicht an Helmut gedacht. Ich konnte ihn nicht so einfach vergessen. Also habe ich schriftlich Kontakt gehalten. Nach der Scheidung hat sich der Kontakt dann wieder intensiviert und vor drei Jahren haben wir gesagt: „Wir stehen zueinander, wir wollen diese zweite Chance nicht verschenken.“

ÖSTERREICH: Wie schaffen Sie es eigentlich, das Verbrechen, das Helmut Frodl begangen hat, auszublenden?

Claudia N.: Ich bin davon überzeugt, dass in jedem von uns das Potenzial steckt, etwas Schlimmes zu tun, wenn viele ungünstige Faktoren aufeinandertreffen. Ich kann die Tat deswegen nicht gutheißen, aber ich kann damit umgehen. Wir haben darüber ausführlich gesprochen und es ist für mich absolut kein Thema. Man muss sich den ganzen Helmut anschauen und nicht nur den einen Tag. Ein Mensch ist mehr als nur EIN Zeitpunkt. Wenn ich einen Fehler mache, egal wie schwerwiegend dieser ist, dann erhoffe ich mir auch, dass ich eine zweite Chance bekomme. Er hat seine Strafe angenommen. Jetzt ist sie vorbei. So funktioniert unser Rechtssystem, das ist zu akzeptieren. Das wäre auch meine Meinung, würde ein Familienmitglied von mir auf diese Art ums Leben kommen.

ÖSTERREICH: Und Sie haben auch keine Angst, dass er wieder gewalttätig werden könnte?

Claudia N.: Nein, überhaupt nicht. Die Konstellation bei diesem Verbrechen war einzigartig. Und außerdem weiß ich, dass Helmut kein Mensch ist, der zu aggressiven Handlungen neigt.

ÖSTERREICH: Auch wenn er jetzt eine zweite Chance bekommt, wird der Mord nie aus seinem Lebenslauf verschwinden. Wie geht er damit um?

Claudia N.: Er hat so viel Selbstreflexion und so viel an Therapiearbeit absolviert, dass er in der Lage ist, sich den Fragen aus seinem zukünftigen Umfeld zu stellen. Und: Er ist auch kein schwacher Mensch. Wenn ihn jemand trotzdem anfeindet, sagt Helmut nicht „Oh, Gott“, sondern reagiert selbstbewusst und sagt: „Ich akzeptiere Ihre Meinung.“

ÖSTERREICH: Am Freitag wurde Helmut Frodl aus der Haft entlassen. Sind Sie aufgeregt, denn das gemeinsame Leben fängt ja nun erst an?

Claudia N.: Der Alltag ist bei uns nicht negativ besetzt. Im Gegenteil: Wir freuen uns darauf. Aber es sind ja nicht unsere ersten gemeinsamen Tage, denn die Freigänge werden im Zuge der Entlassungsvorbereitung immer häufiger. Wir durften Weihnachten gemeinsam verbringen und zuletzt dauerte der Freigang acht Tage. Wir kennen uns schon so lange, dass es nichts gibt, wovor ich Angst haben müsste.

ÖSTERREICH: Helmut Frodl hat in der Haft den Magister in Theologie gemacht. War er der einzige im Gefängnis, der studiert hat?

Claudia N.: Er war der einzige Häftling in ganz Österreich, der es geschafft hat, sein Studium abzuschließen. Viele beginnen ein Studium und brechen es ab, weil das Fernstudium und die ganzen Bewilligungen sehr aufwendig sind. Das Studium hat aber nicht der Staat finanziert, sondern Helmut hat es aus früheren Rücklagen selber bezahlt.

ÖSTERREICH: Was ist an Helmut Frodl so besonders, das Ihnen kein anderer Mann, der in Freiheit lebt, bieten kann?

Claudia N.: Es gibt nichts, worüber wir nicht sprechen können. Bei uns gibt es keine Tabuthemen, wie bei anderen Paaren. Aufgrund unserer Vorgeschichte ist er nicht nur mein bester Freund, mit dem ich viel lachen kann, sondern auch mein Partner, den ich aufrichtig liebe. Und ich muss sagen, dass Helmut über all die Jahre jener Mensch war, zu dem ich immer zu 100 Prozent offen war. Auch damals schon, bei den ersten Briefkontakten haben wir uns gegenseitig alles gesagt. Wir sind einfach auf der gleichen Wellenlänge.

ÖSTERREICH: Wie schwer ist die Kommunikation, wenn der Partner im Hochsicherheitsgefängnis sitzt?

Claudia N.: Im gelockerten Vollzug ist es so, dass zwischen Aufsperren und Zusperren, so von 7 bis 19 Uhr, jeder telefonieren kann. Wir haben sicher täglich 20 bis 30 Minuten telefoniert. Und wir haben uns auch jeden Tag geschrieben – seitenlange Briefe.

ÖSTERREICH: Haben Sie sich alle Briefe aufgehoben?

Claudia N.: Natürlich, ich habe sieben Ordner nur mit seinen Briefen zu Hause. Wir haben eine sehr intensive Beziehung, vor allem auf der kommunikativen Seite.

ÖSTERREICH: Wird er zu Ihnen in die Wohnung einziehen?

Claudia N.: Es war Zufall, dass ich im Dezember eine neue Wohnung suchen musste. Die haben wir schon gemeinsam eingerichtet. Ich habe Kataloge mit ins Gefängnis genommen, dann haben wir die Möbel gemeinsam ausgewählt.

ÖSTERREICH: Ist auch eine Hochzeit geplant?

Claudia N.: Auf jeden Fall! Aber zuerst wollen wir unser Leben auf die Beine stellen, einen Strandurlaub machen und dann in Ruhe unsere Hochzeit vorbereiten.

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